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Ein feiner dunkler Riss - Lansdale, J: Ein feiner dunkler Riss

Ein feiner dunkler Riss - Lansdale, J: Ein feiner dunkler Riss

Titel: Ein feiner dunkler Riss - Lansdale, J: Ein feiner dunkler Riss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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Frau hatten sie sich auf die gleiche Art verewigt wie auf Robert E. Lees Auge.
    Die Krähen spähten zu uns herab, als wären wir vielleicht etwas zu essen. Ich lehnte mein Fahrrad gegen die Veranda. Buster kramte einen Schlüssel hervor, öffnete das Fliegengitter und schloss die Tür auf.
    »Willkommen im Reich des Niggers«, sagte er.
    Drinnen war es dunkel und roch nach muffigem Papier. Als Buster die schummrige Deckenlampe einschaltete, begriff ich, dass der Geruch von den ganzen Wandregalen herrührte, die sich unter Büchern und Zeitschriften bogen.
    An einer anderen Wand standen ein Schrank und ein kleiner Tisch mit einer Kochplatte, Geschirr und Besteck. Die Mitte des Raumes nahm ein großer Holztisch mit Stühlen ein. Neben einem Bücherregal stand ein schmales Bett. In einer Ecke sah ich einen Heizofen, der aus einem Ölfass gebaut war. Ein krummes Rohr ragte heraus und führte zur Decke. Neben dem Ofen lag ein Stapel Holzscheite. Der Winter konnte kommen.
    »Haben Sie alle diese Bücher gelesen?«
    »Was ist das denn für eine Frage, Junge? Natürlich. Liest du gern?«
    »Ja, Sir.«
    »Hast du so viele Bücher?«
    »Nein, Sir.«
    »Tja, mit der Zeit kriegst du auch eine Sammlung Bücher zusammen. Lies sie, oder versuch’s zumindest. Ich würd dir ja Kuchen anbieten, aber ich hab keinen.«
    »Das macht nichts.«
    »Ich hab Kaffee.«
    »Ich trink eigentlich keinen Kaffee.«
    »Ich eigentlich auch nicht. Außer morgens, mittags und abends. Aber ich hab eine lauwarme RC, wenn du die willst.«
    »Ja, gern. Danke.«
    Buster stellte den Karton auf den Tisch, gab mir die Cola und ließ Kaffee durchlaufen. Dann setzte er sich an den Tisch und holte mehrere zusammengefaltete Zeitungen und ausgeschnittene Artikel aus der Kiste.
    »Setz dich, Junge. Nimm dir einen Stuhl.«
    Ich folgte seiner Aufforderung. »Was ist das alles?«, fragte ich.
    »Ich hab dir ja erzählt, dass Jukes als Hausmeister bei der Zeitung arbeitet, und auch in der Polizeiwache und in der Highschool. Bei der Polizei ist er nur am Wochenende. In der Schule gibt’s während der Ferien für ihn nix zu tun, und nach dem Sommer erledigt sein Trupp die Arbeit für ihn. Der alte Jukes macht’s richtig.«
    »Wozu brauchen wir denn diese Zeitungsausschnitte?«
    »Junge, du denkst nicht mit ... und hör auf, aus dem Fenster zu starren. Das Mädel auf der Werbetafel zeigt dir ihre Möpse nicht, egal wie lang du draufstarrst. Die ist nur aus Pappe.«
    Ich wurde rot. Buster fügte hinzu: »Nimm’s mir nicht übel. Ich mach nur Spaß. Ein Mann muss Spaß verstehen, damit er sich selber nicht allzu ernst nimmt. Und er muss wissen, dass es schon in Ordnung ist, an Möpse zu denken. Wenn du das nicht begreifst, dann bist du das Holz nicht wert, in dem du mal begraben wirst. Wenn einer zu viel an Möpse denkt, verschwendet er seine Zeit; wenn einer gar nie an Möpse denkt, dann leidet er unter Blutarmut oder so. Merk dir das.«
    »Ja, Sir.«
    »Eins der Dinge, die du auch lieber nicht allzu ernst nimmst, das sind die Frauen, die du nicht haben kannst, denn davon gibt’s reichlich. Jetzt denk mal nach. Wozu könnten wir Zeitungsausschnitte gebrauchen, die schon so viele Jahre alt sind?«
    »Vielleicht, um etwas über den Mord zu erfahren?«
    »Genau. Jetzt kommt dein Gehirn langsam in die Gänge. Aber wir haben hier Zeitungen von vor dem Mord und welche von danach. Warum?«
    »Keine Ahnung.«
    »Manchmal passieren solche Sachen einfach bloß so. Ein Mann begeht einen Mord und kann dir nicht mal erklären, wieso. Als ich noch in Oklahoma war – davon hab ich dir ja erzählt –, da gab es einen Indianer, der eines Morgens einfach hinging und seine Frau mit einem Holzscheit totgeschlagen hat. Dann hat er das Haus angezündet, und seine kleine Tochter ist in ihrer Wiege verbrannt. Danach ist er auf den Hof gegangen und hat den Hund erschossen, und sich selber hat er auch noch eine Kugel in den Kopf gejagt. Das hat er aber nicht so gut hingekriegt. Er hat’s überlebt, musste sich nur von seinem Unterkiefer verabschieden. Später haben sie ihn gefragt, warum er’s getan hat. Er wusste es nicht. Er hatte sich nicht mit seiner Frau in der Wolle gehabt, eigentlich war sie sogar ein echter Schatz; seine Tochter hat er von ganzem Herzen geliebt, und der Hund war ein richtig treues Tier. Aber an dem Morgen ist er aufgestanden, hat einen Blick auf seine Frau geworfen, die gerade am Herd stand und ihm Frühstück machen wollte, und da kam es einfach über ihn. Er hat

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