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Ein Fall zu viel

Ein Fall zu viel

Titel: Ein Fall zu viel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irene Scharenberg
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Schritte. Kurz darauf tauchte er im Türrahmen auf.
    »Mensch, Tatjana, mir geht so vieles im Kopf herum«, erklärte er mit einem Blick auf ihren fast nackten Körper. »Ich muss wachsam sein, sonst hängen die mir noch was an.«
    Sie verzog die rot geschminkten Lippen zu einem Schmollmund und warf sich die Bettdecke über. »Dann eben nicht«, maulte sie. »Wenn dir andere Dinge einfach wichtiger sind als ich.«
    »Du verstehst das nicht«, seufzte er. »Natürlich habe ich Lust auf dich, aber ich darf jetzt keinerlei Fehler machen. Danach haben wir doch alle Zeit der Welt. Auf einen Schlag sind wir fast am Ziel unserer Träume. Wir haben uns, das Haus, und ich werde Christiane nie mehr einen Cent Unterhalt zahlen müssen.«
    Tatjana fischte sich eine Zigarette aus der Packung, die auf dem Nachtschränkchen lag, zündete sie mit unruhiger Hand an und inhalierte mehrmals tief. »Heißt dass, du steckst tatsächlich hinter dem Unfall? Wow. Das hätte ich dir wirklich nicht zugetraut.« Während sie in seiner nachdenklichen Miene zu lesen versuchte, blieb er stumm. Offensichtlich war Lukas unschlüssig, wie viel er ihr erzähle sollte. »Komm schon«, forderte sie ihn auf. Der Rauch quoll stoßweise aus ihrem halb geöffneten Mund. »Mir kannst du doch vertrauen.«
    Nach seinem Gesichtsausdruck zu urteilen hatte er sich noch nicht zu einem Entschluss durchgerungen, da klingelte im Wohnzimmer das Telefon. Lukas eilte in den Nebenraum und kehrte wenig später mit hochrotem Kopf zurück. »Das war die Polizei«, erklärte er mit veränderter Stimme. »Genauer gesagt dieser Pielkötter. Ich soll morgen zum Präsidium kommen.«
    Ruckartig setzte sie sich im Bett auf. »Aber da ist doch nichts dran, oder?«, fragte sie mit leicht hysterischem Unterton. »Ich habe ja nur einen kleinen Scherz gemacht. Zudem bist du während der Tatzeit bei mir gewesen.« Inzwischen klang ihre Stimme schrill. »Das kann ich jederzeit bestätigen.« Sie bemühte sich, ihn entschlossen anzuschauen. Aber in ihrer Miene lag der Ausdruck schrecklicher Befürchtungen.

26. Kapitel
    Mit einem flauen Gefühl in der Magengegend stand Pielkötter auf der Ankunftsebene am Düsseldorfer Flughafen und mischte sich unter die Wartenden. Einige hielten Rosen hoch, andere Luftballons. Pielkötter fand das reichlich übertrieben. Schließlich nahmen wohl die meisten der Leute hier ihre Angehörigen oder Freunde nach nur zwei- bis dreiwöchiger Abwesenheit in Empfang. Bei Marianne handelte es sich sogar nur um wenige Tage. Automatisch verstärkte sich der Druck in seinem Magen.
    Wie würde es weitergehen, wenn er seine Frau begrüßt hatte? Heute und überhaupt? Am liebsten wäre er jetzt mit dem Lift eine Etage nach oben in die Abflughalle gefahren, wäre zu einem der Schalter gegangen und hätte bei einer der dort ansässigen Gesellschaften den nächstmöglichen Flug in die Ferne gebucht. Den Aufschub der Aussprache durfte er sich jedoch nicht gestatten. Er hatte einen Fehler gemacht und dazu wollte er stehen, auch wenn er die leise Befürchtung hegte, dass dieser Fehler vielleicht nur einen Prozess beschleunigte, der ohnehin unaufhaltsam war.
    Plötzlich öffnete sich die Schiebetür, hinter der die Gepäckbänder lagen und ein Schwung braungebrannter Urlauber trat heraus. Automatisch meldete Pielkötters Magen Alarm, dabei war Marianne noch nicht unter ihnen. Er überlegte krampfhaft, wie er am besten vorgehen sollte. Erst einmal in Ruhe nach Hause fahren? Die Aussprache gar auf den nächsten Tag verschieben, wenn sie ausgeschlafen und die Strapazen der Reise hinter sich gelassen hätte? Durfte er sie wirklich schon heute mit seinem Fehltritt überfallen? Am besten, er würde die Sache einfach auf sich zukommen lassen, zumindest bis morgen Abend. Dann endete die Frist, die er sich selbst gesetzt hatte. Nach dieser Entscheidung fühlte er sich etwas wohler, soweit im Zusammenhang mit seinem momentanen Gemütszustand das Wort »wohl« überhaupt angezeigt war.
    Wieder quoll ihm eine ganze Traube von Menschen entgegen. Marianne gehörte wieder nicht dazu, obwohl ihre Maschine laut Monitor schon seit einer halben Stunde gelandet war. Als die Schiebetüren erneut auseinanderglitten, verdrehte Pielkötter den Kopf, um einen Blick auf das nächste Gepäckband zu erhaschen, aber dieses Band war bereits leer. Warum musste man jetzt zu allem Übel auch noch seine Geduld auf eine harte Probe stellen?
    Plötzlich tippte jemand von hinten auf seine rechte Schulter.

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