Ein Ex, ein Kuss - und neues Glück?
Regelung gekommen war, warum sie sich darauf eingelassen hatte, und zum Schluss kam die unverschämte Frage, was für sie finanziell dabei heraussprang.
Interessanterweise regten sich gerade diejenigen Leute am meisten darüber auf, die sie nicht oder kaum kannten.
Menschen, die nicht wissen, was selbstlose Liebe bedeutet, dachte Grace.
Ihr waren diese Menschen gleichgültig. Aber Josh war ihr nicht egal. Wenn er wenigstens nachvollziehen könnte, warum sie so gehandelt hatte – auch wenn er selbst nichts davon hielt! Wenn er es nur einfach so stehen lassen könnte und sie nicht ins Kreuzverhör nehmen würde!
„Michael hat mich gleich nach Posies Geburt angerufen“, sagte er bedächtig. Es kam ihr vor, als hätten sie sich eine halbe Ewigkeit angeschwiegen. „Er hat sich so wahnsinnig gefreut, dass er kaum sprechen konnte.“ Im Augenblick schien Josh selbst angestrengt nach Worten zu suchen. „Ich war gerade irgendwo am anderen Ende der Welt, und wir hatten eine katastrophale Verbindung. Aber ich habe ihn trotzdem klar und deutlich verstanden. Für ihn war endlich, endlich die Welt in Ordnung.“
Josh blickte hoch und sah ihr in die Augen. „Und das hat er dir zu verdanken, Grace.“
Langsam atmete sie aus. Ihr war nicht bewusst gewesen, dass sie die ganze Zeit die Luft angehalten hatte. Also verstand er sehr wohl, warum sie das Baby für ihre Schwester bekommen hatte. „Dann hat Michael dich also gleich nach der Geburt angerufen?“
„Hat er dir nichts davon erzählt?“
Sie schüttelte den Kopf. Warum eigentlich nicht?
„Was hast du ihm denn gesagt?“, erkundigte sie sich.
„Ich wollte erst mal wissen, ob es dir gut geht. Und als er mir mehrfach versichert hat, dass alles ohne Komplikationen gelaufen ist, habe ich ihn gefragt, ob er sich auch wirklich sicher ist, dass du ihnen das Baby überlassen willst. Ich habe ihn gebeten, dich nicht zu bedrängen …“
Weil es ihr so vorkam, als hätte er noch mehr zu sagen, erwiderte sie erst mal nichts, aber er schwieg.
„Ja, ich wollte ihnen das Baby überlassen“, sagte sie schließlich. „Und er hat mich nie bedrängt.“
Warum spielte das für Josh so eine große Rolle? Und warum hatten ihre Schwester und Michael ihr damals nicht erzählt, dass er immerhin nach ihr gefragt hatte, sich sogar Sorgen um sie gemacht hatte? Hatte Phoebe denn nicht gewusst, wie viel ihr das bedeutet hätte?
Oder war gerade das das Problem?
Hatte ihre Schwester vielleicht geahnt, was vor zehn Jahren zwischen Josh und ihr passiert war? Hatten Phoebe und Michael vielleicht befürchtet, dass Josh sie davon abbringen könnte, ihnen das Kind zu überlassen?
Darüber wollte sie gar nicht weiter nachdenken. Sie ging zum Kinderbett, hob Posie hoch und schaukelte sie sanft hin und her. Die Kleine duftete nach frisch gewaschenem Haar und warmer Babyhaut.
Grace wandte sich zu Josh um und hielt ihm das Mädchen hin. „Hier“, sagte sie. „Nimm sie auch mal.“ Als er sich nicht rührte, sah sie zu ihm hoch und stellte fest, dass sein Blick nicht etwa auf dem Kind ruhte, sondern auf ihr. „Was ist denn?“
Er seufzte. „Ich dachte, du hättest inzwischen längst deinen Toby geheiratet und mit ihm eine Familie gegründet. Wolltest du das nicht immer? Eine Familie gründen?“
„Ja. Das weißt du doch.“
Grace hatte sich das Gleiche gewünscht wie ihre Schwester: ein echtes Zuhause, einen lieben Ehemann und mehrere Kinder. Andererseits sehnte sie sich auch nach Josh Kingsley, aber er und sie passten einfach nicht zusammen. Im Gegensatz zu ihr liebte er das Risiko und hielt es nie lange an einem Ort aus.
So war nun mal das Leben. Man konnte nicht alles haben, was man sich wünschte. Phoebe war es nicht anders ergangen. Sie hatte sich so sehr nach eigenen Kindern gesehnt, aber keine bekommen können.
„Leider läuft im Leben nicht immer alles so, wie wir das gern hätten“, sagte Grace laut.
„Hat sich unter deinen vielen Männerbekanntschaften niemand Passendes gefunden?“
„Wie bitte?“
„Na ja, jedes Mal, wenn ich hier zu Besuch war, hattest du doch einen neuen Mann an deiner Seite.“
„Also komm, bestimmt nicht jedes Mal!“ Grace bemühte sich, die Worte beiläufig klingen zu lassen, spürte aber gleichzeitig, wie ihr das Blut in die Wangen schoss.
Sie erinnerte sich nur zu genau, wie ihre „Dates“ zustande gekommen waren: Immer, wenn Josh seinen Besuch angekündigt hatte, hatte sie im Kunsthandwerkscenter, in dem ihr Schmuckatelier
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