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Ein Fall zu viel

Ein Fall zu viel

Titel: Ein Fall zu viel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irene Scharenberg
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Verwundert drehte er sich um und starrte direkt in Mariannes Gesicht. »Du hast am falschen Ausgang gewartet«, bemerkte sie. »Unser Gepäckband wurde kurzfristig geändert.«
    Bei der Berührung war Pielkötter automatisch leicht zusammengezuckt. Auch nach ihrer Erklärung hatte er sich immer noch nicht so recht wieder gefangen.
    »Wie? Also, wie war der Flug?«, fragte er unbeholfen.
    Marianne sah ihn mit einem seltsamen Blick von der Seite an, als könnte sie tatsächlich alles lesen, was er mühsam hinter seiner Stirn zu verbergen versuchte.
    »In Wirklichkeit willst du das doch gar nicht wissen«, erwiderte sie. »Dich beschäftigen ganz andere Dinge. Das sehe ich dir an der Nasenspitze an.«
    Nach über dreißig Jahren Ehe macht man dem Partner kaum etwas vor, schoss es durch Pielkötters Kopf und erzeugte unwillkürlich einen Hauch von Wehmut.
    »Du hast Recht«, gab er zu. »aber das müssen wir nicht hier in der Wartehalle besprechen.«
    Mit einem Seufzer nahm er Marianne den Koffer ab und ging vor ihr her zum Parkhaus. Während er am Kassenautomaten bezahlte, sah sie ihn erneut merkwürdig von der Seite an. Schweigend liefen sie zum Wagen.

    »Was ist los?«, fragte sie, als sie das Flughafengelände verlassen hatten und in Richtung Autobahn fuhren.
    »Noch etwas Geduld«, antwortete er mit fester Stimme. »Ich muss mich erst auf den Verkehr konzentrieren. Erzähle mir inzwischen von Mailand.«
    »Als ob dich das wirklich interessieren würde.«
    »Dann schweigen wir uns eben an«, erklärte Pielkötter mit mühsam unterdrückter Wut. An seinem Hals trat eine rote Ader hervor.
    Marianne wandte den Kopf zur Seite und starrte eine Weile demonstrativ aus dem Fenster, als wären die Wagen, die er gerade überholte, ungeheuer interessant. Unwillkürlich drückte er das Gaspedal weiter durch, als wolle er dadurch der unangenehmen Situation so schnell wie möglich entkommen.
    Kaum eine halbe Stunde später hielt er vor ihrem Reihenhaus in Duisburg-Walsum. Pielkötter stieg aus und holte das Gepäck aus dem Kofferraum. Inzwischen hatte Marianne die Tür aufgeschlossen, und er stellte ihren Koffer in der Diele ab. Als er im Wohnzimmer fast mit ihr zusammenprallte, zuckte er automatisch zurück.
    »Was ist mit uns los?«, fragte sie. Zum ersten Mal registrierte er einen Anflug von Angst in ihrer Stimme.
    »Setz dich zuerst«, erklärte er.
    Ihre großen dunklen Augen weiteten sich, dann nahm sie auf dem dreisitzigen schwarzen Ledersofa Platz.
    »Ich will nichts beschönigen«, kam er ohne weitere Umschweife zum Kern der Sache. »Während deiner Abwesenheit habe ich dich betrogen.«
    »Du hast was?«, fragte sie ungläubig und fuhr sich mehrmals durch das Haar, als wüsste sie nicht wohin mit den Händen. »Betrogen?« Sie hüstelte. Oder war das eine Art ironisches Lachen? »Gerade jetzt? Nein, das kann nicht sein. Wochenlang haben wir nicht miteinander geschlafen, und ich habe bestimmt genauso darunter gelitten wie du. Und dann verbringen wir die heißeste Nacht seit Langem, und anschließend betrügst du mich.« Inzwischen überschlug sich ihre Stimme.
    Pielkötter dagegen blieb stumm. Er hörte sich ihren kurzen Monolog an, stand immer noch wie angewurzelt neben dem Sofatisch. Sie hatte ja Recht, nur gab es eben auch die andere Seite. Höchstwahrscheinlich hätte er die Nacht nicht bei Katharina Gerhardt verbracht, hätte Marianne ihn nicht so brutal angelogen.
    »Ich will nichts beschönigen«, erklärte er. »Aber hast du eine einzige Sekunde darüber nachgedacht, wie mir zumute ist, wenn ich erfahre, dass die Krankheit deiner Chefin eine platte Lüge ist? Dass der Flug seit Wochen auf deinen Namen gebucht war, ohne dass ich das Geringste davon gewusst habe?« Falls er sich nicht täuschte, war sie bei seinen Worten leicht zusammengezuckt. »Ich habe mich einfach total hintergangen gefühlt. Das trifft mich vor allem als Mensch und Ehemann, aber vielleicht auch ein bisschen als Kommissar.«
    »Super«, höhnte sie. »Dass du dich selbst in dieser Situation hinter deinem Beruf verstecken musst.«
    »Und du pickst dir immer nur das heraus, was dir in den Kram passt«, entgegnete er wütend. »Oder habe ich in diesem Fall etwa nicht zuerst den Menschen und dann den Kommissar erwähnt?«
    »Erwartest du wirklich, dass ich deine Worte genau analysiere, nachdem du mir einen Ehebruch gestanden hast? Erwartest du das wirklich?«
    »Es tut mir sehr leid, wie weh ich dir damit getan habe. Trotzdem musst du mir erlauben,

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