Ein Feuerwerk für Matzbach: Baltasar Matzbachs achter Fall (German Edition)
und von einer schwachen Bedeckung gefolgt, wurde jenseits Siegen, unweit der Gränze des Herzogthums Berg, in dem Städtchen Freudenberg, von den aus dem Bergischen und dem Siegen’schen zusammengeströmten bewaffneten Landleuten überfallen. Die Bauern wußten nicht, welche werthvolle Fracht die Fuhrwerke belastete; und nachdem sie die Schädel der Franzosen und die Böden einiger Fässer eingeschlagen hatten, waren sie nicht wenig überrascht, einen Reichthum von mehr als zwei Millionen Franken auf einmal erbeutet zu haben. Mancher arme Schlucker wurde davon mit einem Male zum steinreichen Manne. Wer da aufpaßte und bei der Hand war, der konnte sich für all’ sein Leben von Nahrungssorgen los und ledig machen, denn zwei Millionen ist erschrecklich viel Geld, und in Silber macht es schon manches Ankerfaß voll. Es war in dem Städtchen Freudenberg an einem Hügel, wo der Ueberfall geschah. Als dort die Bauern ein schweres Faß nach dem andern von den Wagen warfen, da rollt eine Viertel-Ohm-Tonne den Berg hinab auf ein unten stehendes Häuschen eines armen Tagelöhners, schlägt die Hausthüre ein, rollt wider die Kellerthüre, durchbricht vermöge seiner Schwere auch diese, und poltert die Kellertreppe hinab. Der Hauseigenthümer, ein alter Mann, der sein Haus sorgfältig verschlossen hatte, wurde gar zornig über diese Störung und trat in die zerschlagene Thür und schimpfwortete den Berg hinan. Als er aber hernach in den Keller kam und das Faß einschlug und den Schatz an Gold und Silber erblickte, da macht’ er ein anderes Gesicht, und wußte sich vor Freuden nicht zu lassen. Wohl war Freude damals in Freudenberg und in der ganzen Umgegend. Die faulsten Bärenhäuter waren da fleißig im Wegtragen und beschwerten sich nicht über die größere Last. Aber nur wenige arme Leute, die so plötzlich reich geworden waren, wußten das Geld zu verwahren. Die meisten trugen es ins Wirthshaus und soffen sich zu todt; sonst sittliche Leute geriethen in Lüderlichkeit und vergingen wie Schaum. Die Wirthe und Krämer aber schafften kostbare Sachen, Flitterkram und Schnurrpfeifereien an, bauten Kegelbahnen, richteten allerlei Spielwerk ein mit Karten, Würfel und Lotto, und zogen auf diese Weise das Geld allesammt an sich. In kurzer Zeit war der ganze Reichthum in andern Händen, und gerade die Leute, welche das Meiste errafft hatten, waren hernach die Aermsten. Dies gab im Kleinen ein Bild davon, was es fruchten würde, wenn man Hab’ und Gut des Landes, wie den Communisten bedünkt, gleichtheilen wollte. Solche Gleichheit in Hab’ und Gut würde wohl währen von der Vesper bis zur Abendzeit.
Der Geldraub wurde aber alsbald kund unter den fliehenden Franzosen, und kaum hatten die Bauern ihre erbeuteten Schätze verscharrt und vergraben, als die erbitterten Rächer heranzogen. Die Rache der Unmenschen war furchtbar und traf, wie gewöhnlich, meistens Unschuldige. Der Gastwirth Stahl zu Römershagen, der bei der Sache nicht im mindesten betheiligt war, dessen Eigentum man aber gern confisciren mochte, wurde zum s. g. Warnexempel von den Kannibalen an ein vor seinem Hause stehendes Kruzifix mit ausgebreiteten Armen gebunden und diente so zur Zielscheibe der Flintenschüsse der Karmagnolen. Dies Mordbeispiel möge zur Charakterisirung genügen. Mehrere Dörfer wurden niedergebrannt und die darin ergriffenen Einwohner erschossen oder gebunden in die Flammen geworfen, ohne Untersuchung und Urtheil.
Einige der Wirthe und Krämer thaten sich zusammen, ihren Theil der Beute (man wisperte von einer reichlichen Million) außer Reichweite der Besatzer wie auch der eigenen Steuerpächter zu bringen. Nahe dem Dorfe Klitterbach im Bergischen wurden alle diese Münzen verborgen; und gerieth wohl der auserkorene Platz durch allerlei Todesfälle und die lange Dauer der Wirrnisse in Vergessenheit, denn Kunde vom Auffinden des Schatzes ward nimmer …«
6. Kapitel
Schätze, gleich ob auf einer Insel oder sonst wo, sollte man nur suchen, wenn die Hoffnung nicht ganz unbegründet ist, dabei etwas Interessanteres zu finden, zum Beispiel Long John Silver.
R OBERT L OUIS M ATZBACH
Irgendwo in der zweiten Reihe eines hohen Regalbretts der Abteilung
Erdk/Geogr
hauste seit langem ein weidlich gefleddertes Exemplar von Ritters Geographisch-Statistischem Lexikon 1874. Nach einigem Turnen, Grunzen und Verräumen hielt Baltasar es endlich in Händen. Darin fand er aber keinen Eintrag für Klitterbach. Immerhin gab es »Klerf, s. Clervaux«,
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