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Ein Feuerwerk für Matzbach: Baltasar Matzbachs achter Fall (German Edition)

Ein Feuerwerk für Matzbach: Baltasar Matzbachs achter Fall (German Edition)

Titel: Ein Feuerwerk für Matzbach: Baltasar Matzbachs achter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Abzählen auf das Duodezimalsystem verfallen waren.
    »Links sechs Zehen«, murmelte er, »rechts fünf – pedales Undezimalsystem? Reicht nicht als Suchfrage – wer kennt eine Frau, deren Berechnungen darauf fußen? Und die lila Ladys werden allenfalls sagen, es sei eine Unverschämtheit, die Existenz berechnender Frauen a) anzunehmen und b) mit körperlichen Attributen zu verbinden. Bääh.«

4. Kapitel
    Fünfzehnter Abschnitt. Lagerbedürfnisse und Fouragirungen um Mülheim und Hückeswagen. Mäuse und anderes Ungeziefer. Welsche Windbeutelei und deutsche Heldenthaten.
    M ONTANUS
    Im Lauf der nächsten halben Stunde gab es ein wenig Kundschaft; Männer mittleren Alters, die entweder der jeweiligen Kantine oder dem heimischen Mittagstisch zu entfleuchen suchten und deshalb vorgaben, sich für Bücher zu interessieren. Der Umsatz erreichte die schwindelerregende Höhe von vier Euro für zwei Taschenbücher und zweimal nichts. Danach kam jemand vorbei, der zwei Einzelbände einer dreißigteiligen Weltgeschichte verkaufen wollte und unflätig maulte, als Matzbach sich weigerte, das Angebot ernstzunehmen.
    Irgendwann fiel ihm ein, daß Vogelsang etwas über ein Buch gesagt hatte. Er fahndete und fand; das Werk des pseudonymen Montanus war ordentlich in der Abteilung
Gesch 18 Jh
untergebracht. Baltasar legte es zu baldigem Verzehr neben die Kasse, braute einen weiteren Kaffee und verkaufte, inwendig jubilierend, vier Bände Hegel. Der Abnehmer war unrasiert, trug zerfetzte Jeans und einen löchrigen Pullover, mochte Mitte 30 sein und hatte offenbar keine Probleme mit dem Preis.
    Die Helden vom Niederrhein und ihr Widerstand gegen die Franzosen begannen Matzbach eben zu interessieren, als ein neuer Kunde erschien: groß, sportlich bis durchtrainiert, eisgraues Haar, eisgraue Augen, ein harter Zug um den Mund, Armani-Anzug, Siegelring am linken kleinen Finger.
    »Kann ich Ihnen helfen?« sagte Baltasar.
    Der Mann räusperte sich. »Tugendhaft«, sagte er.
    »Ist das ein Kommentar oder ein Aufruf?«
    »Mein Name. Edwin Tugendhaft; ich suche den bedeutenden Detektiv Matzbach.«
    »Ei.« Baltasar hob die Brauen. »Wenn Sie das ›bedeutend‹ weglassen, reden Sie mit ihm. Wenn nicht, kann ich Sie nur vor überzogenen Erwartungen warnen.«
    Tugendhaft sah sich um und deutete auf einen ältlichen Stuhl mit einer Sitzfläche aus Strohgeflecht. »Darf ich?«
    »Freilich, freilich.«
    Der Eisgraue zog den Stuhl vor den Kassentisch, ließ sich vorsichtig nieder, wackelte ein wenig – wahrscheinlich um festzustellen, ob das Möbelstück gleich zusammenbrechen würde oder erst später – und schien mit den Blicken Matzbachs Gesicht abzutasten.
    »Freilich?« sagte er. »Das Wort habe ich sehr lange nicht mehr gehört.«
    »Ich habe es probeweise ausgesprochen«, sagte Matzbach. »Man muß hin und wieder etwas Neues versuchen, nicht wahr? Angeblich gibt es in Süddeutschland einige halbverlassene Winkel, in denen man um Mitternacht dieses und andere Wörter halblaut zu sagen wagt. Was ist Ihr Begehr?«
    »Ich suche meinen Sohn.«
    Matzbach nickte. »Verlegt, verschusselt, verschwunden?«
    »Entfremdet.« Tugendhaft verzog keine Miene; Matzbach beschloß, daß der Mann entweder keinen oder einen andersartigen Humor habe.
    »Könnten Sie das präzisieren?«
    »Wollen Sie jetzt eine lange Lebens- und Leidensgeschichte?«
    »Nein, aber ein paar Infos, die es mir ermöglichen könnten, darüber nachzudenken, ob ich will oder nicht.«
    »Ist das eine Geldfrage?«
    »Zunächst mal nicht. Ich weiß nicht, von wem Sie meinen Namen und meine Fundstelle haben. Wer auch immer Ihnen von mir erzählt hat, mag angedeutet haben, daß ich nur Dinge übernehme, die mich – sagen wir, intellektuell reizen.«
    »Entfremdete Söhne tun das nicht?«
    Matzbach breitete die Arme aus. »Was wollen Sie? Daß ich die halbe Republik zusammentreibe? Alle Achtundsechziger, die sich von ihren bigott pseudokonservativen Vätern losgesagt haben, und die Söhne der Achtundsechziger, die nichts von ihren bigott pseudoprogressiven Vätern wissen wollen?«
    Tugendhaft seufzte leise. »Er heißt Ruprecht, ist sechsundzwanzig und seit einem halben Jahr verschwunden. Ich hatte vor einiger Zeit schon einen anderen Privatdetektiv aus Köln damit beauftragt, ihn zu suchen. Aber der ist nun auch verschwunden.«
    »Wenn ich Sie hier gleich unterbrechen darf«, sagte Matzbach. »Ich bin kein ›anderer‹ Privatdetektiv.«
    »Was denn?«
    »Sagen wir: Hobbydetektiv. Sie

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