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Ein Fall zu viel

Ein Fall zu viel

Titel: Ein Fall zu viel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irene Scharenberg
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Unwillkürlich fiel ihm der Spruch seines verstorbenen Schwiegervaters ein: »Wer Sorgen hat, hat auch Likör.«

27. Kapitel
    Wie schon öfter saß Pielkötter hinter seinem Schreibtisch im Präsidium, als hätte er die letzte Nacht durchgefeiert. Leider konnte von Feiern keine Rede sein. Dem Wodka, dem er reichlich zugesprochen hatte, war es nicht gelungen, die immer gleichen trüben Gedanken aus seinem Kopf zu vertreiben. Offensichtlich war es immer noch nicht genug gewesen, aber mehr hatte er nicht riskieren dürfen, wenn er nicht mit Restalkohol im Blut zur Arbeit fahren wollte. Er hatte an Marianne gedacht, sich ein Leben ohne sie vorzustellen, war ihm nicht möglich gewesen. Aber ein Leben mit ihr? Er hatte auch an seinen Vater gedacht, an seine Eltern. Wie hatten sie es geschafft, zusammen alt zu werden? Zufrieden bis zum heutigen Tag. Er mochte sich kaum ausmalen, was der Tod seines Vaters für seine Mutter bedeuten würde, wo sie jetzt schon fürchterlich darunter litt, dass keine Besserung seines Zustandes eintreten wollte.

    Vor ihm auf dem Schreibtisch lagen die Akten über die Fälle Erwin Lützow und Christiane Altenkämper. Pielkötter stöhnte. Warum schüttete niemand alle Fakten in einen Sack, und er fischte die passenden Teilchen heraus, bis sie sich zu einem fertigen Puzzle ergänzten. Immerhin gab es Hinweise auf ein Verbrechen, ebenso wie auf ein Motiv. Leider nur über zwei Fälle verteilt. Vielleicht lag Barnowski ausnahmsweise richtig, und es war das Beste, zumindest Lützows Sturz als sonderbaren Unfall abzuhaken. Schließlich hatte der Mann laut Obduktionsbericht zum Zeitpunkt seines Todes 1,2 Promille im Blut. Christiane Altenkämper hatte zuvor ebenfalls Alkohol getrunken, wenn auch nicht ganz so viel.
    Der Gedanke, irgendetwas sehr Wichtiges übersehen zu haben, überfiel Pielkötter. In seinem Hinterkopf geisterte schon länger ein Detail herum, von dem er annahm, es könne ihm weiterhelfen. Ärgerlich nur, dass er dies nicht richtig fassen konnte. Bei dem privaten Stress war das wahrscheinlich auch kein Wunder. Es wurde wirklich Zeit, dass er die Beziehung zu Marianne wie zu Katharina Gerhardt klärte. Die Arbeit erforderte seine volle Konzentration. Und dazu noch die Sorge um seinen Vater.
    Pielkötter rollte seinen Stuhl vom Schreibtisch zurück. Seufzend öffnete er die unterste Schublade und kramte darin herum. Sofern ihn sein Gedächtnis nicht ganz verließ, lagen hier irgendwo Kopfschmerztabletten herum. Anscheinend funktionieren doch noch einige graue Zellen, überlegte er, als er die Packung endlich in den Händen hielt. Bei dem Blick auf das leicht überschrittene Mindesthaltbarkeitsdatum verzog er kaum merklich das Gesicht. Ob die läppischen vier Monate wirklich etwas ausmachten, würde sich in der nächsten halben Stunde zeigen. Missmutig drückte er zwei Tabletten aus der Packung und lief zu einer kleinen Anrichte, auf der eine Flasche Wasser stand. Er goss sich etwas davon in ein Glas und spülte die bitteren Pillen damit hinunter. Wenn er Glück hatte, setzte die Wirkung ein, noch ehe die nächste Schwierigkeit in Sichtweite kam. Warum gab es eigentlich keine Medizin gegen verletzte Gefühle, gegen Trauer, gegen Angst vor schmerzlichem Verlust? Schluss jetzt mit den Sentimentalitäten, ermahnte er sich. Zudem gab es solche Medikamente, nur leider mit erheblichen Nebenwirkungen.
    Plötzlich wurde die Tür aufgerissen und Kommissar Bernhard Barnowski schneite herein. »Ich freue mich richtig auf das Gesicht von Lukas Altenkämper«, erklärte er mit einem breiten Grinsen. »Schätze, der wird ganz schön dumm aus der Wäsche gucken, wenn wir ihm den Hilferuf unterjubeln. Der Typ hat eine großkotzige Art drauf, die mich super nervt.«
    Dir wird die Freude noch vergehen, dachte Pielkötter etwas gehässig. Dabei konnte Barnowski heute nichts für seine schlechte Laune. »Möchten Sie auch einen Kaffee?«, fragte er deshalb. »Bedienen Sie sich, ein Becher ist mindestens noch in der Kanne.«
    Barnowski nickte und holte sich eine Tasse. »Unpünktlich ist der auch noch«, fuhr sein Mitarbeiter fort, nachdem er sich vor Pielkötters Schreibtisch niedergelassen hatte. »Als ob wir sonst nichts zu tun hätten.«
    Pielkötter musterte ihn. Seltsam, heute redete Barnowski fast wie er selbst.
    Unüberhörbares Klopfen verscheuchte diesen Gedanken aus seinem Kopf. Nach einem kurzen »Herein« betrat Lukas Altenkämper mit einem perfekt sitzenden Anzug das Büro. »Boss«, murmelte

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