Ein Fall für Perry Clifton
Standesbeamte
sammelt seine Stifte und Akten zusammen. Da klingelt das Telefon.
Ratherkent
blickt mißtrauisch auf den Apparat. Doch dann siegt sein Pflichtbewußtsein.
Schließlich ist es noch nicht sechzehn Uhr.
„Ratherkent“,
meldet er sich höflich.
„Rauchen
Sie Zigarren, Zigaretten oder Pfeife?“ fragt eine Stimme am anderen Ende
todernst.
Jeremias
glaubt zuerst, einem Irrtum zum Opfer gefallen zu sein. Er schüttelt den Hörer
in seiner Hand, als wolle er feststellen, ob vielleicht etwas lose darin sei.
„Hallo?“
ruft er unsicher in die Muschel.
„Ich
bitte nur um Beantwortung meiner Frage, Mister Ratherkent.“
Jeremias
Ratherkent richtet sich steif auf. Ebenso steif antwortet er:
„Mein
Herr, ich weiß zwar nicht, mit wem ich die Ehre habe, solcherlei geistreiche
Konversation zu führen. Aber ich darf Ihren Wissensdurst dahin befriedigen, daß
ich mich in einem Alter befinde, in dem ein seriöser Gentleman nur noch
Zigarren raucht.“
Zufrieden
mit sich und seiner gedrechselten Auskunft legt Ratherkent den Hörer auf die
Gabel zurück.
,Immer
Haltung, Jeremias. Auch ein Verrückter hat das Recht, auf eine Frage eine
Antwort zu bekommen’, spricht er zu sich und setzt seine unterbrochenen
Aufräumungsarbeiten fort.
Zwei
Minuten nach sechzehn Uhr, er ist bereits in Hut und Mantel, klopft es an seine
Tür.
„Herein!“
ruft Ratherkent, fest entschlossen, seinen Feierabend zu verteidigen.
Mit
gerunzelter Stirn betrachtet er den jungen Mann, der mit strahlendem Lächeln
vor ihm steht.
„Lieber
Mister Ratherkent, ich weiß, daß Sie bereits seit einigen Minuten sozusagen
außer Dienst sind. Wenn ich Sie trotzdem belästige, so liegt das an der
außerordentlichen Wichtigkeit meiner Mission. Damit Sie sehen, daß ich einen
Ihrerseitigen Teilverzicht auf den wohlverdienten Feierabend zu schätzen weiß,
erlaube ich mir, Ihnen hiermit fünfzig Zigarren der allerbesten Sorte zu
überreichen.“
Mit
einer Verbeugung legt der junge Mann dem fassungslosen Standesbeamten eine
Kiste mit Zigarren in die Hände.
Jeremias
Ratherkent hat nicht nur die charmante Art, mit der er überrumpelt werden soll,
zur Kenntnis genommen.
Ebenso
hat er mit der Sachkenntnis eines alten Zigarrenrauchers festgestellt, daß es
sich wirklich um eine ausgezeichnete Sorte handelt. Eine Sorte, die ihm sein
Beamtengehalt nur an hohen Festtagen ermöglicht.
„Was
haben Sie denn für einen Wunsch?“ fragt er viel freundlicher, als er eigentlich
beabsichtigt hatte.
„Ich
suche eine bestimmte Familie in Luton. Leider wird es dazu notwendig sein, daß man
die Register mehrerer Jahrgänge durchblättert, da ich weder das genaue Jahr
noch den Monat oder den Tag weiß.“
Nach
kurzem Zögern beginnt sich Jeremias Ratherkent wieder auszukleiden. Pedantisch
hängt er seinen Mantel auf den Bügel, legt den Hut ins Fach und weist seinem
Besucher stumm einen Stuhl zu.
Nach
zehn Minuten ist nur noch das Atmen der beiden Männer
und das Rascheln von umgewendeten Papierseiten zu hören.
Falle
oder Ablenkung
Dicki
Miller ist unruhig, als hätte er einen ganzen Ameisen-Völkerstamm in der Hose.
Wo nur Perry bleiben mag? Jetzt wartet er seit Stunden. Dabei schielt er immer
wieder zu dem Paket, das der Polizist gebracht hat.
Da...
waren da nicht Schritte im Treppenhaus? Dicki ist mit wenigen Sprüngen an der
Tür und legt lauschend ein Ohr an die Füllung.
„Ist
es Mister Clifton, Dicki?“ fragt Mistreß Miller aus der Küche, wo sie beim
Abwasch klappert.
„Ich
weiß es noch nicht ..
Es
muß Perry Clifton sein. Vorsichtig öffnet Dicki die Tür einen Spaltbreit. Das
Hauslicht brennt... und da taucht auch schon Perrys Kopf auf.
„Sie
kommen aber spät, Mister Clifton“, empfängt Dicki seinen großen Freund
vorwurfsvoll. „Es ist schon neun durch.“
„So“,
lächelt Perry und droht mit dem Finger. „Solltest du da nicht schon lange im
Bett liegen?“
„Ich
habe auf Sie gewartet, weil ich Ihnen was übergeben muß“, erklärt Dicki, von
der Wichtigkeit seiner Mission überzeugt.
Während
Perry Clifton seine Wohnung aufschließt, ist Dicki wie der Blitz verschwunden.
Mit dem Paket unter dem Arm kommt er zurück.
„Ein
Polizist hat es heute nachmittag gebracht“, sagt er, und schiebt sich behend an
Perry vorbei in dessen Wohnung.
„Komisch“,
wundert sich der Detektiv. „Vielleicht ist es von Scotty...“ Clifton zieht
seinen Mantel aus und wirft zwei Shilling-Münzen in den
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