Ein Fall für Perry Clifton
Sie erinnert sich nämlich des braven Tom Farker, der im selben Haus wohnt und den ehrenwerten Beruf eines Briefträgers ausübt.
Mit der philosophischen Feststellung: „Wenn der es nicht weiß, dann weiß es niemand“, beschließt Tante Millie ihren grandiosen Einfall.
Und Perry und sein Freund Dicki haben Glück. Unverschämtes Glück sogar. Nachdem der „brave Tom Farker“, wie ihn Millie nannte, einige Sekunden krampfhaft auf seinem Daumennagel herumgekaut hat, geht ein Leuchten über sein Gesicht.
„Jetzt ist es mir eingefallen“, verkündet er triumphierend und haut sich klatschend auf die Schenkel.
„Sie hat ihren Wagen im Hof eines leerstehenden Hauses in der Wingert-Street stehen...“
Glücklich drückt ihm Perry eine Pfundnote in die Hand. Darüber wiederum ist der „brave Tom Farker“ so gerührt, daß er die beiden unbedingt hinführen möchte. Perry Clifton muß seine ganzen Überredungskünste aufwenden, um ihn davon abzuhalten.
„Ich finde es schon, Mister Farker“, dämpft Perry Farkers Unternehmungslust und wendet sich der Tür zu.
„Na, dann viel Vergnügen!“ ruft ihnen der Briefträger noch nach, der natürlich keine Ahnung hat, warum die beiden so hinter dieser Madame Porelli her sind. Wüßte er es, würde er sich wohl schleunigst hinter die warme und schützende Wand seines Kachelofens begeben haben.
Eine knappe halbe Stunde braucht Perry, bis er endlich das Schild mit der Aufschrift ,Wingert -Street’ entdeckt. Langsam fährt er zweimal die Straße in beiden Richtungen auf und ab. Dann ist er ganz sicher, daß er die richtige Stelle gefunden hat.
Er schaltet den Motor ab und läßt den Wagen ausrollen. Das Jagdfieber hat ihn gepackt.
Einen Augenblick denkt er daran, seinen Freund Dicki im Auto zu lassen. „Ist es leichtsinnig, wenn ich ihn mit in die Sache hineinziehe?“ überlegt er. Aber schließlich war es ja Dicki, der ihn auf die richtige Spur gebracht hatte.
Mechanisch schaltet er das Standlicht ein und zieht den Zündschlüssel heraus.
„Die Toreinfahrt dort drüben ist die einzige Möglichkeit“, sagt er zu Dicki und zeigt auf ein düsteres, massiges Gebäude.
„Ob da niemand wohnt?“ fragt Dicki gepreßt.
„Anscheinend nicht. Vielleicht soll es abgerissen werden.“ Und mit einem forschenden Seitenblick erkundigt er sich: „Hast du jetzt etwa Angst, Dicki?“
„Überhaupt nicht, Mister Clifton!“ beeilt sich Dicki zu versichern und versucht, den Kloß in seinem Hals hinunterzuschlucken. „Aber ob es nicht besser gewesen wäre, wenn wir einen Polizisten mitgenommen hätten?“
„Ich glaube, daß das überflüssig ist... Bis jetzt wissen wir weder, ob ihr Wohnwagen noch da ist, und wenn, ob sie überhaupt zu Hause ist.“
Die abgelegene Wingert-Street wirkt fast ausgestorben. Nur hin und wieder tauchen die Scheinwerfer eines Fahrzeuges auf, die für Bruchteile von Sekunden das matte Licht der Straßenlaternen unterstützen.
Perry Clifton und Dicki Miller wenden sich der dunklen Toreinfahrt zu.
Ihre Schritte hallen ein wenig, als sie darunter durchschreiten.
Es riecht nach Abfall und Moder. Aber noch ein anderer Geruch liegt in der Luft. Es ist der Geruch von Rauch. Schnell haben sie die wenigen Meter der Toreinfahrt durchschritten und starren entgeistert auf das unheimliche Durcheinander von Geröll, alten Ziegelsteinen, Blechbüchsen und sonstigem Gerümpel, das auf dem anschließenden geräumigen Hof zu sehen ist. Es hat ganz den Anschein, als würden die Bewohner der umliegenden Häuser hier eine Art privater Müllhalde unterhalten.
Und noch etwas sehen die beiden. Sie sehen den Wohnwagen, der in der hintersten Ecke steht.
Unfaßbar, daß sich Madame Porelli in so eine Umgebung zurückgezogen hat. Oder nicht? Vielleicht gerade, weil es hier alles andere als einladend ist.
Sie entdecken auch die Ursache des Rauchgeruchs von eben. Aus dem winzigen runden Ofenabzug steigt eine helle, dünne Rauchfahne auf. Und daß Licht in dem Wagen brennt, erkennen sie an Tür und Fenster, die nicht genügend abgedichtet sind.
Perry Clifton faßt Dicki an der Hand und geht unter Vermeidung aller Geräusche auf den Wohnwagen zu.
Vor der Treppe angekommen, verhalten sie den Schritt, während Perry lauschend den Kopf hebt... doch kein Laut ist zu hören.
„Dann wollen wir mal schön artig klopfen“, flüstert Perry Dicki zu und tastet sich die wenigen Stufen zur Tür hinauf. Dichtauf folgt Dicki.
Perry Clifton hebt die Hand, und dann hämmern seine
Weitere Kostenlose Bücher