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Ein feiner dunkler Riss - Lansdale, J: Ein feiner dunkler Riss

Ein feiner dunkler Riss - Lansdale, J: Ein feiner dunkler Riss

Titel: Ein feiner dunkler Riss - Lansdale, J: Ein feiner dunkler Riss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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Vielleicht hat er Lust zu angeln oder so.«
    »Sei rechtzeitig zurück, um eventuell den Film abzuspielen. Nur für alle Fälle.«
    »Ja, Sir.«
    »Es sieht nach Regen aus, Stan«, sagte Mom. »Bleib nicht zu lange weg. Es könnte ganz schön stürmisch werden, und dann steckst du mittendrin.«
    »Dann stelle ich mich solange in einem Geschäft unter. Ich kann schon auf mich aufpassen.«
    »Vermutlich hast du recht«, sagte Mom, aber sie klang nicht besonders überzeugt. »Vielleicht ist das ja übertrieben, aber ich mache mir auch Sorgen wegen Bubba Joe. Geh lieber nirgendwohin, wo du ihm über den Weg laufen könntest.«
    »Und wo wäre das, Gal?«, fragte Dad.
    »Das könnte wohl fast überall sein.«
    »Stimmt«, sagte Dad. »Vielleicht solltest du lieber hierbleiben.«
    »Gegen mich hat er doch nichts«, wandte ich ein.
    Callie warf mir einen bedeutungsvollen Blick zu und sagte: »Wahrscheinlich solltest du wirklich besser nicht rausgehen.«
    »Der Mann schreckt vor nix zurück«, stimmte Rosy Mae ihr zu.
    »Ich nehme Nub mit.«
    »Der wird ihn sicher in die Flucht schlagen mit seinen zwölfeinhalb Kilo«, sagte Mom.
    Ich schaute zu Nub, der neben mir auf dem Boden saß. Er sah ein bisschen müde aus und hechelte vor sich hin. Nicht besonders furchteinflößend.
    »Darf ich bitte gehen?«, fragte ich.
    »Zum Henker«, sagte Daddy. »Der Junge hat recht. Wir machen noch ein Schreckgespenst aus diesem Bubba Joe. Er wird sich nicht an einem Weißen vergreifen, darauf wette ich mit euch. Sei vorsichtig, mein Sohn. Und komm nicht zu spät nach Hause. Und Nub, pass gut auf ihn auf.«
    Nub schlug mit dem Schwanz auf den Boden, lief zu Daddy und leckte ihm die Hand. Daddy gab ihm einen Klaps, dann rief ich ihn zu mir, und wir gingen hinaus.
    Allerdings hatte auch ich mir Gedanken über die Angelegenheit mit Bubba Joe gemacht, und wenn Daddy gewusst hätte, was letzte Nacht passiert war, dann hätte er mich natürlich niemals gehen lassen.
    Aber Daddy war nun mal der Meinung, dass es sich lediglich um einen Konflikt zwischen Farbigen handelte und Bubba Joe nur versucht hatte, Mom und Callie einzuschüchtern, weil sie ein leichtes Ziel geboten hatten. Anscheinend nahm Daddy an, dass Bubba Joe uns nichts anhaben konnte, solange wir in unserem Bezirk blieben, weil wir Weiße waren.
    Ich wusste es besser. Und ich wusste auch, dass ich jetzt ebendiesen Bezirk verlassen würde, selbst wenn er mir tatsächlich Schutz bieten sollte. Aber ich musste mit Buster sprechen.
    Eigentlich wollte ich mit dem Fahrrad fahren, aber als ich aufstieg, sprang die Kette herunter, und ich bekam sie nicht wieder auf das Zahnrad. Ich überlegte kurz, ob ich Dad um Hilfe bitten sollte, entschied mich aber dagegen. Ich wollte nicht noch mehr Zeit verlieren, und ich befürchtete, dass Daddy anfangen würde Fragen zu stellen, oder noch etwas für mich zu tun fand. Und womöglich doch beschloss, dass ich zu Hause besser aufgehoben war. Also ging ich zu Fuß in die Stadt, und Nub trottete neben mir her.
     
    Als ich die Innenstadt erreichte, hatte sich der Himmel zugezogen, und ich hatte das unangenehme Gefühl, dass mir jemand folgte. So wie letzte Nacht, bevor Bubba Joe aufgetaucht war – oder wer auch immer es gewesen war. Jetzt hatte ich denselben Eindruck, aber als ich mich umschaute, konnte ich niemanden entdecken. Ich sah bloß die Main Street, Backsteinhäuser und viele Autos, die an der Straße parkten.
    Ich holte tief Luft und ging weiter. Über mir wurde der Himmel immer dunkler; langsam bekam ich Bammel. Ich überlegte, wieder umzukehren, aber ich tat es nicht. Nub schien den Wetterumschwung gar nicht zu bemerken, oder es machte ihm einfach nichts aus. Er wirkte so glücklich und zufrieden, als hätte er eine frische Fährte gewittert und einen Knochen im Maul. Dennoch fiel mir auf, dass er hin und wieder stehen blieb, sich umdrehte und den Weg zurückschaute, den wir gekommen waren, als hätte auch er das Gefühl, dass uns jemand folgte.
    Was mich nicht unbedingt ermutigte.
    Gerade als es anfing zu nieseln, bog ich in die Oak Street, in die Richtung, wo Buster wohnte. Das Gefühl, verfolgt zu werden, wurde immer stärker. Ich drehte mich um, doch ich sah nur die riesigen Eichen beiderseits der Straße, die Blätter, die der Wind aufwirbelte und durch die Gegend pustete, und zwei alte Autos mit schwarzen Gesichtern hinterm Steuer, die an mir vorbeischepperten.
    Ich kam an den Männern auf der Veranda vorbei. Sie winkten mir zu, ohne mich

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