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Ein Fall für Kay Scarpetta

Ein Fall für Kay Scarpetta

Titel: Ein Fall für Kay Scarpetta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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schläft", flüsterte ich.
    "Oh", flüsterte er neckisch zurück. "Nicht nett - ich war es also nicht wert, daß man auf mich wartete -"
    Er drehte sich plötzlich um und folgte meinem erstaunten Blick auf die Straße. Scheinwerfer bogen um die Kurve und wurden im selben Moment ausgeschaltet, als ein Auto, das ich nicht sehen konnte, abrupt abbremste. Jetzt beschleunigte es im Rückwär tsgang, mit heulendem Motor. Kies und Schotter spritzten, als es unter den Bäumen wendete und davonfuhr.
    "Erwartest du Gesellschaft?" murmelte Bill und starrte in die Dunkelheit.
    Ich schüttelte langsam den Kopf.
    Er sah flüchtig auf seine Uhr und schob mich sanft in die Diele.
    Wann immer Marino in das OCME kam, konnte er es nicht lassen, Wingo zu sticheln, der vermutlich der beste Autopsie-Assistent war, mit dem ich je zusammengearbeitet hatte, und der bei weitem sensibelste.
    "... Ja. Das ist das, was man eine Begegnung a la Ford nennt...", fuhr Marino laut fort.
    Ein dickbäuchiger Polizist, der zur selben Zeit wie Marino gekommen war, brach erneut in schallendes Gelächter aus. Wingos Gesicht war krebsrot, als er den Stecker der Stryker-Säge in das gelbe Verlängerungskabel, das über dem Stahltisch baumelte, steckte.
    Bis zu meinen Handgelenken blutig, murmelte ich vor mich hin: "Einfach nicht hinhören, Wingo."
    Marino durchbohrte den Beamten mit Blicken, und ich wartete auf die Maßregelung.
    Wingo war so sensibel, daß es nicht mehr lustig für ihn war, und ich machte mir manchmal Sorgen um ihn. Er identifizierte sich so stark mit den Opfern, daß es öfter vorkam, daß er bei besonders abscheulichen Fällen in Tränen ausbrach. Der Vormittag hatte eine dieser grausamen Ironien des Lebens gezeigt. Eine junge Frau war letzte Nacht in eine etwas abgelegene Bar in einem der Nachbarorte gegangen, und als sie sich gegen zwei Uhr nachts auf den Heimweg machte, wurde sie von einem Auto erfaßt, dessen Fahrer Fahrerflucht beging. Der Po lizeibeamte, der ihre persön lichen Habseligkeiten untersuchte, hatte gerade in einer Brieftasche einen Zettel aus einem Glückskeks gefunden, auf dem vorausgesagt wurde: "Sie werden bald eine Begegnung haben, die den Lauf Ihres Lebens verändern wird."
    "Oder vielleicht war sie auf der Suche nach der Hood-Bar ..."
    Ich stand kurz vor einem Wutausbruch, als Marinos Stimme durch die Stryker-Säge übertönt wurde, die wie ein lauter Zahnarztbohrer klang, als Wingo den Schädel der toten Frau aufschnitt. Knochenstaub wirbelte unangenehm durch die Luft, und Marino und der Polizeibeamte zogen sich auf die andere Seite des Raums zurück, wo gerade auf dem hintersten Tisch das neueste Schußopfer von Richmond seziert wurde.
    Als die Säge abgestellt und die Schädeldecke entfernt war, hörte ich mit meiner Arbeit auf, um das Gehirn kurz zu inspizieren. Keine Blutungen ...
    "Es ist nicht komisch", begann Wingo seine anklagende Litanei, "überhaupt nicht komisch. Wie kann jemand über so etwas lachen "
    Der Schädel der Frau war eingerissen, sonst nichts. Was sie umgebracht hatte, waren multiple Beckenfrakturen, der Schlag gegen ihr Gesäß war so gewaltig gewesen, daß das Muster des Kühlergrills deutlich auf ihrer Haut zu sehen war. Sie war nicht von einem niedrigen Auto wie einem Sportwagen angefahren worden. Es könnte ein Laster gewesen sein.
    "Sie hat es aufgehoben, weil es ihr etwas bedeutete. Vielleicht wollte sie daran glauben. Vielleicht ging sie deshalb gestern zu der Bar. Sie suchte nach jemandem, auf den sie schon ein Leben lang wartete. Ihre Begegnung. Und am Ende war es ein betrunkener Fahrer, der sie zwei Meter tief in die Erde rammte."
    "Wingo", sagte ich müde, während ich anfing, Fotos zu machen, "es ist besser, wenn Sie sich solche Sachen nicht vorstellen."
    "Ich kann nicht anders ..."
    "Sie müssen lernen, anders zu können."
    Er richtete einen Blick auf Marino, der nie zufrieden war, bevor er ihn nicht völlig aus der Fassung gebracht hatte. Armer Wingo. Auf die meisten Mitglieder der sich balgenden und keilenden Polizeiwelt wirkte er ziemlich abstoßend. Er lachte nicht über ihre Witze und konnte keinen besonderen Gefallen an ihren Kriegsgeschichten finden und, was noch wichtiger war, er war vollkommen anders. Er war groß und schlank, hatte schwarzes Haar, das an den Seiten eng anlag, mit einer Tolle und einem Pferdeschwanz, der sich in seinem Nacken lockte. Er war von feiner Schönheit und sah aus wie ein Mannequin in seinen überweiten Designerkleidern und den weichen,

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