Ein Fall von Liebe
überflüssigerweise, denn Charlie kannte ihn von Hunderten von Fotos – das ins Gesicht fallende Haar, die mephistophelischen Züge, die elegant gekleidete Gestalt. Er schien von Gold zu glitzern. »Hank hat mir von Ihnen berichtet. Das war sehr nett. Ich würde den Text gern noch einmal mit Ihnen durchgehen.«
»Vielen Dank.« Charlie lächelte selig.
»Ja, so. Genauso. Genauso sehe ich den Jungen. Es müssen noch andere vorsprechen. Wie ist es mit meinen Terminen, Herbie? Kann ich heute abend mit Mr. Mills arbeiten?«
»Sie sind zum Dinner mit Charlotte Harris verabredet«, sagte der Mann im Pullover.
Die beiläufige Erwähnung des großen Namens berauschte Charlie geradezu.
»Ach ja, Frankensteins Mutter. Nun, vielleicht später. Könnten wir uns nach dem Theater sehen, Charles? Sagen wir um halb zwölf bei mir. Sie bekommen etwas zu essen.«
»Ja, natürlich, mir paßt jede Zeit.«
»Sehr gut. Die Waldorf Towers. Fragen Sie nur nach mir. Man wird Sie erwarten.«
Charlie konnte sich nicht erinnern, wie er das Theater verlassen hatte. Er war plötzlich auf der Straße. Es war ein frischer, klarer Tag. Vom Fluß her blies ein Wind. Er hätte am liebsten einen Luftsprung gemacht oder laut gesungen. Er mußte warten, bis er es Peter erzählen konnte. Sonst durfte es noch niemand wissen. Es brachte Unglück, wenn man darüber sprach, ehe es entschieden war. Aber was konnte noch schiefgehen? »Genauso sehe ich den Jungen.« Meyer Rapper hatte das gesagt. Meyer Rapper war sein eigener Regisseur. Charlie bekam die Rolle bestimmt. Blieb nur noch das Problem C. B., aber sie würde fasziniert sein, sobald sie den ersten Schock überwunden hätte, zumal wenn er mit einem großen Star wie Charlotte Harris auf der Bühne stand. Er fragte sich, bis zu wann er seine Stellung kündigen konnte. Er würde heute abend mit Meyer Rapper diese Dinge genau besprechen müssen. Sobald er mit den Proben begann, konnte Peter seinen Job ganz aufgeben. C. B. brauchte das nicht unbedingt zu erfahren. Das Leben würde jetzt wirklich sinnvoll zu werden beginnen. Es gab keinen Grund, warum er nicht Peter als seinen Sekretär bezeichnen sollte. Er konnte ihn so überall vorstellen. Beim Theater gab es das häufig. Es war alles zu märchenhaft, zu unglaublich, zu wunderbar, um es ganz fassen zu können, und dennoch schien es ihm, er habe immer gewußt, daß es so kommen würde.
Peter rief ihn im Büro an, und er konnte ihm die gute Kunde nur andeuten, so daß er Charlie mit lauten Freudenrufen erwartete, als er nach Hause kam.
»Ich gehe heute abend nicht in die Vorlesung. Das brauch ich nicht, nicht wahr? Ich habe alles zum Essen bereit, auch eine Flasche Wein. Ach, Charlie, dies ist der schönste Tag unseres Lebens.«
Charlie erzählte ihm immer wieder die Geschichte von der Leseprobe am Mittag. Peter bestürmte ihn mit Fragen. Sie wogen jedes unsterbliche Wort, das Meyer Rapper gesagt hatte, und waren sich einig darin, daß jetzt nur noch der Vertrag unterzeichnet zu werden brauchte. Nach dem Dinner eilten sie ins Bett, zu dem, was Peter einen ›Glücksfick‹ nannte. Der Ausdruck entzückte ihn selber, und er wiederholte ihn mehrmals unter schallendem Gelächter.
»Sieh mich an«, sagte er später, »im Bett mit einem großen Star. Die ganze Welt wird sich wahnsinnig in dich verlieben, und du gehörst mir.«
Um elf waren sie beide wieder angezogen und zum Ausgehen bereit. Peter begleitete ihn zu den Waldorf Towers und dann gingen sie die Park Avenue auf und ab, um die Zeit totzuschlagen. Als der Augenblick kam, drückte Peter verstohlen seinen Arm. »O.k., Liebling. Ich werde beten. Aber komm dann schnellstens nach Hause. Ich warte auf dich.«
Charlie ging hinein und nannte Meyer Rappers Namen. Seinen eigenen nannte er kühl und herablassend, kam sich schon fast als der große Star vor, als den Peter ihn bereits sah. Man geleitete ihn höflich zum Fahrstuhl. Er ging einen langen Flur hinunter und klingelte an der angegebenen Tür. Ein Diener in Livree öffnete ihm und nahm ihm den Mantel ab. Das Apartment war überwältigend prächtig. Charlie hatte immer in der besten Gesellschaft verkehrt, aber hier erlebte er zum erstenmal die Märchenwelt der Berühmtheit und kam sich plötzlich wie ein armer Teufel vor. So wie hier mußte es sein. Alles, was er kannte, war im Vergleich dazu armselig. Meyer Rapper stand im Wohnzimmer und wartete auf ihn. Charlie fiel wieder das glitzernde Gold auf. Große Fenster hinter ihm gingen auf
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