Ein falscher Traum von Liebe: Der lange Weg aus der Hölle meiner Kindheit (German Edition)
Flughafen, und die beiden verabschiedeten sich herzlichst von mir.
»Denken Sie nach, Frau Birkhoff. Und wenn Sie Capriola verkaufen möchten, dann rufen Sie uns bitte sofort an. Wir bezahlen unverzüglich und lassen das Pferd dann von einer Spedition abholen. Melden Sie sich, ja?«
Ich nickte stumm. Schon wieder diese Tränen.
Spät am Abend erzählte ich Felix von den Leuten.
»Boaaaaah«, sagte Felix. »Das ist ja ein Hammer! So viel Geld wollen die bezahlen? Wenn ich du wäre, würde ich den Gaul gar nicht mehr reiten! Stell dir vor, dem passiert noch irgendetwas? Oh Gott! An den darf nichts drankommen! Da steht jetzt ein Vermögen in der Box.«
Für Felix war der Fall bereits erledigt. Die Frage, OB ich Capriola überhaupt verkaufen wollte, kam ihm gar nicht in den Sinn. Für mich stand nicht erst seit heute »ein Vermögen« in der Box. Für mich war dieses Tier schon immer wertvoll gewesen, und natürlich würde ich Capriola auch jetzt täglich weiter reiten.
Mein Schwiegervater blies am nächsten Tag ins gleiche Horn. »Mensch, Mädchen! Jetzt hör auf zu heulen! Denk mal an das viele Geld. Da kannst du dir ein neues Pferd kaufen und legst den Rest auf die hohe Kante. Da muss man doch nicht heulen.«
Machte drei Leute dafür und zwei dagegen. Da haben wir wohl verloren, Gerdchen, dachte ich innerlich.
Mein Umfeld machte mich so verrückt, dass ich schon selbst Angst bekam, Capriola könne sich noch im letzten Moment das Bein brechen. Ich schrieb dem Baron und seiner Frau einen Brief. Ich wollte nicht anrufen. Ich wollte die Zeit des Postweges für mich nutzen.
»Ja«, so war der Tenor, »ja«, ich würde ihnen das Pferd verkaufen, aber nur, weil ich wusste, dass er in beste Hände kam.
Ich hatte erwartet, dass sowohl Felix als auch mein Schwiegervater nun ein neues Pferd für mich suchen würden. Sie wussten, dass ich bald über ein hübsches Sümmchen Geld verfügte und dass es getrost ein Pferd der besseren Sorte sein konnte. Das Geld dafür hatte ich ja nun bald. Ich dachte, wenn ich als eine Birkhoff im Turniersport Fuß fassen wollte, würde die Unterstützung seitens der beiden Männer groß sein. Sie hatten Erfahrung in diesem Metier, die ich nicht hatte. Und ich hatte auch gedacht, dass es im Interesse meines Schwiegervaters als Turnierrichter und meines Mannes als etablierter Sportler war, dass ich bestens ausgerüstet den Start in die neue Materie wagte. Es sollte ein hübsches Pferd sein, ein vermögendes Pferd, ein besonderes Pferd. Ich hieß Birkhoff und nicht Lieschen Müller. Wenn der Name Birkhoff über die Lautsprecheranlage ertönen würde, dann würden so einige Leute interessiert und gespannt darauf warten, was das neue Mitglied der Birkhoff-Familie auf dem Dressurviereck präsentierte. Ich wollte im nachtblauen Jackett mit Goldbiese starten. Das fand ich hochelegant.
Ich wartete und wartete. Ein Mädchen aus dem Stall suchte derzeit auch ein Pferd. Meine Schwiegereltern fuhren mit den Eltern des Mädchens und der Siebzehnjährigen ständig durch die Weltgeschichte, um sich Pferde anzuschauen. Mein Schwiegervater wurde es nicht leid, in den Fachzeitschriften nach den passenden Annoncen zu suchen. Überall in den Zeitschriften waren Kreuzchen. Nicht ein einziges Kreuzchen war für mich. Für mich fuhr man nicht »über Land«. Für mich suchte niemand.
Am Tag, als Capriola abgeholt wurde, brach eine Welt für mich zusammen. Capriola machte ein Riesenspektakel und wollte partout nicht in den Pferdeanhänger einsteigen. Er stieg und benahm sich völlig daneben. Ständig wieherte er und riss am Strick. Ich wusste, dass mein Kumpel genau spürte, was wir mit ihm vorhatten. Meine Gedanken wurden von Felix und seinem Vater als völliger Blödsinn abgetan. Ich wusste es besser. Die leere Box war ein unerträglicher Anblick für mich. Wieder entbrannte zwischen Felix und mir ein heftiger Streit. Ich machte ihm wieder Vorwürfe. In meinen Augen hatte er mich wieder einmal im Stich gelassen. Ich empfand ihn als Egozentriker und schrie ihn an, dass der Preis, den ich für Gemeinsamkeit zu zahlen bereit gewesen war, ein viel zu hoher Preis war. Ich schrie ihn mit meiner ganzen Verzweiflung und Ohnmacht an.
»Würdest DU dein Pferd verkaufen, nur um mit mir gemeinsam das Hobby zu teilen? Würdest du das?«
Ich schimpfte und fluchte und ärgerte mich mehr über mich selbst denn über meinen Mann. An meinem Schwiegervater ließ ich kein gutes Haar.
»Das ist doch unmööööglich! Ständig
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