Ein Fall für Kay Scarpetta
gedacht. Es waren drei verschiedene Mannschaften. Keiner der Sanitäter war bei allen vier Fällen anwesend."
Ich sagte ruhig: "Anonyme Quellen sind oft eine Zusammensetzung mehrerer Quellen. Eine medizinische Quelle könnte eine Kombination sein aus dem, was ein Sanitäter sagte, was ein Polizeibeamter sagte und was ein Reporter hörte oder sah, während er draußen vor dem Haus wartete, in dem die Leiche gefunden wurde."
"Das stimmt." Amburgey nickte. "Und ich glaube nicht, daß irgend jemand von uns unterstellt, daß die Informationen aus dem Büro des Medical Examiners kommen - zumindest nicht absichtlich"
"Absichtlich?" brach es aus mir heraus. "Wollen Sie damit sagen, die Informationen könnten unabsichtlich aus meinem Büro heraussickern?" Ich wollte gerade empört erwidern, was für ein vollkommener Blödsinn das war, als ich plötzlich verstummte.
Eine Röte fing an meinen Hals hinaufzukriechen, als es mir wieder einfiel. Mein Bürocomputer. Ein Fremder war in die Datenbasis eingebrochen. War es das, worauf Amburgey anspielte? Wie konnte er etwas davon wissen?
Amburgey fuhr fort, als ob er mich nicht gehört hätte: "Leute reden, Angestellte reden. Sie erzählen es ihren Familien, ihren Freunden, und sie meinen es in den meisten Fällen nicht böse. Aber man weiß nie, wo der Schwarze Peter hängenbleibt - vielleicht auf dem Tisch eines Reporters. Diese Dinge passieren. Wir betrachten die Sache ganz objektiv, drehen jeden Stein um. Das müssen wir tun. Sie müssen verstehen, daß einiges von dem, was durchgesickert ist, den Ermittlungsarbeiten wirklich schaden kann."
Tanner fügte lakonisch hinzu: "Das Stadtoberhaupt, der Bürgermeister, sie sind nicht gerade entzückt über diese Art der Veröffentlichung. Die Mordrate hat Richmond bereits einen schlechten Ruf eingebracht. Landesweite Sensationsberichte von einem Serienmörder sind das letzte, was die Stadt brauchen kann. All diese neuen Hotels, die aus dem Boden schießen, sind abhängig von großen Kongressen, hohen Besucherzahlen. Die Leute wollen nicht in eine Stadt kommen, wo sie um ihr Leben fürchten müssen."
"Nein, das wollen sie nicht", stimmte ich kühl zu. "Und die Leute würden auch nicht gern glauben, daß die einzige Sorge, die der Bürgermeister deswegen hat, die ist, daß sie unbequem sind, ein Störfaktor, ein potentielles Hindernis für die Tourismusbranche."
"Kay", sagte Boltz ruhig, "niemand behauptet so etwas Abscheuliches."
"Natürlich nicht", fügte Amburgey schnell hinzu. "Aber wir müssen den nackten Tatsachen ins Auge sehen, und Tatsache ist, daß da eine ganze Menge unter der Oberfläche brodelt. Wenn wir nicht mit äußerster Vorsicht damit umgehen, fürchte ich, müssen wir uns auf eine große Explosion gefaßt machen."
"Explosion? In welcher Beziehung?" fragte ich argwöhnisch und sah automatisch Boltz an.
Sein Gesicht war gespannt, seine Augen hart, mit unterdrückter Emotion. Widerwillig sagte er: "Dieser letzte Mord ist ein Pulverfaß. Es gibt bestimmte Dinge in Lori Petersens Fall, über die niemand spricht. Dinge, von denen, Gott sei Dank, die Reporter noch nichts wissen. Aber das ist nur eine Frage der Zeit. Irgend jemand wird es herausbekommen, und wenn wir das Problem nicht vorher angepackt haben, vorsichtig und hinter den Kulissen, dann wird die ganze Sache in die Luft gehen."
Tanner ergriff das Wort, mit einem äußerst grimmigen Ausdruck auf seinem langen, laternenförmigen Gesicht: "Die Stadt riskiert, nun ja, einen Rechtsstreit."
Er sah Amburgey an, der ihm mit einem Nicken signalisierte, fortzufahren. "Es ist da eine recht unglückliche Sache passiert, wissen Sie. Scheinbar hat Lori Petersen die Polizei angerufen, kurz nachdem sie am Samstag morgen vom Krankenhaus nach Hause gekommen war. Wir haben das von einem der Telefonisten erfahren, die zu der Zeit Dienst hatten. Um elf Minuten vor eins bekam ein Beamter in der Notrufzentrale einen Anruf. Die Adresse der Petersens erschien auf dem Computerbildschirm, aber die Verbindung wurde gleich wieder unterbrochen."
Boltz sagte zu mir: "Du erinnerst dich vielleicht an den Tatort, es stand ein Telefon auf dem Nachttisch, das Kabel war aus der Wand gerissen. Unsere Vermutung ist, daß Dr. Petersen aufwachte, als der Mörder in ihrem Haus war. Sie griff nach dem Telefon und konnte gerade noch die 911 wählen, bevor er sie aufhielt. Ihre Adresse erschien auf dem Computerbildschirm. Sonst nichts. Keiner sagte etwas. Notrufe dieser Art werden den Funkstreifen
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