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Ein Feuerwerk für Matzbach: Baltasar Matzbachs achter Fall (German Edition)

Ein Feuerwerk für Matzbach: Baltasar Matzbachs achter Fall (German Edition)

Titel: Ein Feuerwerk für Matzbach: Baltasar Matzbachs achter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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unwandelbar fraktal«, sagte er. »Und leider in heftiger Eile, sonst könnte ich glatt vorschlagen, diese unverhoffte Begegnung in einem Café fortzusetzen.«
    Er hatte keinerlei Eile und absolut nichts zu erledigen; er wollte lediglich woanders sein. ›Anderswo?‹ dachte er. ›Anderwann? Vielleicht Nimmerwie.‹
    »Schade.« Ariane lächelte – ein Sommerlächeln, das ihn einmal gewärmt hatte. Früher. Vorher. »Ich finde, wir könnten nach all der Zeit ruhig mal essen gehen. Und ein bißchen plaudern. Oder sogar reden.«
    Matzbach runzelte die Stirn. »Reden? Ei. Aber wieso nicht? Hast du morgen abend schon was vor? Ich muß irgendwann, so gegen zehn, ein paar Freunde vom Flughafen abholen.«
    »Vorher?« Sie nickte. »Ja, ist gut. Wo? Wohnst du immer noch in der Nordstadt? In deiner unmöglichen Bude?«
    »Nein. Nicht immer noch, sondern wieder, und in einer anderen unmöglichen Bude. Und du? Plittersdorf?«
    »Ich bin ziemlich seßhaft; ja. Aber mobil.«
    Sie verabredeten sich für sieben Uhr in einem Lokal nahe der Bonner Oper, von wo Matzbach schnell Richtung Flughafen würde verschwinden können. Dann machte er eine Art Diener und verschwand.
    Es dauerte einige Zeit, bis ein freies Taxi vorbeikam; die Wartezeit und die Fahrt zu seinem Parkplatz verbrachte Baltasar mit unwirschen Gedanken.
    Einerseits war er beinahe gerührt über die Feststellung, daß Hermine ihn offenbar in erträglicher Erinnerung behalten hatte – erträglich genug jedenfalls, um auf Entstellungen oder andere Formen von Attacken zu verzichten. Andererseits mochte dies weniger an Erinnerungen liegen als vielmehr an den Erfordernissen der Kunst; vielleicht eigneten sich die diversen Hölzer nicht zu Persiflagen, vielleicht hatten sich Holz und Messer gegen die Absichten der Schnitzerin durchgesetzt und einen lachenden Buddha erzeugt, wo Hermine einen feixenden Matzbach anstrebte. Aber wer würde schon einen feixenden Matzbach anstreben? Ihn schauderte bei dem Gedanken.
    Und dann auch noch Ariane. Er war nicht ganz sicher, wie er gewisse Anzeichen deuten sollte. Damals, lange her, hatte sie jäh beschlossen, er sei ihr zu unruhig; »anderthalb Jahre mit einem Ungeheuer reichen«. Offenbar waren aber die Erinnerungen entweder verblaßt oder nicht so ungeheuerlich, daß sie ein gemeinsames Abendessen ausschlössen. Oder wollte sie etwa neu beginnen, nach all der Zeit? Allzu ruhiger Ruhestand?
    Als der Taxifahrer ihn neben seinem alten Citroën absetzte, war Baltasar noch nicht mit Denken fertig. Deshalb blieb er, nachdem er in die DS gestiegen war, einige Momente reglos sitzen, statt zu starten und Richtung Bonn zu fahren.
    ›Bin ich etwa abgehauen?‹ dachte er. ›Ei wie denn; ich flöhe nimmer. Sondern was nämlich?‹
    Flucht schied schon allein deswegen aus, weil er sich sagte, daß er, wenn Fluchtimpulse ihn getrieben hätten, keineswegs eine Verabredung zu einem Abendessen eingegangen wäre.
    Er brauchte fast fünf Minuten, bis ihm endlich die Erleuchtung kam: zuviel Matzbach. »Moi myself«, murmelte er, »plus die Canaillen aus Holz, plus was auch immer in Arianes Augen stak. Ei. Nun denn.« Er ließ den Wagen an; während die DS sich seufzend auf die Beine stellte, fiel ihm ein, daß er einmal vorgegeben hatte, an Omphalophobie zu leiden – krankhafte Abneigung dagegen, den eigenen Nabel zu betrachten, eine in der deutschen Literatur längst nicht ausreichend verbreitete Krankheit. Überdruß, Matzbach nicht nur sein zu müssen, sondern sich mit diesem auch noch beschäftigen zu sollen.
    Nachdem er dies endlich begriffen hatte, grinste er und beschloß, auf der Fahrt nach Bonn an interessantere Dinge zu denken. Rosa Elefanten, zum Beispiel, oder Käffer im Bergischen. Oder Lokale in Bonn, in denen er nach der Döner-Vorspeise ein wirkliches Nachtmahl zu sich nehmen konnte.
    *
Vgl. Schmusemord

7. Kapitel
    Konfuzius zufolge ist ein Tag nur gut, wenn man ihn nach dem Aufstehen mit tugendhaften Tätigkeiten füllt; es bleibt jedoch das Dilemma, daß ein Tag nichts mehr wert ist, den man mit Aufstehen beginnt.
    F ELIX Y Ü
    Der nächste Tag begann ausgezeichnet, wie Matzbach fand. Die dem Morgen zuteil werdende Auszeichnung war ein gepflegter Landregen, der sich in die Stadt verirrt hatte und dort den Sommer verfremdete. Baltasar zog den Regen und die etwas mildere Temperatur den sommerlichen Hitzewallungen der vergangenen Tage vor. Dies vor allem, weil die Luftfeuchtigkeit des Bonner Sommers durch Regen kaum vermehrt wurde. Die

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