Ein falscher Traum von Liebe: Der lange Weg aus der Hölle meiner Kindheit (German Edition)
dass ich mächtig viel geraucht hatte.
Britta und Karin rissen mir das Teststäbchen noch im Bad aus der Hand und rannten aufgeregt durch das Zimmer.
Halb angezogen saß ich auf der Bettkante und wartete ab. »Was denn nun?«
»Ist noch nicht so weit.« Die beiden grinsten. »Könnte ja sein, dass sich die Farbe noch ändert. Man soll zehn Minuten warten, steht hier auf der Packung.« Beide kicherten.
Mir langte es. »Jetzt macht doch nicht so ein Theater!«, herrschte ich die beiden an.
»Okay ... Alles klar bei dir?« Britta genoss es sichtlich, mich hinzuhalten.
»Mach schon«, knurrte ich ungehalten.
»Du bist schwanger.« Britta und Karin lachten und strahlten mich an. Beide umarmten mich. Sie tanzten vor Freude durch den Raum und waren nicht mehr zu bremsen. Ich saß auf dem Bett und starrte auf das Teststäbchen. Ich? Schwanger? Das war der Hammer! Das war wunderbar und genau zum richtigen Zeitpunkt.
»Felix wird sich nicht freuen, da bin ich mir sicher.« Ich ließ plötzlich die Schultern hängen.
»So ein Blödsinn!« Karin wetterte dagegen. »Natürlich wird er sich freuen! Was will er denn? Ihr seid verheiratet, du bist mit der Ausbildung fertig, wo also gibtʼs da ein Problem? Mach dir keine Sorgen! Er wird sich ganz bestimmt freuen.«
»Ja, klar freue ich mich.« Felix sagte es zwar am Telefon, aber so richtig hören konnte ich es nicht. »Ich bin bloß überrascht.« Ja, das war ich auch. Meine Gedanken schweiften ab ins Praktische. In unserer Wohnung war für ein Kind kein Platz. Wir hatten Wohnzimmer, Schlafzimmer, Küche und Bad. Kinderzimmer? Fehlanzeige. Nun gut. Das ließe sich ändern. Solche Erkenntnisse stellten für mich wahrlich kein Problem dar.
Ein turbulentes Jahr nahm seinen Lauf, und die Monate verflogen. Ich war zwar schwanger, aber da dieser Umstand nicht groß gefeiert wurde, machte ich weiter wie bisher.
Felix und ich hatten beschlossen, die kirchliche Trauung Ende Mai nachzuholen. Diesbezüglich herrschte endlich einmal Einigkeit bei uns. Selbst die Diskussion hinsichtlich unserer Hochzeitsreise verlief relativ harmonisch. Ich hatte Dubai vorgeschlagen, weil die Emirate medizinisch bestens ausgerüstet waren und wir dort eine Schönwettergarantie hatten. Außerdem kannte ich die Emirate aus meiner Lufthansa-Zeit und wollte unbedingt wieder im Jebel-Ali, einem Hotel zwischen Abu Dhabi und Dubai, unterkommen. Wir buchten die Reise, und direkt nach der Hochzeit sollte es losgehen. Meine Schwiegereltern organisierten den größten Teil der Feierlichkeit. Ich suchte das Menü mit aus, kümmerte mich um die Einladungskarten und ging mit Silke mein Brautkleid kaufen. Es war ein wundervolles champagnerfarbenes Kleid aus Satin, in der Taille schmal geschnitten und am Dekolleté zur Korsage gearbeitet. Schulterfrei und mit meinen großen Brüsten prall gefüllt sah das Kleid wirklich hinreißend aus.
Als modisches i-Tüpfelchen hatte ich mir einen riesigen Hut ausgesucht und lange champagnerfarbene Seidenhandschuhe. Ich war mir nicht sicher, ob Felix dieser Stil zusagen würde, glaubte aber fest daran. Außerdem gefiel ich mir mit Hut richtig gut.
Eines Tages, ich war im dritten Monat schwanger, schleppte ich vier volle Einkaufstüten, zwei an jeder Hand, zum Auto. Plötzlich knickten mir die Beine weg. Es war ein beängstigendes Gefühl. Ein Gefühl, als hätte mir jemand von jetzt auf gleich die Beine weggetreten. Äpfel und Joghurtbecher kullerten auf die Straße, und ich war unfähig, aufzustehen. Passanten halfen mir wieder auf die Beine, trugen meine Einkaufstüten zum Auto und stützten mich bei meinen unglücklich aussehenden Gehversuchen. Es war wie verhext. Meine Beine gehorchten einfach nicht mehr.
Ich schaffte es später aber irgendwie, allein nach Hause zu fahren. Die Tüten blieben im Auto, und ich kroch auf allen vieren in die Wohnung.
Ich rief Felix an.
»Und nun?«, fragte er unbeholfen.
»Das frag ich dich! Du bist ja lustig!«
Ich beendete das Gespräch und analysierte meine Situation. Die war ungünstig, keine Frage. Weder schaffte ich den Weg allein zur Toilette, noch hätte ich mir ein Brot schmieren können. Wer weiß, wie lange dieser Zustand andauern würde? Was war überhaupt los mit mir? Es musste aus dem Lendenwirbelbereich kommen, das spürte ich deutlich. Felix würde sich weder für mich krankmelden noch Urlaub nehmen. Das Spielchen kannte ich zur Genüge. Ein rühriger Pfleger war er noch nie gewesen. Höchstens ein rühriger Besucher.
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