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Ein feiner dunkler Riss - Lansdale, J: Ein feiner dunkler Riss

Ein feiner dunkler Riss - Lansdale, J: Ein feiner dunkler Riss

Titel: Ein feiner dunkler Riss - Lansdale, J: Ein feiner dunkler Riss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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mit Bemerkungen zu schikanieren. Im Gegenteil, sie sahen ganz freundlich aus; mir kam in den Sinn, dass sie es mit ihren Witzeleien wohl in erster Linie auf Buster abgesehen hatten.
    Wir liefen weiter, bis ich die große Werbetafel sah, die über Busters Haus hing – das breite Lächeln der fröhlichen Frau war nass vom Regen und schälte sich ab, als wäre alles, worüber sie sich gefreut hatte, eine Lüge gewesen. Ich stieg auf Busters Veranda und klopfte.
    Er machte nicht auf.
    Nub und ich gingen zum Fenster an der Hinterseite. Ich versuchte hineinzuspähen, aber ich konnte niemanden entdecken. Lediglich der Tisch mit Kartons voller Zeitungen darauf war zu sehen.
    Also klopfte ich noch einmal vorn an der Haustür. Er machte immer noch nicht auf.
    Mehrmals rief ich Busters Namen, doch das brachte genauso wenig.
    Ich griff nach der Klinke, drückte sie – und stellte fest, dass die Tür nicht verschlossen war. Dann befahl ich Nub draußen zu bleiben und schlüpfte hinein.
    Abgesehen von dem Lichtschein, der durch das hintere Fenster fiel, ein helles Rechteck auf den Tisch malte und Staubflusen sichtbar machte, die wie Mücken umherschwebten, war es dunkel im Haus.
    Wieder rief ich nach Buster, dann machte ich mich auf die Suche. Es gab nicht viele Orte, an denen ich nachschauen konnte, und schließlich fand ich ihn auf dem schmalen Bett, das gegen die Wand gerückt war.
    Er hatte sich eine Hand unter den Kopf gelegt, die andere ruhte mit der Handfläche nach oben quer über der Hüfte. Ich stieß ihn an und rief ihn beim Namen, doch er rührte sich nicht. Dann lauschte ich, ob er vielleicht schnarchte, aber ich konnte nichts hören. Ich hörte auch keine Atemgeräusche. Ein fauliger Geruch stieg mir in die Nase. Ich befürchtete das Schlimmste.
    Plötzlich räusperte er sich und fing an zu schnarchen. Mit jedem Schnarcher wurde der schlechte Geruch intensiver, und obwohl ich kaum Erfahrung damit hatte, wusste ich, woher dieser Gestank rührte.
    Whiskey.
    Buster war sternhagelvoll.
    Ich schüttelte ihn mehrmals, aber er regte sich nicht. Ich beschloss, ihm ein bisschen Zeit zu lassen und es später noch einmal zu versuchen. Also ging ich zum Tisch hinüber, schaltete das Licht ein und schaute mir an, was Buster gelesen hatte.
    Noch mehr Zeitungen.
    Auf dem Tisch lag ein Notizblock, auf dem er ein paar Dinge festgehalten hatte. In einer Zeile stand: »Mutter vom Mädchen«.
    Ich starrte auf die Worte, ohne sie zu verstehen, ging zurück zum Bett und versuchte noch einmal, Buster zu wecken. Wieder ohne Erfolg.
    Im Zimmer wurde es immer düsterer, und das kleine Viereck aus Licht, das durchs Fenster hereingekommen war, verschwand. Nur das Licht von der Lampe blieb. Regen prasselte auf Busters Wellblechdach, als würde jemand mit einer Kette auf seine Hütte einschlagen. Durch das Fenster sah ich einen Blitz. Dann nur noch Dunkelheit, tosender Wind und das Trommeln des Regens. Ich schaute hoch zur Werbetafel; das Wasser rann in Strömen daran herab.
    Ich öffnete die Haustür und sah nach Nub. Er lag dicht an der Mauer auf der Veranda, hob den Kopf, sah ganz zufrieden aus. Also ging ich wieder hinein.
    Dann setzte ich mich auf einen Stuhl und lauschte dem Regen, der auf Busters Haus pladderte, und wartete darauf, dass er aufwachte.
    Ich weiß nicht, wie lange ich dort saß, aber irgendwann erwachte Buster tatsächlich. Ich hörte ihn grunzen wie ein Schwein, dann grummelte er irgendetwas vor sich hin. Als ich zu ihm hinübersah, schwang er gerade die Beine über die Bettkante und setzte sich auf. Mit beiden Händen hielt er sich den Schädel, als wolle er verhindern, dass er herunterfiel. Als er aufschaute und mich sah, stutzte er einen Moment. »Was zum Teufel treibst du denn hier?«, fragte er.
    »Ich wollte nach Ihnen sehen.«
    »Nach mir sehen? Glaubst du, ich brauch jemand, der nach mir sieht? Einen kleinen weißen Jungen, der mich an der Hand rumführt?«
    »Ich hab’s nicht böse gemeint, Buster.«
    »Hab’s nicht böse gemeint«, wiederholte er und ahmte meinen Tonfall nach. »Hast bloß gedacht, du kannst ja mal nach deinem Nigger sehn, wie?«
    »Nein. Ich meine – wir sind doch Freunde, und ich ...«
    »Freunde? Wen willst du verarschen, Schneeflöckchen? Du und ich, wir waren nie Freunde und werden’s auch nie sein.«
    »Ich dachte ...«
    »Dann hast du verdammt noch mal zu viel gedacht, du kleine Nervensäge. Und jetzt raus aus meinem Haus.«
    »Aber – Daddy hat gesagt, wenn Sie noch einmal bei der

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