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Ein feiner dunkler Riss - Lansdale, J: Ein feiner dunkler Riss

Ein feiner dunkler Riss - Lansdale, J: Ein feiner dunkler Riss

Titel: Ein feiner dunkler Riss - Lansdale, J: Ein feiner dunkler Riss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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nicht herkommen würde. Aber ich dachte, er wird schon kommen, und dann hab ich’s einfach vergessen.«
    »Ist das wahr?«
    »Ja, Sir ... aber ich könnte den Film abspielen.«
    »Ach ja?«
    »Buster hat es mir beigebracht.«
    »Gut. Hervorragend. Dann leg mal los, mein Sohn. Heute Abend bist du unser Filmvorführer.«
    Als ich zum Vorführhäuschen lief, fiel mir ein Stein vom Herzen. Natürlich hatte ich ein schlechtes Gewissen, weil ich um Busters willen gelogen hatte. Aber ich hatte das Gefühl, dass es eine gute Lüge war. Eine Notlüge, wie Mom es nennen würde. Buster war mein Freund und verdiente meine Unterstützung.
    An diesem Abend zeigte ich einen Western mit Randolph Scott, und alles lief glatt. Es gab nur eine kleine Verzögerung beim Wechsel der Rollen. Das Publikum reagierte darauf mit Hupen und Zwischenrufen, aber ich schaffte den Übergang schnell genug, und am Ende des Films kam ich mir vor wie ein Profi.
    Daddy brachte mir sogar einen Hamburger, eine Coke und Pommes frites nach hinten.
    Er stellte das Essen auf den kleinen Umspultisch und fragte: »Was hältst du davon, wenn du Busters Job übernimmst?«
    Jetzt kam ich mir gar nicht mehr so gescheit vor, und mein Hochgefühl war mit einem Schlag verschwunden. »O nein, Daddy. Ich hatte Probleme mit der Rolle. Lief nicht besonders glatt.«
    »Doch, du hast es gut hingekriegt. War fast flüssig. Und mit ein bisschen Übung geht’s dir auch besser von der Hand.«
    »Lieber nicht, Daddy. Es ist doch Busters Job.«
    »Du und dieser alte Nigger, ihr versteht euch ziemlich gut, was?«
    »Ja, Sir.«
    »Stanley, du kannst den Posten gerne haben, und dann würde ich dich auch bezahlen. So bleibt das Geld wenigstens in der Familie. Und, ehrlich gesagt, dir kann ich weniger zahlen als ihm. Bis du genug Erfahrung hast.«
    »Ich will Buster nicht den Job wegnehmen ... ehrlich, Daddy, das will ich nicht.«
    »Also gut. Das respektiere ich. Aber ich sag dir was: Es ist sowieso nur noch eine Frage der Zeit. Er wird langsam alt, und er trinkt einiges über den Durst. Der Kerl ist ein Griesgram. Und ein bisschen dreist, wenn du mich fragst. Und du weißt, wie man den Projektor bedient.«
    »Er hat es mir beigebracht. Das hat er bestimmt nicht gemacht, damit ich ihm die Arbeit wegnehme.«
    »Wenn er noch ein Mal fehlt und mir nicht rechtzeitig Bescheid gibt – und damit meine ich nicht irgendeine vage Bemerkung, dass er eventuell krank werden könnte –, dann bist du unser Filmvorführer. Verstanden, mein Sohn? Wir müssen zusammenhalten, wir als Familie. Ich weiß, dass du Buster gernhast, aber wir müssen uns zuerst um uns selbst kümmern. Wenn wir so weitermachen, arbeitet am Ende jeder hungrige, unglückliche Nigger aus der ganzen Stadt bei uns im Autokino. Das können wir uns nicht leisten.«
    Daddy tätschelte mir den Kopf und ging.

14
     
    Am nächsten Tag wollte ich Buster suchen gehen, aber Daddy trug mir einige Aufgaben auf. Ich verbrachte den gesamten Vormittag damit, mit dem spitzen Stock Pappbecher, leere Verpackungen und Kondome einzusammeln.
    Ich hatte Bubba Joe nicht vergessen, aber wie das bei Kindern eben so ist, dachte ich jetzt, da die Gefahr vorüber war und die Sonne heiß und hell vom Himmel brannte, kaum noch an ihn.
    Über Mittag hinderte Rosy Maes Essen mich am Aufbruch. Es gab Cheeseburger, die waren so lecker, dass einem die Tränen kommen konnten. Während wir zu Tisch saßen, rief Callie Daddy ins Gedächtnis, dass sie von jeglichem Verdacht befreit worden war und dass er Chester verprügelt hatte, obwohl er unschuldig gewesen war.
    »Tja, verdient hatte er es sowieso«, sagte Dad.
    »Aber Daddy, er hat doch gar nichts gemacht!«
    »Mag ja sein, aber ich kenne Typen wie ihn. Das ist bloß eine Frage der Zeit. Und du hältst dich von ihm fern.«
    »Gibt’s was Neues von Bubba Joe?«, fragte Mom.
    »Noch nicht. Nachher schaue ich bei der Polizeiwache vorbei, ich muss ohnehin ein paar Sachen in der Stadt erledigen. Es gehen ein paar Gerüchte um, dass jemand ihn gesehen hat.«
    »Woher weißt du das?«, fragte Mom.
    »Weil ich mich erkundigt habe, Schatz. Aber ich wollte euch nicht unnötig beunruhigen, bevor wir nichts Genaueres wissen.«
    Callie und ich wechselten einen verstohlenen Blick.
    Ich aß meinen Cheeseburger auf, dann sah ich meine Chance gekommen, mich zu verdrücken. Kurz bevor ich die Tür erreicht hatte, fragte Daddy: »Hast du alles aufgesammelt?«
    »Ja, Sir.«
    »Wohin gehst du?«
    »Ich wollte Richard suchen.

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