Ein Feuer Auf Der Tiefe
Häuser standen alle schief. Stellenweise waren es Steinlabyrinthe mit offenem Dach, von hier oben konnte sie das Muster sehen. Und es gab eine weitere Mauer, die so weit lief, wie sie blicken konnte. Die Berge jenseits waren von grauem Fels und Schneeflecken gekrönt.
Sie konnte die Hundewesen unten in der Stadt sehen. Einzeln konnte man sie wirklich beinahe für Hunde halten (mit Schlangenhälsen und Rattenköpfen). Aber wenn man sie von weitem betrachtete, sah man ihre wahre Natur. Sie bewegten sich immer in kleinen Gruppen, selten mehr als sechs. Innerhalb des Rudels berührten sie einander und arbeiteten mit klugem Geschick zusammen. Aber nie sah sie, dass eine Gruppe einer anderen näher als etwa zehn Meter gekommen wäre. Von ihrem fernen Blickpunkt aus schienen die Glieder eines Rudels zusammenzufließen…, und sie konnte sich vorstellen, dass sie ein einziges Tier mit vielen Gliedmaßen vorsichtig einherschlendern sah, darauf bedacht, keinem ähnlichen Ungeheuer zu nahe zu kommen. Die Schlussfolgerung war mittlerweile unvermeidlich: ein Rudel, ein Geist. Geister, die so böse waren, dass sie die Nähe eines anderen nicht aushielten.
Ihr fünfter Ausflug in den Garten war der bisher schönste, er zwang sie geradezu zur Freude. Die Blumen hatten Samen wie Flaumfedern in die Luft gesprüht. Das Licht der sinkenden Sonne glitzerte auf ihnen, als sie zu Tausenden im leichten Windhauch segelten, Klumpen in einem unsichtbaren Sirup. Sie stellte sich vor, was Jefri hier tun würde: erst Erwachsensein vortäuschen, dann von einem Fuß auf den anderen hüpfen. Schließlich würde er den Hang hinabrennen und versuchen, so viele von den fliegenden Büscheln zu fangen, wie er nur konnte. Und dabei lachen und lachen…
»Eins, zwei, drei, vier, wie geht es dir?« Es war eine Kinderstimme, hinter ihr.
Johanna sprang so schnell auf, dass beinahe ihre Naht aufgerissen wäre. Natürlich, hinter ihr stand ein Rudel. Es war dasjenige, das die Pfeilspitze aus ihr herausgeschnitten hatte. Ein räudiger Haufen. Die fünf waren geduckt, bereit, wegzulaufen. Sie sahen fast so überrascht aus, wie Johanna sich fühlte.
»Eins, zwei, drei, vier, wie geht es dir?« Die Stimme kam wieder, genauso wie zuvor. Es hätte ebenso gut eine Aufzeichnung sein können, abgesehen davon, dass eins von den Tieren die Laute irgendwie mit den vibrierenden Hautflecken auf Schultern, Hüften und Kopf erzeugte. Die Papageiennummer war ihr nicht neu. Aber diesmal… waren die Worte fast angebracht. Die Stimme war nicht ihre, aber sie hatte den Singsang schon früher gehört. Sie stemmte die Hände in die Hüften und starrte das Rudel an. Zwei von den Tieren starrten zurück, die anderen schienen die Umgebung zu bewundern. Einer leckte sich nervös die Lippen.
Die beiden hinteren trugen ihr Datio! Mit einem Mal wusste sie, woher sie diese gesungene Frage hatten. Und sie wusste, was sie als Antwort erwarteten. »Mir geht’s gut, und wie geht’s dir?«, sagte sie.
Das Rudel bekam große Augen, dass es fast komisch aussah. »Mir geht’s gut, also uns allen!« Es brachte das Spiel zum Ende, dann stieß es einen Schwall von Gekoller hervor. Jemand antwortete von weiter unten am Hügel. Dort war noch ein Rudel, das im Gebüsch lauerte. Sie wusste, dass sie nur in der Nähe dieses einen hier zu bleiben brauchte, und das andere würde nicht herbei kommen.
Die Klauenwesen – immer, wenn sie an sie dachte, standen ihr jene Metallklauen an den Vorderpfoten vor Augen, sie würde sie niemals vergessen – hatten also mit dem Rosa Olifanten gespielt und waren von den Fallen nicht aufgehalten worden. Das war mehr, als Jefri jemals geschafft hatte. Es war klar, dass sie in die Sprachprogramme des Kindermodus geraten waren. Sie hätte daran denken sollen. Wenn das Datio hinreichend idiotische Reaktionen feststellte, passte es sein Verhalten an, zuerst für jüngere Kinder, und wenn das nichts half, für ganz Kleine, die nicht einmal Samnorsk sprachen. Mit ein wenig Unterstützung von Johanna konnten sie ihre Sprache erlernen. Wollte sie das?
Das Rudel kam ein Stückchen näher, wobei mindestens zwei davon sie ständig beobachteten. Sie sahen nicht mehr ganz so wie vorher aus, als wollten sie jeden Moment Reißaus nehmen. Das nächste Tier ließ sich auf den Bauch fallen und schaute zu ihr auf. Sehr zahm und hilflos, wenn man die Krallen nicht sah. »Mein Name ist…« Johanna hörte einen kurzen Ausbruch von Gekoller mit einem Oberton, der geradewegs
Weitere Kostenlose Bücher