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Ein Fall für Kay Scarpetta

Ein Fall für Kay Scarpetta

Titel: Ein Fall für Kay Scarpetta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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an ihrem Milchshake verloren und saß bewegungslos da, kaute auf ihrer Unterlippe und starrte hinunter auf den Tisch.
    "Ich habe das Modem entfernt, weil ich mich gefragt habe, ob du es gewesen bist", gab ich zu. "Es war nicht richtig, das zu tun. Ich hätte dich einfach selbst fragen sollen. Aber vielleicht war ich verletzt. Der Gedanke, daß du unser Vertrauen gebrochen haben könntest, verletzte mich."
    Sie sah mich lange an. Sie schien seltsam erfreut, fast glücklich, als sie fragte: "Du meinst, wenn ich etwas Böses tue, verletzt es deine Gefühle?"
    Als ob diese Tatsache ihr eine Art Kraft oder Bestätigung gab, die sie so dringend nötig hatte.
    "Ja. Weil ich dich sehr liebhabe, Lucy", antwortete ich, und ich glaube, es war das erste Mal, daß ich ihr das so direkt sagte. "Ich wollte deine Gefühle ebensowenig verletzen wie du meine. Es tut mir leid."
    "Ist in Ordnung."
    Der Löffel schlug gegen d ie Seite des Glases, als sie ih ren Milchshake umrührte und freudig verkündete: "Übrigens, ich wußte, daß du es versteckt hast. Du kannst Dinge nicht vor mir verstecken, Tante Kay. Ich habe es in deinem Schrank gesehen. Ich habe nachgeschaut, als Bertha das Mittagessen kochte. Ich fand es in dem Fach gleich neben deiner 38er."
    "Woher wußtest du, daß es eine 38er ist?" platzte ich heraus, ohne nachzudenken.
    "Weil Andy eine 38er hat. Er war der vor Ralph. Andy hatte eine 38er an seinem Gürtel, hier", sie zeigte auf ihren Oberschenkel.
    "Er hat ein Leihhaus, und deshalb trägt er immer eine 38er. Er hat sie mir gezeigt, und auch, wie sie funktioniert. Er nahm alle Kugeln heraus und ließ mich auf den Fernseher schießen. Bumm! Bumm! Das ist wirklich toll! Bumm! Bumm!"
    Sie schoß mit dem Finger auf den Kühlschrank. "Ich mag ihn mehr als Ralph, aber Mami hatte ihn satt, schätze ich."
    Dorthin schickte ich sie morgen zurück? Ich fing an, ihr einen Vortrag über Waffen zu halten, mit all den Phrasen, daß sie kein Spielzeug sind und Menschen verletzen können, als das Telefon klingelte.
    "O ja", erinnerte sich Lucy, als sie von ihrem Stuhl aufstand. "Oma hat angerufen, bevor du nach Hause gekommen bist. Zweimal."
    Sie war der letzte Mensch, mit dem ich jetzt reden wollte. Egal, wie gut ich meine Stimmung zu verbergen suchte, sie schaffte es immer, sie herauszuhören, und bestürmte mich dann mit Fragen.
    "Du klingst deprimiert", stellte meine Mutter bereits nach zwei Sätzen unserer Unterhaltung fest.
    "Ich bin nur müde." Wieder diese abgenützte Phrase.
    Ich konnte sie sehen, als stünde sie vor mir. Sie saß bestimmt im Bett, mehrere Kissen im Rücken, den Fernseher angeschaltet. Meine Mutter ist ein dunkler Typ, ihr schwarzes Haar ist weiß geworden und umrahmt weich ihr rundes, volles Gesicht, ihre braunen Augen wirken groß hinter den dicken Brillengläsern.
    "Natürlich bist du müde", legte sie los. "Du arbeitest ja nur noch. Und diese schrecklichen Fälle in Richmond. Gestern stand etwas darüber im Herald. Kay, ich war noch nie in meinem Leben so überrascht. Ich habe es erst heute nachmittag gesehen, als Mrs. Martinez mit der Zeitung bei mir vorbeikam. Ich hatte die Sonntagszeitung abbestellt. Mrs. Martinez kam damit, weil dein Bild darin ist."
    Ich stöhnte.
    "Ich kann nicht behaupten, daß ich dich erkannt hätte. Es ist nicht sehr gut, am Abend aufgenommen, aber dein Name steht darunter, das ist eindeutig. Und ohne Hut, Kay. Es scheint regnerisch oder zumindest feucht und scheußlich zu sein, und da trägst du keinen Hut. All die Hüte, die ich dir gehäkelt habe, und du magst nicht einen davon tragen, um dich vor einer Lungenentzündung zu schützen ... "
    "Mutter... " Sie fuhr fort.
    "Mutter!"
    Ich konnte sie nicht ertragen. Nicht heute abend. Als nächstes kamen die Fragen über meine Ernährung und ob ich genug schlief.
    Ich brachte sie abrupt vom Thema ab. "Wie geht es Dorothy?"
    Sie zögerte. "Deshalb rufe ich an."
    Ich zog einen Stuhl herüber und setzte mich, als meine Mutter ihre Stimme um eine Oktave anhob und mir mitteilte, daß Dorothy nach Nevada geflogen war - um zu heiraten.
    "Warum Nevada?" fragte ich dummerweise.
    "Sag du es mir! Sag mir, warum deine einzige Schwe ster sich mit irgendeinem Büchermenschen trifft, den sie nur vom Telefon kennt, und dann plötzlich ihre Mutter vom Flughafen aus anruft und erklärt, daß sie nach Nevada fliegt, um zu heiraten. Sag mir, wie meine Tochter so etwas tun konnte. Man könnte meinen, sie hätte Makkaroni im Hirn ... "
    "Was für einen

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