Ein Fall von Liebe
befangen; hütete sich wie einst vor Koseworten. Er sagte nie mehr: ›Mein Kleiner‹, außer im Liebesspiel. Er fand, Peter wurde immer femininer, und er zwiebelte ihn deswegen. Einmal brachte er ihn fast zum Weinen, als er ihn eine kleine dumme Tunte nannte.
Für Peter war C. B. ein großer Trost. Sie war das Bindeglied zu den zauberhaften Sommertagen der Entdeckung, das Pfand dafür, daß die Bande, die sie geschmiedet hatten, unzerstörbar waren. Sie sprach ebenso gern über Charlie wie er. Sie frönten dem hemmungslos.
»Sieht er Hattie noch oft?« fragte sie eines Tages, als er gerade zur Teezeit bei ihr erschienen war.
»Ja«, gab Peter alles andere als begeistert zu. »Praktisch jeden Tag.«
»Ich möchte wissen, ob er ernste Absichten mit ihr hat.«
»O nein.« Sein Gesicht hellte sich auf, weil er fest davon überzeugt war. »Ganz und gar nicht. Sie sind nur gute Kameraden. Er geht mit ihr in alle Stammlokale. Sie proben eine Szene zusammen.« Da er merkte, daß sie das auf falsche Gedanken bringen könnte, fügte er hinzu: »Weißt du, er hilft ihr beim Einstudieren. Sie möchte ein gewisses Repertoire zum Vorsprechen haben.«
»Ach so. Du weißt natürlich, daß ich mich selten in meinem Leben so erschreckt habe, als ich vor einigen Jahren entdeckte, was für ein außerordentlicher Schauspieler er ist. Es schien unvermeidlich, daß er zum Theater wollte.«
»Ich wünschte, ich hätte ihn da gesehen. Ist er wirklich so gut?«
»Hervorragend! Sein Fluidum, und wie er das Publikum bezwingt! Ich zweifelte nicht im geringsten daran, daß er großen Erfolg haben würde, und das eben war so erschreckend.«
»Das verstehe ich nicht. Warum bist du so dagegen? Es würde doch nicht bedeuten, daß er in einer Dachkammer verhungert.«
»Ach, mein Lieber, das ist eine so trübe Welt. Für die arme kleine Sapphire ist es gut und schön. Ich freue mich, daß sie ein Engagement bekommen hat. Aber Charlie hat so viele Gaben. Ich habe immer gewünscht, daß er sie nutzt, um sich ein wirklich lohnendes Leben zu schaffen.«
»Aber ich finde, daß, wenn er, wie du sagst, wirklich dafür so begabt ist, er Schauspieler werden müßte.«
Porzellan stieß klirrend auf Silber, als sie ihre Tasse hinsetzte. Es war ein gefährlicher Boden, den er schon einmal zu betreten gewagt hatte, und wieder spürte er ihre eisige Mißbilligung. »Rätst du ihm so etwas?« fragte sie mit nachsichtigem Lächeln.
»Ach, C. B.«, antwortete er mit gespielter Heiterkeit, »du weißt genau, er braucht keinen Rat von mir. Du kennst Charlie. Ihm fällt alles in den Schoß.«
»Willst du damit sagen, daß er immer noch daran denkt, zur Bühne zu gehen?«
»Natürlich nicht. Das würdest du genauso wissen wie ich. Er spricht mit dir immer über alles.«
»Ja, das stimmt. Wir haben immer miteinander über alles gesprochen, selbst als er noch ein kleines Kind war.«
Peters Lachen war jetzt echt. »Ich kann ihn mir klein überhaupt nicht vorstellen. Aber so ist es. Er würde nie etwas tun, ohne es vorher mit dir zu besprechen. Du bist der einzige Mensch, der einen wirklichen Einfluß auf ihn hat.«
»Ich hoffe, du hast recht, mein Liebling.«
Er spürte, daß Zweifel in ihr lauerten. In Gedanken an Charlie, und weil es ihn verlangte, den Boden ein wenig für ihn zu bereiten, wagte er hinzuzufügen: »Ja, bestimmt. Nur sollte sich ihm je eine Chance beim Theater bieten, dann, hoffe ich, wäre dir das nicht zu furchtbar.«
»Ich glaube, ich kann das besser beurteilen als du. Ich kenne die Welt.« Sie schob den Teetisch von sich weg. »Was du mir sagst, stimmt mich traurig. Ich hatte geglaubt, diese Gefahr sei ein für allemal abgewendet. Ich werde über das alles nachdenken müssen. Aber das eine wenigstens macht mich froh, daß du glaubst, wir hätten von Hattie nichts zu befürchten.«
»Absolut nichts. Anfangs war er vielleicht fasziniert von ihr, aber jetzt sind sie nur Freunde.«
»Gott sei Dank. Ich finde, sie paßt wirklich nicht zu ihm. Ich wünschte, ich könnte mich darauf verlassen, daß du mich warnen würdest, wenn diese Theatersache je wieder aufs Tapet käme. Aber das ist wohl unmöglich. Die männliche Solidarität. Du bist ein treuer Freund. In deinen Augen, möchte ich sagen, könnte Charlie nie etwas Verkehrtes tun.«
»Aber das denkst du doch auch?«
»Er hat Führung gebraucht, wie sie junge Leute immer brauchen. Vielleicht braucht er sie noch. Wir werden es sehen.«
Er mußte gehen, ehe es ihm ganz gelungen
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