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Ein falscher Traum von Liebe: Der lange Weg aus der Hölle meiner Kindheit (German Edition)

Ein falscher Traum von Liebe: Der lange Weg aus der Hölle meiner Kindheit (German Edition)

Titel: Ein falscher Traum von Liebe: Der lange Weg aus der Hölle meiner Kindheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Birkhoff
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können sich dann ihrerseits anhören, was man da so vom Stapel lässt, und danach auch eine Nachricht hinterlassen. Oder auflegen ... Das Schöne daran ist, dass die Zeitung über die Telefonkosten steinreich wird. Ich fand es ungeheuerlich spannend, WAS die Männer alles so erzählten, WIE sie es erzählten und was für eine Stimme sie hatten. Eine Stimme kann unglaublich sympathisch sein, aber auch unheimlich abstoßen. Während meiner Frankfurter Zeit hatte ich oft die Erfahrung gemacht, dass Männer mit einer attraktiven Telefonstimme leider oft nur unscheinbare Typen waren. Ich war gespannt, was ich »live und in Farbe« alles entdecken würde, und traf mich mit allen, die ich übers Telefon sympathisch fand. Ich wollte die Männerwelt erforschen, mal sehen, wie die Marktlage war, und den eigenen Marktwert abchecken. Felix hatte ich wohlweislich nichts erzählt. Mir lag es fern, ihn zu verletzen oder zu demütigen. Dafür mochten wir uns zu sehr.
    Was soll ich Ihnen sagen? Mein persönliches Resümee ist bis heute, dass Männer entweder über die Gabe der völligen Fehleinschätzung verfügen oder aber das Attribut »attraktiv« sehr frei interpretieren. Es war wirklich unglaublich, was sich da präsentierte. Quasimodos. Und nicht einer. Nein, nein. Viele Quasimodos, die sich als »tageslichttauglich«, »vorzeigbar«, »attraktiv« und »präsentable Erscheinungen« verkauften. Bei dem siebten und letzten »Mann im passenden Alter«, der greisenhaft und vor Gram und Senilität gebeugt auf einem Parkplatz am Münsteraner Schloss vor seiner »Großraum-Limousine«, einem schrottreifen Opel Senator, auf mich wartete, bin ich gar nicht mehr ausgestiegen. Ich betrachtete ihn nur völlig entsetzt aus dem Autofenster und fuhr einfach an ihm vorbei, zurück auf die Autobahn nach Ruhrstadt. Dieser Mann war wirklich die Nummer eins auf meiner Hitliste der Top fünf. Ich gab nicht auf. Nicht ich, Christine Birkhoff. Kaum zu Hause hörte ich wieder in die Sprachaufzeichnungen hinein und kippte plötzlich fast vom Küchenstuhl.
    »Hallo. Ich heiße Felix, bin vierunddreißig Jahre alt und ein schneidiges Kerlchen. Ich entspreche voll und ganz Ihren Anforderungen. Ich bin sehr humorvoll, sehr geistreich, liebe Pferde und Hunde und glaube, dass ich Ihr Leben bereichern kann. Ihre Nachricht hat mir sehr gut gefallen, weil Sie sich als temperamentvoll und witzig beschreiben. Gern würde ich mit Ihnen gemeinsam lachen und schlage Ihnen daher vor, mit mir essen zu gehen. Ich freue mich auf Ihren Rückruf unter ... «
    Ich war beeindruckt. Echt beeindruckt. DAS war souverän! Hut ab! Chapeau! Tiefe Verbeugung! Felix! Mein Felix! Ich lachte. Ich lachte und lachte und lachte. DER Mann war gut.
    DER war richtig gut. Ich beschloss, mich darauf einzulassen. Mich auf meinen Immer-noch-Ehemann einzulassen. Es einfach zu wagen und ihm einfach diese Chance zu lassen. Und Felix spielte mit. Schlug ein Treffen vor, brachte Mia zu seinen Eltern, holte mich galant ab und führte mich in ein Restaurant. Dasselbe Restaurant, in dem wir bei unserem ersten Date Spargel geschlemmt hatten. Und wieder vergnügten wir uns köstlich. Es war ein wunderschöner Abend mit Felix. Wir ließen uns Zeit. Sehr viel Zeit für Annäherung. Ein sehr schönes und zugleich wichtiges Erlebnis rührte uns beide, und wir sind dankbar, dass wir es gemeinsam erleben durften. Es schweißte uns noch ein Stückchen zusammen und ließ wieder einen Schritt mehr einander verstehen:
    Der Baron hatte mich eines Abends angerufen. Ihm und seiner Frau ging es gesundheitlich leider gar nicht gut. Er bat uns, ihn in der Schweiz zu besuchen, und wollte etwas Wichtiges besprechen. Ich war ungeheuer aufgeregt, nach nunmehr fünf Jahren meinen Capriola zu sehen. Mit meiner Aufregung steckte ich Felix an, und die ganze Fahrt über sprachen wir über nichts anderes. In den Zeiten meiner Depressionen hatte ich um dieses Tier oft geweint und ihm jeden Tag hinterhergetrauert. Gerd hatte Recht behalten mit seiner Befürchtung. Ich bedauere es heute noch, meinen alten Kumpel verkauft zu haben. Wir übernachteten in einem wunderschönen Chalet mit einem traumhaften Ausblick auf die Berge. Schön war es hier. Richtig schön. Nach dem Frühstück war ich nicht mehr zu bremsen. Als wir das Anwesen erreicht hatten, sahen wir den Baron am Tor stehen. Man sah ihm an, dass Krankheiten an ihm gezehrt hatten. Ich dachte im ersten Moment der Begegnung, dass dieser Verkauf keiner Seite wirklich gutgetan

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