Ein Fall von Liebe
sein. Als er in die Wohnung zurückkam, war Peter, dem vor Müdigkeit schon die Augen fast zufielen, noch beim Abwaschen.
»Ach, mein Kleiner, das hättest du nicht tun sollen.« Er nahm ihm das Trockentuch aus den Händen und küßte ihn aufs Ohr. Er fühlte sich schuldig.
Peter lächelte ihn müde an. »Es hat mir nichts ausgemacht. Ich wollte auf dich warten. Und das hielt mich wach. Es scheint ja ein üppiges Mahl gewesen zu sein.«
»Es war prächtig. Sie ist eine gute Köchin.«
»Warum habt ihr hier gegessen?«
»Sie schien darüber ganz froh zu sein. Niemand außer dir würde sich die Mühe machen, den Spieltisch aufzustellen. Ich habe ihr von dir erzählt.«
Peters Gesicht hellte sich auf. »Wirklich? Es ist im Grunde unwichtig, aber ich bin trotzdem froh.«
»Komm, mein Kleiner. Du bist müde.«
H ATTIE ERSCHIEN seltsam aufgeputzt bei C. B., wie ein Kind, das die Kleider seiner Mutter trägt. Ihr krähendes Lachen übertönte das aller anderen. Als sie herausgefunden hatte, wer Peter war, widmete sie ihm viel Aufmerksamkeit.
»Ich glaube, man kann wirklich sagen, sie ist außergewöhnlich«, sagte C. B. beim Dinner mit Charlie und Peter. »So gar nicht, wie man es von ihrer Familie erwarten würde. Sie sind durch und durch Snobs wie alle New Yorker, die das unglaubliche Glück haben, zu wissen, wer ihre Großeltern waren.«
»Ich mag sie gern«, sagte Peter. »Ich brauche sie nur anzusehen und muß lachen. Aber nicht böse. Sie weiß, sie sieht komisch aus und betont das noch. Ich fand sie wunderbar.«
Charlie sagte nichts; er zog es vor, durch Schweigen mehr zu sagen als mit Worten.
»Sie ist schwer zu ergründen«, sagte Hattie von C. B., als sie sich ein paar Tage später mit Charlie zum Lunch in einem Restaurant traf. »Der Bericht muß vertagt werden. Es ist da nur eins, dessen ich sicher bin: sie ist wahnsinnig verliebt in dich. Aber ich glaube allmählich, das sind alle, ich, Peter. Du hast eine Affäre mit ihm, nicht wahr?«
»Ich? Eine was – wie kommst du denn, um Gottes willen, darauf?« fragte er empört und vor Wut rot werdend.
Sie sah ihn spöttisch an. »Du wirst immer merkwürdig einsilbig, wenn von zwei Herren die Rede ist, die zusammen ins Bett steigen. Das kommt vor, weißt du.«
»Wahrscheinlich. Ich habe noch nie darüber nachgedacht. Ich weiß nichts darüber.«
Sie lachte ihn an. »Wenn ich ein Junge wäre, würde ich alles darüber wissen. Es muß einfach köstlich sein. Keine Sorgen wegen Babys und so weiter. Du enttäuscht mich. Eine Affäre mit Peter läge auf der Hand. Warum gibst du’s nicht zu?«
»Es ist da nichts zuzugeben. Ich sage dir, ich weiß nicht, wovon du redest. Warum läßt du das Thema nicht endlich fallen?«
»Ach, so erhaben«, sagte sie. »Nun gut, ich werde es aus Peter herausziehen müssen.«
»Laß ihn in Ruhe«, sagte er mit drohender Stimme. »Er ist ein äußerst anständiger Junge. Ich möchte nicht, daß du ihn mit deinen schmutzigen Andeutungen beunruhigst.«
»Schon gut, schon gut«, sagte sie, immer noch in spöttischem Ton, aber entsetzt über die Wut, die seine Stimme verriet. »Du kannst deine Geheimnisse für dich behalten, wenn du darauf bestehst.«
»Ich bin sicher, einen solchen Unsinn würdest du vor C. B. nie sagen.«
»Was für ein erschreckender Gedanke! Obwohl, wenn sie glaubte, du würdest dadurch nicht in die Klauen eines Mädchens geraten, würde sie gar nicht so dagegen sein.«
»Meinst du?«
Erst später am Nachmittag hatte Charlie sich so weit beruhigt, um sich bewußt zu werden, daß das eine Liebeserklärung von ihr gewesen war. Er kam an diesem Abend vor Peter nach Hause. Als er Licht machte, war das erste, was ihm ins Auge fiel, ein Brief in Peters Handschrift, der zwischen den Büchern auf dem Tisch lag. Da er dachte, er könne für ihn sein, betrachtete er ihn genauer. »Lieber Jimmy...« Er wandte sich ab, zögerte, als ihm der Zusammenhang klar wurde, ging wieder an den Tisch, nahm den Brief und las ihn.
Lieber Jimmy,
Du hast mich gebeten, Dich wissen zu lassen, wie alles geht, und darum schreibe ich Dir. Es ist alles mehr oder weniger schön. Ich bin mit Charlie zusammen, und das allein zählt wirklich. Ich bin nicht so ganz für das Großstadtleben. Als Du von jungen Männern sprachst, die wie ein Ehepaar zusammenleben, sah ich, glaube ich, mich selber in einer Schürze im Hause umhereilen. Aber so ist es ganz und gar nicht. Ich habe diesen lausigen Job, und den ganzen Tag lang heißt es
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