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Ein feiner dunkler Riss - Lansdale, J: Ein feiner dunkler Riss

Ein feiner dunkler Riss - Lansdale, J: Ein feiner dunkler Riss

Titel: Ein feiner dunkler Riss - Lansdale, J: Ein feiner dunkler Riss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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wieder hinunterzuklettern. Als ich mich umdrehte, sah ich Mr Chapman durch den Wald kommen. Beim Gehen schwang er einen gewaltigen Wanderstab. Er entdeckte mich auf den Stufen, kam näher, schaute zu mir hoch und legte beide Hände aufs Geländer. Die Treppe zitterte und schwankte plötzlich viel mehr.
    »Bitte hören Sie auf, Mr Chapman«, sagte ich.
    »Kriegst du Angst?«
    »Ja.«
    »Hast du meinen Jungen irgendwo gesehn?«
    »Nein, Sir.«
    »Du lügst mich doch nicht an, oder?«
    »Nein, Sir.«
    »Ich mag es nicht, wenn man mich belügt.«
    »Ich habe ihn wirklich nicht gesehen.«
    Chapman sah sich um, dann schaute er wieder zu mir hoch und grinste. Er rüttelte an der Treppe. »Jetzt sag mir die Wahrheit, Junge.«
    »Nicht! Sonst falle ich runter.«
    Nub, der vollauf mit seinem Eichhörnchen beschäftigt gewesen war, merkte, dass ich bedroht wurde. Er sprang von seinem Ast, schlug auf dem Boden auf, rollte sich auf die Füße und raste auf Chapman zu.
    »He, he«, sagte Chapman.
    Nub biss ihn in den Knöchel. »Aus!«, rief Chapman und schlug mit seinem Stock zu, sodass Nub zur Seite flog.
    »Er denkt, dass Sie mir wehtun«, schrie ich und kletterte die Stufen hinunter. »Lassen Sie ihn in Ruhe. Ich hole ihn.«
    »Ist mir scheißegal, was er denkt.«
    Nub war wieder auf den Beinen und knurrte. Man hätte meinen können, er wäre ein Deutscher Schäferhund. Und vielleicht war er das im Geiste ja auch. Wie ein Pfeil schoss er auf Chapman zu. Der Stock pfiff nieder, verfehlte ihn aber. Nub erwischte Chapman wieder am Knöchel. Der stieß einen Schrei aus.
    »Hören Sie auf«, rief ich. »Lassen Sie ihn in Ruhe!«
    »Ich bring das Viech um.«
    »Nein, das tun Sie nicht!« Das war Callie. Sie stand hinterm Zaun des Autokinos und war offensichtlich auf irgendetwas draufgestiegen, Schultern und Kopf ragten gerade so über den Rand. In der Hand hielt sie ein paar Steine vom Schotter in der Einfahrt.
    »Den bring ich um«, drohte Chapman, holte aus, traf Nub am Schädel, schlug ihn nieder. »Jetzt könnt ihr die kleine Dreckstöle begraben.«
    Da schoss mir durch den Kopf, dass wir ebendiesen Mann dabei beobachtet hatten, wie er um seinen Hund trauerte. Allzu lange dachte ich allerdings nicht darüber nach. Ich kletterte weiter hinab, ohne zu überlegen, was ich unten tun würde, aber meine Augen füllten sich mit Tränen und ich war unglaublich wütend.
    Callie schleuderte einen Stein über den Zaun und traf Chapman an der Schulter. Er heulte auf. »Du Satansbraten! Du Schlange!«
    Der nächste Stein pfiff durch die Luft und traf ihn am Kopf. Er schrie und fuhr sich mit der Hand an die Schläfe.
    Callie schleuderte einen Stein nach dem anderen. Chapman wich ein Stück zurück. Ich hatte inzwischen wieder festen Boden unter den Füßen, und er drehte sich zu mir um und starrte mich an. »Lass dich bloß nie wieder bei uns blicken, hörst du? Und wenn du meinen Jungen siehst, sag ihm, er kann sich auf die größte Tracht Prügel seines Lebens gefasst machen. Deinen Anteil kann er nämlich gleich mit einstecken.«
    Callie warf weiter. Chapman dachte, er wäre außer Reichweite, aber der Stein traf ihn am Bein. Wieder kam einer geflogen. Er landete am Baum neben Chapman.
    »Lass das lieber bleiben, Fräulein. Irgendwann erwisch ich auch dich.«
    Da entdeckte ich Daddy, der an der Außenseite des Zauns auf Chapman zulief. Chapman sah ihn nicht. Er war zu sehr damit beschäftigt, Callie und mich zu verhöhnen.
    Ich rannte hinüber zu Nub. Er atmete noch. Langsam öffnete er die Augen und schaute mich an, als würde er doppelt sehen. Er hatte den gleichen Blick wie Buster, wenn er aus einem Rausch erwachte.
    Chapman steckte gerade mitten in einer Reihe wüster Beschimpfungen, als er aufschaute und Daddy entdeckte. »Sie sollten sich hier raushalten. Ich versuche nur, diesen Gören ein paar Manieren beizubringen.«
    Als Daddy näher kam, holte Chapman mit seinem Wanderstab aus. Daddy wehrte den Hieb ab, zog ruckartig an dem Stock, und nach einer leichten Drehbewegung gehörte er ihm.
    Chapman versuchte wegzulaufen, aber es war zu spät. Der Stab sauste durch die Luft, traf Chapman am Bein und riss ihn von den Füßen. Daddy warf den Stock beiseite und trat Chapman gegen die Kehle. Mit einem Würgen ging Chapman zu Boden. Ich hörte Callie rufen, Daddy solle aufhören.
    Als ich wieder hinsah, hatte er Chapman auf die Knie gehoben und gab ihm eine Ohrfeige nach der anderen, genau wie bei Chester – nur mit mehr Nachdruck.
    »Du

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