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Ein Feuer Auf Der Tiefe

Ein Feuer Auf Der Tiefe

Titel: Ein Feuer Auf Der Tiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
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Tod gewesen war. »Feinere Schäden!« Er schüttelte den Kopf, und die Tränen schwebten durch die Luft. »Mein Kopf ist vollgestopft von Ihm, von Seinen Erinnerungen.« Erinnerungen? Sie überragten alles andere. Doch er konnte sie nicht verstehen. Er konnte die Einzelheiten nicht verstehen. Er verstand nicht einmal die Gefühle, es sei denn als unangebrachte Vereinfachungen – Freude, Gelächter, Erstaunen, Furcht und eiskalte, stahlharte Entschlossenheit. Nun war er in diesen Erinnerungen verloren und tappte darin umher wie ein Idiot in einer Kathedrale. Ohne etwas zu verstehen, vor den Heiligenbildern geduckt.
    Sie drehte sich um ihre und seine verklammerten Hände. Einen Moment später stieß ihr Knie sanft gegen seins. »Du bist immer noch ein Mensch, hast immer noch deine eigenen…« Ihre Stimme versiegte, als sie den Ausdruck seiner Augen sah.
    »Meine eigenen Erinnerungen.« Inmitten des Unverständlichen verstreut, würde er sich weiterschleppen: Er selbst mit fünf Jahren, wie er auf dem Stroh in der Großen Halle saß, jederzeit wachsam, ob nicht ein Erwachsener erschien: Mitglieder der königlichen Familie hatten nicht im Schmutz zu spielen. Zehn Jahre später, als er zum erstenmal mit Cindi schlief. Ein Jahr darauf, als er seinen ersten Flugapparat sah, die Orbitalfähre, die auf dem Paradefeld seines Vaters landete. Die Jahrzehnte im Raum. »Ja, die Dschöng Ho. Pham Nuwen, der große Kauffahrer des Langsam. All die Erinnerungen sind noch da. Und soviel ich weiß, ist das alles die Lüge des ALTEN, ein beiläufiger Schwindel, um die Relaisleute irrezuführen.«
    Ravna biss sich auf die Lippe, sagte aber nichts. Sie war zu ehrlich zum Lügen, sogar jetzt.
    Er streckte seine freie Hand aus, um das Haar aus ihrem Gesicht zu streichen. »Ich weiß, dass du das auch gesagt hast, Rav. Mach dir nichts draus: Inzwischen wäre mir der Verdacht von selbst gekommen.«
    »Ja«, sagte sie leise. Dann schaute sie ihm direkt in die Augen. »Aber eins musst du wissen. Von Mensch zu Mensch: Du bist jetzt wirklich ein Mensch. Und es könnte die Dschöng Ho gegeben haben, und du könntest genau das gewesen sein, woran du dich erinnerst. Und was auch in der Vergangenheit gewesen sein mag, in der Zukunft könntest du großartig sein.«
    Geisterhafte Echos, mehr als Erinnerung und weniger als Vernunft: Für einen Moment sah er sie mit weiseren Augen. Sie liebt dich, du Narr. Fast ein Lachen, ein freundliches Lachen.
    Er ließ seine Arme um sie gleiten und zog sie eng an sich. Er spürte, wie sie ein Bein zwischen seine schob. Zum Lachen. Wie Herzmassage, ein gedankenloser Reflex, der eine Person wieder ins Leben zurückholte. So töricht, so trivial, aber: »Ich… ich will zurückkehren.« Die Worte kamen als ersticktes Schluchzen heraus. »In mir ist jetzt so viel, so viel, was ich nicht verstehen kann. Ich habe mich im eigenen Kopf verirrt.«
    Sie sagte nichts, verstand wahrscheinlich nicht einmal, was er meinte. Einen Augenblick lang empfand er nichts als das Gefühl, sie in den Armen zu halten, und wie sie sich an ihn kuschelte. Oh, bitte, ich möchte wirklich zurückkehren.
     
    Es auf der Brücke eines Sternenschiffs zu tun, war etwas, das Ravna noch nie gemacht hatte. Aber sie hatte ja auch noch nie zuvor ein eigenes Sternenschiff besessen. Sie nennen das nicht zufällig einen Grundschlepper. In der Erregung hatte Pham den Halt verloren. Sie schwebten frei, stießen gelegentlich gegen Wände oder verstreute Kleidungstücke, oder sie trieben zwischen Tränen dahin. Nach vielen Minuten fanden sie sich mit den Köpfen ein paar Zentimeter überm Fußboden, von wo der Rest von ihnen im Winkel zur Decke hin ragte. Ihr wurde vage bewusst, dass ihr Slip wie ein Banner an der Stelle wehte, wo er sich am Knöchel verfangen hatte. Es war nicht ganz so wie in romantischen Geschichten. Zum einen konnte man freischwebend einfach keinen Rückhalt finden. Zum anderen… Pham beugte sich von ihr zurück und lockerte seinen Griff um ihren Rücken. Sie strich sein rotes Haar beiseite und blickte in gerötete Augen. »Weißt du«, sagte er mit zitternder Stimme, »ich hätte nie geglaubt, ich könnte so heftig weinen, dass mir das Gesicht weh tut.«
    Sie erwiderte sein Lächeln. »Dann hast du ein verzaubertes Leben geführt.« Sie bog ihren Rücken gegen seine Hände und zog ihn dann sanft an sich. Mehrere Minuten lang schwebten sie schweigend, die Körper in den Wölbungen des anderen entspannt, ohne etwas zu empfinden als

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