Ein feiner dunkler Riss - Lansdale, J: Ein feiner dunkler Riss
wollte. »Aber das ist wirklich nicht nötig.«
Wir rauschten im Cadillac zurück in die Stadt, und ich muss zugeben, dass ich mir schon ziemlich wichtig vorkam, als wir vor dem Drugstore hielten, aus diesem schicken Schlitten stiegen und auf dem sengend heißen Bürgersteig standen wie drei Götter, die vom Himmel herabgekommen waren.
Im Drugstore bestellten wir Hamburger und Malzbier, und ich sollte vielleicht hinzufügen, dass Drew für uns alle bezahlte. Timothy stand wieder hinterm Tresen, und er schaute nicht sonderlich glücklich drein, als Callie mit Drew im Schlepptau aufkreuzte. Er ließ das Essen auf unseren Tisch fallen, als könne er sich daran mit der Beulenpest infizieren. Sein Papphütchen hatte er tief ins Gesicht gezogen, und die dünne Linie, zu der er den Mund zusammengekniffen hatte, hätte man mühelos durch ein Nadelöhr fädeln können.
»Was ist denn mit dem los?«, fragte Drew.
»Ignorier ihn einfach«, antwortete Callie.
»Er will mit Callie ausgehen«, sagte ich.
»Stanley!«, rief Callie, als hätte ich einen Skandal enthüllt.
»Willst du, dass ich mich um ihn kümmere?«, fragte Drew.
»Wie bitte? Willst du ihm etwa eine reinhauen, weil er gerne mit mir ausgehen würde?«
»Ich könnte ihm sagen, dass er dich in Ruhe lassen soll.«
»Nein, Drew. Ich will einfach nur meinen Hamburger essen, und dann können wir vielleicht einen Film schauen. Der nächste fängt um eins an, ich hab schon nachgeguckt.«
»Ihr habt doch ein Kino zu Hause«, sagte er. »Hast du nicht inzwischen die Nase voll von Filmen?«
»Nö. Und schließlich ist es unser Kino. Da ist jede Vorführung mehr Arbeit als Vergnügen. Außerdem will ich den Film schauen, der im Palace läuft.«
»Das ist eine Liebesgeschichte«, sagte ich.
»Also gut«, sagte Drew. »Wenn du möchtest.«
Beinahe tat Drew mir leid. Callie hatte ihn mühelos um den Finger gewickelt. Wenn sie ihn gebeten hätte, mit ihr zu einer Ballettaufführung zu gehen und dabei ein Röckchen und ein Mützchen zu tragen, dann hätte er’s getan.
Wir schauten uns den Film an, und ich fand ihn langweilig. Den Großteil habe ich verschlafen, weil es im Kino eine Klimaanlage gab. Damals war im Sommer jedes Gebäude mit einer Klimaanlage die reinste Wohltat.
Als wir hinausgingen, sahen wir James Stilwind am Verkaufstresen für Süßigkeiten und Popcorn stehen. Er stützte sich auf und unterhielt sich mit einem jungen Mädchen, das Popcorn aus der Popcornmaschine in eine Papiertüte füllte.
»Da steht James Stilwind«, sagte Callie.
»Das ist er?«, fragte Drew. Ich fand, dass er ein bisschen beleidigt klang, weil Callie diesen Namen erwähnt hatte, und vermutete, dass Stilwind bereits Gesprächsthema zwischen ihnen gewesen war. Wahrscheinlich hatte Callie alles ausgeplaudert, was ich ihr erzählt hatte.
Zugegebenermaßen war ich selbst aber auch eine ziemliche Plaudertasche.
Stilwind drehte den Kopf und entdeckte Callie. Er verzog das Gesicht zu einem leuchtend weißen Lächeln, mit dem er gut und gerne in der Pepsodent-Werbung hätte auftreten können. »Na, hat euch der Film gefallen?«
»War schön«, sagte Callie.
»War okay«, sagte Drew.
Ich schwieg.
James kam zu uns herüber. Das Mädchen, das er hinterm Tresen zurückließ, setzte eine Schmollmiene auf, schüttete weiter Popcorn in Tüten und stapelte sie auf der Ablage.
»Hab ich dich nicht schon mal irgendwo gesehen?«, fragte James Callie.
»Ich glaube auch«, sagte Callie. »Sie sind mal vorm Drugstore mit Ihrer Frau an uns vorbeigelaufen.«
»Meine Frau? Nein. Das war ein Date. Ich hab vergessen, wer es war, aber meine Frau ist sie nicht.«
»Sie haben es vergessen?«, fragte Callie.
»Nun, wärst du es gewesen, würde ich das nie und nimmer vergessen.«
»Wir müssen gehen«, sagte Drew.
»Alles klar. – Und wie heißt du?«, wandte sich James wieder an Callie.
Sie nannte ihm ihren Namen. Dann erkundigte er sich nach den unseren, aber ich bezweifle, dass er uns überhaupt zuhörte.
»Und Sie sind James Stilwind?«, sagte Callie.
»Du kennst mich?«
»Ich weiß, dass Ihnen das Kino gehört, deswegen gehe ich davon aus, dass Sie es sein müssen.«
»Besucht uns gerne mal wieder. Momentchen ...« Er ging zurück zum Popcornstand, griff in eine Schublade und kam mit drei Tickets in der Hand zurück. Jeder von uns bekam eins.
»Freikarten«, sagte er. »Das geht auf mich. Der Laden gehört mir schließlich. Nächstes Mal, wenn ich euch treffe, kriegt ihr eine
Weitere Kostenlose Bücher