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Ein Fall für Kay Scarpetta

Ein Fall für Kay Scarpetta

Titel: Ein Fall für Kay Scarpetta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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völlig bescheuerter Idiot."
    Ich wies sie nicht zurecht wegen ihrer Worte. Ich sagte gar nichts.
    "Also", beharrte sie, "hast du einen Streit mit einem Ralph?"
    "Ich kenne keinen Ralph."
    "Oh." Sie runzelte die Stirn. "Mr. Boltz ist sauer auf dich, wette ich."
    "Das glaube ich nicht."
    "Ich wette, daß er es ist. Er ist sauer, weil ich hier bin -"
    "Lucy! Das ist lächerlich! Bill mag dich sehr gern."
    "Ha! Er ist sauer, weil er es nicht tun kann, wenn ich hier bin!"
    "Lucy ! " warnte ich sie.
    "Das ist es. Ha! Er ist sauer, weil e r seine Hosen anlassen muß."
    "Lucy", sagte ich ernst. "Hör sofort auf damit!"
    Sie schaute mich endlich an, und ich war entsetzt, als ich die Wut in ihren Augen bemerkte.
    "Siehst du. Ich wußte es!" Sie lachte höhnisch. "Und du wünschtest, daß ich nicht hier wäre, weil ich im Weg bin. Dann müßte er nicht nach Hause über Nacht. Nun, mir ist es egal. Was soll's. Mutter hat die ganze Zeit mit ihren Freunden geschlafen, und es ist mir egal!"
    "Ich bin nicht deine Mutter!"
    Ihre Unterlippe zitterte, als ob ich sie geschlagen hätte.
    "Ich habe nie gesagt, daß du das bist. Ich würde es sowieso nicht wollen. Ich hasse dich."
    Wir saßen beide ganz still da.
    Ich war einen Moment lang schockiert. Ich konnte mich nicht erinnern, daß jemals irgend jemand zu mir gesagt hätte, er würde mich hassen, selbst wenn es so war.
    "Lucy", sagte ich zögernd. Mein Magen war zusammengeballt wie eine Faust. Mir war schlecht. "Ich meinte es nicht so. Was ich meinte, war, daß ich nicht wie deine Mutter bin. Okay? Wir sind sehr verschieden. Wir waren immer sehr verschieden. Das heißt aber nicht, daß ich dich nicht sehr gern habe." Sie antwortete nicht.
    "Ich weiß, daß du mich nicht wirklich haßt."
    Sie blieb stumm wie ein Fels.
    Ich stand müde auf, um mein Glas nachzufüllen. Natürlich haßte sie mich nicht wirklich. Kinder sagen das andauernd und meinen es nicht. Ich versuchte mich zu erinnern. Ich hatte meiner Mutter nie gesagt, daß ich sie haßte. Ich denke, ich tat es insgeheim, zumindest als ich klein war, wegen all der Lügen und weil ich sie, als mein Vater starb, ebenfalls verlor. Sein Sterben hatte sie genauso aufgefressen wie seine Krankheit ihn. Für Dorothy und mich blieb keine Wärme mehr übrig. Ich hatte Lucy angelogen. Mich hatte es auch aufgefressen. Nicht das Sterben, sondern die Toten, Jeden Tag kämpfte ich für die Gerechtigkeit. Aber gab es Gerechtigkeit für ein lebendiges kleines Mädchen, das sich ungeliebt fühlte? Großer Gott! Lucy haßte mich nicht, aber vielleicht könnte ich es ihr nicht einmal verübeln, wenn sie es täte. Als ich zum Tisch zurückkam, näherte ich mich so vorsichtig wie nur möglich dem verbotenen Thema.
    "Ich schätze, ich sehe besorgt aus, Lucy, weil ich es bin. Siehst du, jemand hat sich in meinen Computer in der Stadt eingeschaltet."
    Sie war ruhig, wartete.
    Ich nippte an meinem Drink. "Ich bin mir nicht sicher, ob diese Person irgend etwas gesehen hat, was wichtig ist, aber wenn ich erklären könnte, wie es geschehen ist oder wer es getan hat, wäre mir eine große Last abgenommen." Sie sagte immer noch nichts. Ich erzwang es.
    "Wenn ich nicht dahinterkomme, Lucy, könnte ich in Schwierigkeiten geraten."
    Das schien sie zu beunruhigen. "Warum wärst du in Schwierigkeiten?"
    "Weil", erklärte ich ruhig, "meine Bürodaten absolut geheim sind und wichtige Leute in der Stadt und in der Regierung wegen der Informationen besorgt sind, die in den Zeitungen stehen. Manche Leute machen sich Sorgen, daß die Informationen aus meinem Computer kommen könnten."
    "Oh."
    "Wenn ein Reporter eingedrungen ist, zum Beispiel..."
    "Informationen worüber?" fragte sie.
    "Über diese letzten Fälle."
    "Die Ärztin, die ermordet wurde?"
    Ich nickte.
    Schweigen.
    Dann sagte sie mißmutig: "Deshalb ist das Modem verschwunden, nicht wahr, Tante Kay? Du hast es weggenommen, weil du denkst, daß ich etwas Schlechtes getan habe."
    "Ich glaube nicht, daß du irgend etwas Schlechtes getan hast, Lucy. Wenn du meinen Bürocomputer angewählt hast, dann weiß ich, daß du es nicht böse gemeint hast. Ich würde dir keine Vorwürfe machen, weil du neugierig gewesen bist."
    Sie sah mich an, mit Tränen in den Augen. "Du hast das Modem weggenommen, weil du mir nicht mehr traust."
    Ich wußte nicht, was ich darauf antworten sollte. Ich konnte sie nicht anlügen, und die Wahrheit wäre ein Eingeständnis, daß ich ihr wirklich nicht mehr traute.
    Lucy hatte das Interesse

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