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Ein feiner dunkler Riss - Lansdale, J: Ein feiner dunkler Riss

Ein feiner dunkler Riss - Lansdale, J: Ein feiner dunkler Riss

Titel: Ein feiner dunkler Riss - Lansdale, J: Ein feiner dunkler Riss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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RC-Cola.
    »Bist mir auf den Leim gegangen, was?«
    »Ja, Sir.«
    Aber ich roch seine Alkoholfahne, und ich wusste, dass er sich einen genehmigt hatte, bevor er hergekommen war.
    »Ich mach bloß Spaß. Sollst ja nicht denken, dass ich bei der Arbeit trinke. Deinem Daddy würde das bestimmt nicht gefallen, und ich will mir nicht einen neuen Job suchen müssen und nachher in dieser Hitze Kies schaufeln oder so. – Wie ist das Buch? Ist doch das, wo Tarzan diese Dinosaurier findet und die Menschen mit den Schwänzen drin vorkommen, oder?«
    »Sie haben es ja gelesen!«
    »Du glaubst wohl, Nigger können nicht lesen?«
    »Das hab ich nicht gesagt.«
    Buster lachte.
    »Hab den Teller neben deinem Stuhl gesehen. Hast du hier draußen gegessen?«
    »Mittagessen. Rosy Mae hat’s mir rausgebracht.«
    »Dieses fette alte Niggerweib?«
    Da ich nicht wusste, was ich dazu sagen sollte, schwieg ich. Ich hatte mich noch nie mit Buster unterhalten, und irgendwie benahm er sich seltsam. Normalerweise war er mürrisch und schlecht gelaunt und kniff die Augenbrauen fest zusammen. Aber vermutlich hatte er sich heute bereits zu Hause so viel hinter die Binde gekippt, dass er jetzt gute Laune hatte.
    Daddy wusste, dass er trank, doch bisher hatte das Busters Arbeit nicht beeinträchtigt, und daher war es kein Problem.
    »Wusstest du, dass ich heute Geburtstag hab?«, fragte er.
    »Nein, Sir.«
    »Tja, hab ich aber. Weißt du, wie alt ich geworden bin?«
    »Nein, Sir.«
    »Rate mal.«
    »Vierzig?«
    Er lachte. »Willst du mir Honig um den Bart schmieren, Kleiner? Die Vierzig hab ich schon längst hinter mir. Versuch’s mal mit einundsiebzig.«
    »Versuch’s mal mit achtundsiebzig, wenn das reicht«, brummte Rosy Mae.
    Sie brachte mir ein Glas Limonade aus dem Haus. Trotz ihres Umfangs bewegte sie sich lautlos wie ein Indianer, wenn sie wollte. Ich hatte nicht einmal den Schotter knirschen hören.
    »Du hast doch keine Ahnung, Weib.«
    »Ich weiß Bescheid über dich. Die Siebzig hast du schon seit mindestens acht oder neun Jahren hinter dir.«
    »Na ja, aber ich seh doch wohl nicht aus wie siebzig!«
    »Nee, eher wie hundertfünfundvierzig, wenn du mich fragst.«
    »Ach, zurück ins Haus mit dir. Ich und der junge Mann hier, wir unterhalten uns gerade. Das geht dich nix an. Warum brätst du keine Hühner oder so? Könnte selber ein Hühnchen vertragen. Hab nix weiter als bloß ein Schinkensandwich in meiner Tüte.«
    »Und ungefähr ’n Viertelliter Whiskey im Magen. In der Flasche da is doch bloß die Hälfte Cola, der Rest is Schwindel.«
    »Ich hab dem Jungen ja grade gesagt, dass er die Finger vom Alkohol lassen soll, stimmt’s, Kleiner? Und er hat gesehn, wie ich die Flasche frisch aufgemacht hab. War doch so, oder?«
    »Ja, Sir.«
    »Komm doch mit ins Haus, Mister Stanley. Da warten ’n paar frisch gebackene Kekse auf dich. Ich trag dir auch die Limonade rein. Musst dich nich hier draußen von diesem alten Knacker belämmern lassen.«
    »Ja, Ma’am. Alles Gute zum Geburtstag, Sir.«
    »Alles gut heute, ja, darauf kannst du einen lassen! Alles, alles, alles richtig gut.«
    Ich schob das Tarzan-Buch in meine Gesäßtasche und fing an, mit den Krücken zum Haus zu humpeln. Rosy Mae folgte mir, und Nub bildete das Schlusslicht.
    Auf unserem Weg über den Parkplatz rief Buster Rosy hinterher: »Dein Arsch sieht aus wie zwei eingeölte Ferkel, die sich in ’nem Jutesack aneinander reiben, Weib. Aber nur dass du’s weißt, ich hab nix gegen Ferkel.«
    »Wenigstens sind’s fröhliche Ferkel«, gab sie zurück. »An dir is gar nix fröhlich.«
    »Wenn die so fröhlich sind, warum holst du sie nicht raus aus dem Sack, damit sie rumlaufen und uns ein bisschen zuzwinkern können?«
    »Diese Ferkelchen wirst du nie zu sehen kriegen, du alter Trottel.«
     
    Drinnen am Tisch fragte ich: »Ist er wirklich schon über siebzig?«
    »Der war schon hier, lange bevor ich auf die Welt gekommen bin. Sogar schon wie meine Mama ’n kleines Mädchen war. Aber er hat recht, ansehn tut man’s ihm nich. Einglich sieht er sogar ziemlich gut aus. Mit den weißen Kräusellocken und so.«
    »Seine Locken sind schwarz, Rosy Mae.«
    »Nee, die sind weiß, und es sieht besser aus, wenn er sie weiß lässt, so wie früher. Jetzt schmiert er sich Schuhwichse rein.«
    »Schuhwichse?«
    »Genau. Wenn man nah genug an ihm dransteht, riecht man’s. Mit weißen Haaren sieht er richtig klug aus. Und er is auch klug, nich so wie ich.«
    »Du bist nicht dumm,

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