Ein Fall von Liebe
rein in die Untergrundbahn und wieder raus und immer Hetze, Hetze, Hetze. Das wirklich Schlimme sind die Abendkurse, die ich belegt habe. Ehe ich mit ihnen anfing, war alles wunderbar. Wir verbrachten jeden Abend zusammen, und es war himmlisch, aber Charlie hat natürlich auch seinen Job, und ich bin praktisch den ganzen Tag bis zehn oder elf Uhr abends nicht zu Hause, so daß wir uns fast nicht sehen. Natürlich schlafen wir immer zusammen, und darum sollte ich wohl nicht klagen. Ich denke ernstlich daran, die Schule aufzugeben. Denn meine Ausbildung darf um keinen Preis meinem Liebesleben im Wege stehen.
Ich bin wie immer sexsüchtig. Bin es wahrscheinlich noch mehr geworden. Das ist eine der Schwierigkeiten. Charlies Schwanz ist riesig. Ich habe mir immer vorgenommen, ihn zu messen, um herauszubekommen, wie groß er wirklich ist. Wenn man sich daran gewöhnt, so etwas immer zu haben, glaube ich, vermißt man es um so mehr, wenn es nicht so oft geschieht. Es geschieht immer noch ziemlich oft. Wenn ich nicht sexsüchtig wäre, wäre wahrscheinlich alles in Ordnung. Wir haben diese phantastische neue...«
Hier endete der Brief. Charlie zerknüllte ihn und wollte ihn wegwerfen, aber dann legte er ihn als Beweisstück auf den Tisch. Er ging in die Küche und machte sich einen starken Drink. Seine Hände zitterten vor Wut. All dieses schmutzige, widerliche, blöde Gefasel. Es war zuviel. Hattie am Mittag und jetzt dies. Peter mußte den Verstand verloren haben, daß er seinen Schwanz und alles andere beschrieb. Er hätte ihn am liebsten geschlagen, ihm Vernunft eingeprügelt. Sätze aus dem Brief gingen ihm immer wieder durch den Kopf. Sie machten ihn krank. Er trank den Schnaps in der Küche stehend schnell aus und goß sich noch einen zweiten ein. Dann ging er ins Wohnzimmer zurück, und immer wieder mußte er zu dem Brief hinblicken. Er hätte ihn am liebsten zerfetzt.
Der Drink begann zu wirken. Er wurde ruhiger. Der Drang, Peter zu schlagen, verging. Er würde ihm alles noch einmal erklären müssen. Ihre Liebesspiele waren nur eine Phase. Die Liebesworte, die sie wechselten, waren harmlos, solange sie das Ganze im Auge behielten. Im Grunde waren sie nur gute Freunde. Alles andere war mehr oder weniger Zufall, etwas, das geschehen konnte, aber nicht zu geschehen brauchte. Nichts, über das man immerzu nachdachte, über das man mit anderen sprach. Wenn Peter das einsehen würde, konnten sie weiter so zusammen leben wie bisher. Andernfalls – nun, es gab kein andernfalls. Natürlich würde alles so bleiben wie bisher. Er leugnete nicht, daß er das wünschte und weiter wünschen würde, bis das Leben eine neue Wendung nahm und sie ganz natürlich eine andere Phase begannen. Anscheinend mußte Peter hin und wieder eins auf’s Dach kriegen, um sich nicht zu Torheiten hinreißen zu lassen. Alle diese Gedanken gingen ihm immer wieder durch den Kopf, bis er einen Schlüssel sich im Schloß drehen hörte. Er leerte sein Glas, stellte es hinter die Lampe und setzte eine grimmige Miene auf, als er zur Tür blickte.
Peter blieb wie angewurzelt stehen, als er ihn sah, und sein Gesicht hellte sich auf. »Hurra! Du bist da! Ich hoffte...« Er hielt inne und riß die Augen weit auf, und seine Schultern senkten sich, als ob sich eine Last auf sie gelegt hätte. »Was ist nun schon wieder?« fragte er.
»Wenn du deinen Brief an den lieben Jimmy suchst, dort liegt er. Jimmy Harvester, nehme ich an.«
Peter drehte sich um, ging zu dem Tisch und legte seine Bücher hin. Er blickte auf den zerknüllten Bogen. »Ich hatte schon überlegt, wo ich ihn gelassen hätte. Es scheint, daß ich einen neuen schreiben muß.«
»Da hast du verdammt recht. ›Charlies Schwanz ist riesig.‹ Großer Gott!«
Peter warf den Kopf zurück und sah ihn an. »Nun, ist er’s nicht? Du bist doch ein Experte im Messen. Du sagst, diese Größe sei eine Ausnahme. Ich würde das nicht wissen.«
»Aber du möchtest es selber herausfinden. Meinst du das?«
»Ach, Liebling.« Er lachte und sein Körper entspannte sich ein wenig. »Es interessiert mich nicht, ob jeder einen zwanzig Zentimeter langen Schwanz hat. Ich begehre nur deinen. Ich bin so stolz auf dich. Ich spreche gern über dich. Weiß Gott, ich habe nie Gelegenheit dazu. Muß alles bei mir behalten.«
»Aha. Ein kleines Mädchen, das einem anderen sein Herz ausschüttet. Und wie ist es mit der großen neuen Ent-deckung, die wir gemacht haben? Ich nehme an, du wolltest ihm haargenau
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