Ein Fall für Kay Scarpetta
seine falschen Brüste waren kräftig und hoch, die falschen Nippel steif unter der engen weißen Bluse. Glasige Augen schauten in unsere Richtung.
"Sie haben sich mit ihm getroffen, oder?"
"Ja." Meine Stimme war kaum hörbar.
"Was war letzten Freitag?"
Ich konnte mich zunächst nicht daran erinnern. Ich konnte nicht denken. Der Transvestit machte kehrt und ging in die andere Richtung.
"Ich bin mit meiner Nichte zum Essen ausgegangen und dann ins Kino."
"Mit ihm?"
"Nein."
"Wissen Sie, wo er letzten Freitag war?"
Ich schüttelte den Kopf.
"Hat er nicht angerufen oder so?"
"Nein."
Stille.
"Scheiße", murmelte er frustriert. "Hätte ich nur damals davon gewußt, hätte ich damals von ihm gewußt, was ich jetzt weiß. Ich wäre an seiner Hütte vorbeigefahren. Wissen Sie, um nachzusehen, wo, zum Teufel, er ist. Scheiße!"
Stille.
Er warf den Zigarettenstummel aus dem Fenster und zündete noch eine an. Er rauchte eine nach der anderen.
"Wie lange geht das schon mit Ihnen?"
"Ein paar Monate. Seit April."
"Hat er sich noch mit anderen Frauen getroffen oder nur mit Ihnen?"
"Ich glaube nicht, daß es sonst jemanden gab. Ich weiß es nicht. Offenbar gibt es einiges von ihm, was ich nicht weiß."
Er fragte nervös weiter: "Ist Ihnen jemals irgend etwas aufgefallen? Irgend etwas Abartiges an ihm, meine ich?"
"Ich weiß nicht, was Sie meinen." Meine Zunge schwoll an. Ich verschluckte meine Worte, als ob ich am Einschlafen war.
"Absonderlich", wiederholte er. "Beim Sex."
Ich sagte nichts.
"War er jemals grob zu Ihnen, hat Sie zu was gezwungen?" Eine Pause. "Wie ist er so? Ist er das Tier, das Abby Turnbull beschrieben hat? Können Sie sich vorstellen, daß er so etwas tut, so etwas wie das, was er mit ihr gemacht hat?"
Ich hörte seine Worte und hörte sie doch nicht. Meine Gedanken verschwammen, als ob ich kurz davor war, das Bewußtsein zu verlieren.
"... etwas Aggressives, meine ich. War er aggressiv? Haben Sie irgend etwas Seltsames an ihm bemerkt...?"
Die Bilder. Bill. Seine Hände, die mich quetschten, an meinen Kleidern zerrten, mich auf die Couch drückten.
"... solche Kerle haben Verhaltensmuster. Es ist nicht der Sex, hinter dem sie her sind. Sie müssen es sich nehmen. Sie wissen schon, eine Eroberung ... "
Er war so grob gewesen. Er tat mir weh. Er zwängte seine Zunge in meinen Mund. Ich konnte kaum atmen. Er war nicht mehr er selbst. Es war, als wäre er ein anderer Mensch.
"Es ist völlig egal, daß er gut aussieht, daß er es haben kann, wann immer er will. Verstehen Sie? Solche Menschen sind abartig. Abartig... "
Wie Tony es immer machte, wenn er betrunken und böse auf mich war.
"... ich meine, er ist ein elender Triebtäter, Doc. Ich weiß, daß Sie es nicht hören wollen. Aber, verdammt, es ist wahr. Sieht aus, als wären Sie da auf etwas gestoßen ..."
Bill trank auch zuviel, eindeutig. Und er war noch schlimmer, wenn er viel getrunken hatte.
"... passiert immer wieder. Sie würden den Berichten keinen Glauben schenken, die ich immer bekomme, diese jungen Mädels, die mich in ihre Hütte bitten, zwei Monate nachdem es passiert ist. Endlich raffen sie sich dazu auf, es jemandem zu erzählen. Vielleicht überzeugt sie ein Freund, daß sie damit rausrücken sollten. Banker, Geschäftsleute, Polizisten. Sie treffen irgendein Mädchen in der Bar, kaufen ihr einen Drink und lassen ein bißchen Chloralhydrat hineinfallen. Bumm. Wenn sie aufwacht, ist sie mit diesem Tier in ihrem Bett und fühlt sich, als ob ein Laster sie überfahren hätte ... "
Er hätte so etwas bei mir nie versucht. Er mochte mich. Ich war kein Objekt, keine Fremde ... Oder vielleicht war er nur vorsichtig. Ich weiß zuviel. Er wäre nie damit durchgekommen.
"... die Mistkerle kommen jahrelang davon. Ein paar von ihnen werden nie belangt. Kommen in ihr Grab mit genauso vielen Kerben in ihren Gürteln wie das tapfere Schneiderlein."
Wir hielten an einer Ampel. Ich hatte keine Ahnung, wie lange wir schon so saßen, ohne uns zu bewegen.
"Das ist der richtige Vergleich, was? Der Kerl, der Fliegen tötete und für jede eine Kerbe in seinen Gürtel machte ... "
Die Ampel war wie ein grelles, rotes Auge.
"Hat er es je bei Ihnen getan, Doc? Hat Boltz Sie mal vergewaltigt?"
"Was?" Ich drehte mich langsam zu ihm. Er starrte stur geradeaus, sein Gesicht wirkte blaß in dem roten Schein der Ampel.
"Was?" fragte ich noch einmal. Mein Herz pochte.
Die Ampel wurde grün, und wir bewegten uns wieder.
"Hat er Sie je
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