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Ein Feuer Auf Der Tiefe

Ein Feuer Auf Der Tiefe

Titel: Ein Feuer Auf Der Tiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
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die Kehle durchbeißen können. Sein Plan war ihm narrensicher erschienen (und selbst jetzt würde der Misserfolg keinen dauerhaften Schaden tun), doch er fing eben erst an zu begreifen, was schiefgegangen war: Tagelang war der Mensch im Kontakt mit diesen Patienten gewesen, sogar mit Krazi. Kein Arztrudel konnte sich ihnen so nähern und sie berühren wie der Zweibeiner. Sogar manche ganzen Rudel spürten die Wirkung, für Fragmente musste sie überwältigend sein. Im Innersten ihrer Seele betrachteten die meisten Patienten die Fremde als einen Teil von sich selbst.
    Er musterte den Zweibeiner von drei Seiten, wohl eingedenk, dass die Augen von fünfzig Rudeln jede seiner Bewegungen verfolgten. Sehr wenig von dem Blut stammte von dem Zweibeiner. Die Wunden an ihrem Hals und den Armen waren lang und flach, Spuren zielloser Hiebe. In letzter Minute hatte Krazis Konditionierung vor seiner Beziehung zu dem Menschen als einem Rudelglied versagt. Er erwog kurz, sie unter den ärztlichen Schutz des Sicherheitsdienstes zu stellen. Der Trick hatte bei Schreiber gut funktioniert, hier aber wäre es sehr riskant. Pilger war Nase an Nase bei Johanna gewesen, er würde Behauptungen über ›unerwartete Komplikationen‹ sehr misstrauisch aufnehmen. Nein. Sogar gute Pläne misslingen manchmal. Betrachte es als Lehre für die Zukunft. Er lächelte das Mädchen an und sagte in Samnorsk: »Du bist jetzt völlig sicher«, im Moment und zu meinem größten Bedauern. Der Kopf des Menschen wandte sich zur Seite und blickte in die Richtung von Tschitirattu.
    Scrupilo war die ganze Zeit über am Zaun auf und ab gegangen, so nahe bei Tschitirattu und Pilger, dass die beiden zurückweichen mussten. »Das passt mir nicht!«, sagte der Kanonier laut. »Unsere wichtigste Person derart angegriffen. Das riecht nach einer Aktion des Feindes!«
    Wickwracknarb starrte ihn erstaunt an. »Aber wie?«
    »Ich weiß nicht!«, rief Scrupilo verzweifelt aus. »Aber sie braucht Schutz genauso wie Pflege. Feilonius muss einen Ort finden, wo sie bleiben kann.«
    Das Pilgerrudel war von dem Argument offensichtlich beeindruckt – und entmutigt. Er neigte einen Kopf zu Feilonius hin und sagte mit untypischer Ehrerbietung: »Was meint Ihr, Feilonius?«
    Natürlich hatte Feilonius den Zweibeiner beobachtet. Es war interessant, wie wenig die Menschen den Gegenstand ihrer Aufmerksamkeit verheimlichen konnten. Johanna hatte Tschitirattu angestarrt, nun schaute sie zu Feilonius auf, und ihre unsteten engstehenden Augen wurden schmal. Feilonius hatte dieses Jahr den menschlichen Gesichtsausdruck systematisch studiert, sowohl an Johanna als auch an den Geschichten im Datio. Sie argwöhnte etwas. Und sie musste auch einen Teil von Scrupilos Worten verstanden haben. Sie bäumte sich auf und hob schwach eine Hand. Zum Glück für Feilonius kam ihr Schrei als Wispern heraus, das sogar er kaum hören konnte: »Nein… nicht wie Schreiber.«
    Feilonius war ein Rudel, das an sorgfältige Planung glaubte. Er wusste auch, dass die besten Pläne den Umständen angepasst werden mussten. Er blickte auf Johanna herab und lächelte für die Zuschauer mit der sanftesten Sympathie. Es würde riskant sein, sie wie Schreibers Fragment zu töten, doch er sah nun, dass die anderen Möglichkeiten weitaus gefährlicher waren. Gott sei Dank saß Holzschnitzerin mit ihrem Hinkefuß auf der anderen Seite des Lagers fest. Er nickte Pilger zu und nahm sich zusammen. »Ich fürchte, Scrupilo hat Recht. Ich weiß zwar nicht, wie sie es angestellt haben könnten, aber wir dürfen kein Risiko eingehen. Ich werde Johanna in meinen Bau mitnehmen. Sagt es der Königin.« Er zog Umhänge von seinen Rücken und begann das Mädchen sanft für ihre letzte Reise einzuwickeln. Nur ihre Augen protestierten.
    Johanna trieb in die Bewusstlosigkeit und wieder daraus hervor, entsetzt über ihr Unvermögen, ihre Ängste herauszuschreien. Ihre lautesten Rufe waren weniger als Wispern. Ihre Arme und Beine reagierten mit wenig mehr als Zuckungen, und selbst die verloren sich in Feilonius’ Umschnürung. Gehirnerschütterung vielleicht, oder etwas Ähnliches – die Erklärung kam aus einer absurd vernünftigen Ecke ihres Verstandes. Alles erschien ihr so fern, so dunkel…
     
    Johanna erwachte in ihrer Hütte in Holzschnitzerheim. Was für ein schrecklicher Traum! Dass sie so zerschnitten worden sei, außerstande, sich zu bewegen, und dann Feilonius für einen Verräter zu halten. Sie versuchte sich in eine

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