Ein feiner dunkler Riss - Lansdale, J: Ein feiner dunkler Riss
denn?«
»Darüber, dass ihre Tochter mit Jewel befreundet war. Sie meinte, es war ein ganzer Haufen Geld, den der alte Stilwind ihnen zugesteckt hat, und dass sie bis jetzt kein einziges Wort darüber verloren hat, weil sie dachte, es würde sowieso keine Rolle spielen. Sie hat angenommen, dass die Stilwinds Jewels Andenken nicht beschmutzt sehen wollen, wenn herauskommt, dass sie vom andern Ufer war. Unterm Strich vermisst Winnie ihre Tochter also schon irgendwie, aber sie war bereit, Geld anzunehmen und zu schweigen, der Polizei nichts zu sagen – obwohl das bedeutet hat, dass der Tod ihrer eigenen Tochter nicht aufgeklärt wurde. Das Geld war ihr eben wichtiger.«
Buster lehnte sich zurück und trank den letzten Schluck seiner Limo.
»Das war’s?«, fragte ich.
»Dann hatte ich noch zehn Minuten von meinen zehn Dollar, und die hab ich eingelöst.«
»Oh.«
»Wenn ich in meinem Leben eins gelernt hab, dann das: Verschwende niemals dein Geld.«
Buster sagte, er würde nach Hause gehen und sich ein bisschen aufs Ohr hauen, und ich beschloss, mir tatsächlich Comics zu kaufen. Ich lief umher wie ein Schlafwandler. Die Welt wurde immer wunderlicher, und ich war ein ziemlich verwirrter kleiner Junge.
Jewel und Margret? Ein Pärchen? Ein richtiges Pärchen?
Ich ging hinüber zu Greene’s und sah mir die Auslage an. Drei lange Regale standen dort, die von oben bis unten mit Comics und anderen Magazinen gefüllt waren. Ich fand mehrere, die vielversprechend aussahen, und schaute nach, wie viel Geld ich dabeihatte. Es war ungefähr ein Dollar.
Ich kaufte mir Adventure Comics , Challengers of the Unknown und eins mit dem Titel Strange Worlds . Sogar zu Superman’s Girlfriend Lois Lane ließ ich mich hinreißen.
Dann ging ich zum Hinterausgang des Geschäfts, wo die Comics zu fünf Cent auslagen – die, deren Cover zur Hälfte fehlte. Einige waren relativ neu, aber die meisten waren schon älter, manche sogar zwei bis drei Jahren alt. Wahrscheinlich waren Richard Chapman und ich die Einzigen, die sich nicht groß um den Zustand ihrer Comics scherten.
Ich suchte mir drei oder vier heraus, darunter auch ein angestaubtes Exemplar von Captain Flash . Genau wie bei allen anderen Heften hier hinten war die Hälfte des Titelblatts abgeschnitten worden, und der Schnitt hatte einen Dinosaurier enthauptet. Übrig blieb ein Kerl in einem rot-blauen Anzug mit einem riesigen Felsen zwischen den Händen. Sein gelb maskierter Gefährte lag bewusstlos zu seinen Füßen, und darunter war The Beasts from 10,000,000 B.C. zu lesen.
Mit den Comics kaufte ich mir noch eine Cola, setzte mich draußen auf den Bordstein und las.
Es war warm, aber nicht heiß. Eine leichte Brise brachte den Duft von Heckenkirschen mit sich.
Nach einer Weile erfüllten die Comics ihren Zweck. Sie rissen mich aus der Welt, in der ich lebte und die mir innerhalb weniger Wochen mehr Rätsel aufgegeben hatte, als ich mir je hätte träumen lassen. In diesem Augenblick war mir ein farbenfrohes Universum voller Superhelden um einiges lieber.
Als ich zwei der Geschichten durchgelesen hatte, ließ sich die Wirklichkeit nicht mehr verdrängen. Ich musste an Margret und Jewel denken.
Die Beziehungen zwischen Männern und Frauen hatten mich schon vor einige Rätsel gestellt, und jetzt wurde alles noch komplizierter. Ich würde Callie danach fragen müssen. Sie schien ein wahrer Quell des Wissens zu sein – genau wie Buster, aber sein Quell sprudelte für meine Begriffe manchmal etwas zu stark.
Ich hörte ein Hupen und schaute auf. Kurz vor mir hielt ein schöner blauer Cadillac. Mit seinen Heckflossen sah er fast aus wie ein Raumschiff. Das Fenster auf der Beifahrerseite war heruntergekurbelt, und Callie lehnte sich mit fröhlich wippendem Pferdeschwanz heraus und rief mir etwas zu.
Wenn man vom Teufel spricht, dachte ich.
Drew Cleves saß hinterm Steuer.
»Steig ein, Stanley«, forderte Callie mich auf.
Ich sammelte meine Comics und die Colaflasche zusammen und ging hinüber zum Auto.
»Mit der Cola musst du aufpassen«, sagte Cleves. »Das Auto gehört meinem Vater. Der bringt mich um, wenn was auf die Sitze kleckert.«
»Alles klar«, antwortete ich. »Bin gleich wieder da.« Ich leerte die Flasche in einem Zug, gab sie bei Greene’s zurück und bekam dafür zwei Cent.
Als ich im Cadillac saß, schwärmte Callie: »Ist das nicht einfach göttlich?«
»Daddy sagt immer, wie ein Wohnzimmer auf vier Rädern«, sagte Drew.
Noch nie hatte ich
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