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Ein Feuerwerk für Matzbach: Baltasar Matzbachs achter Fall (German Edition)

Ein Feuerwerk für Matzbach: Baltasar Matzbachs achter Fall (German Edition)

Titel: Ein Feuerwerk für Matzbach: Baltasar Matzbachs achter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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findet man sie auf einer Reise durch dies verwunschene, kaum verheißene Land. Reisen bildet, verreisen verbildet.
    J AKOB J ANSEN
    Am Samstagmorgen brachte Matzbach, wie abgemacht, dem Hacker einen größeren Barbetrag. Bei strammem Kaffee im Antiquariat überlegten er und Yü danach, ob sie nicht doch lieber pendeln und in gewöhnlichem Zivil ermitteln sollen.
    »Es wäre ein Jammer, die netten Überlegungen nicht umzusetzen«, sagte Daniela; dann gähnte sie. »Männer mit Pinsel sind viel besser als Frauen mit Jetlag. Und wie heißt das Kaff noch mal? Knötterbach?«
    »Klötenbach«, sagte Matzbach. »Mangels Masse.«
    »Kleckerbach, weil man da so schön mit Farbe sauen kann.« Yü fuchtelte mit den Armen, als würfe er literweise Karosserielack in die Landschaft.
    »Also – pendeln oder nicht pendeln? Ist das hier die Frage?«
    Daniela gähnte abermals. »Ich hätte nichts gegen Bewegungen des Pendels, wenn es das richtige ist.«
    Matzbach kratzte sich den Kopf. »Ihr seid obszön, Verehrteste. Zeit, daß man Euch in der Karibik versenkt.«
    »Wie Meng-tse sagte, kann der Reinlichste nicht in Gelassenheit sudeln, wenn es dem über die Maßen befleckten Nachbarn nicht genehm ist.«
    Matzbach schwieg einen Moment. »Ach ja, die Weisheit der Chinesen«, sagte er dann. »Das trifft mich tief. Nun denn, aber wie? Ich glaube, trotz aller Hers und Hins und Kunz sollten wir bedenken, daß es sich um einen entlegenen Ort handelt. Klitterberg, meine ich, oder Klapperbach, oder Kletterburg.«
    »Entlegen?« sagte Daniela. »Mindestens dreißig Kilometer Luftlinie von Köln, also kurz vor Sibirien, oder wie meinst du?«
    »So ähnlich.«
    »Was hat es mit der Entlegenheit auf sich?« Yü blickte interessiert.
    »Entlegene Orte sind für bloß Zugereiste nicht zu durchschauen.« Matzbach rieb das Gesäß an der Kante des Kassentischs. »Sie sind gewöhnlich bewohnt von Personen, die mangelnde Weltkenntnis vorteilhaft verbinden mit überschäumender Heimatliebe.«
    Daniela grinste. »Ach!«
    »Eben. Wie wir aus Köln und Bonn, aber auch Paris und Berlin wissen, sind Metropolen Hochburgen des Provinzialismus; in der Provinz dagegen gibt es keinerlei Hochburg, sondern nur die Flachheit, vor allem in hügeligen Gegenden. Wer dort etwas erfahren will, muß sich heftig anpassen.» Er zauderte, dann sagte er: »Wollen wir es osmotische Anpassung nennen? Eintauchen, um von innen zu erfühlen, wie alles tickt.«
    Yü schüttelte den Kopf. »Die Bewohner sind, deinem Vernehmen nach, lauter Zivilisationsflüchtlinge, vor allem aus Köln; Medienleute und so was. Meinst du wirklich, die müßte man behandeln wie Marsbewohner beim ersten Kontakt?«
    »Vorsichtiger.« Matzbach schnitt eine Grimasse. »Marsbewohner, sagen wir mal so, dürften für ihre Umgebung relativ normal sein. Wir haben es dagegen in Kittelbach ausnahmslos mit Durchgeknallten zu tun. Und die wenigen überlebenden Eingeborenen sind so an Durchgeknallte gewöhnt, daß wir nur eine Chance haben, wenn wir irgendwie mitspielen können.«
    »Er meint«, sagte Daniela mit hörbarem Hohn, »nur als Meschuggene maskierte Meschuggene haben eine Chance, für normal gehalten zu werden. Ihr braucht euch also nicht weiter zu verstellen.«
    »Also nix wie hin.« Yü leerte seinen Kaffeebecher und stand auf. »Hast du dir schon überlegt, wo du das künstlerische Zubehör kaufen willst?«
    »Feuchtwarme Gedanken habe ich mir gemacht.« Matzbach nannte den Namen eines größeren Ladens am Rande der Innenstadt. »Was brauchst du denn so, für malérische Chinoiserien? Tusche, Pinsel, Skizzenblock?«
    »Anders als du«, sagte Daniela, »kann Felix tatsächlich malen.«
    »Erspart mir das.« Baltasar preßte die Lippen zu einem schmalen Strich. »Keine weitergehenden Intimitäten über den Einsatz persönlicher Pinsel; ich werde jetzt einkaufen gehen. Geldverschwendung ist für einen Greis angenehmer, als den Frivolitäten der Jugendlichen zu lauschen. Kommst du mit?«
    Unterwegs hielt Yü einen von Matzbach bestenfalls durch Grunzlaute punktierten Monolog über die Möglichkeiten, im Bergischen Land nicht nur Hügelkuppen mittels Tusche zu vertuschen oder zu verkuppen; man könne, sagte er, ja auch Kurse anbieten, um derlei Kunstfertigkeit weiter zu verbreiten. Zweifellos gebe es dort, wo die schönen Menschen der schönen neuen Medienwelt sich tummelten, jede Menge Bedarf an Lehrveranstaltungen für Batik, Heilpraktik, Wünschelrutengehen und andere Zerstreuungen, warum also nicht

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