Ein Feuerwerk für Matzbach: Baltasar Matzbachs achter Fall (German Edition)
sagte Baltasar, als sie den zweiten Liter Kaffee (begleitet von ein paar Gläschen Armagnac) beendet hatten und das Geplauder zu zerfasern begann.
»Und zwar?«
»Erstens: die verheißenen Adressen der Heimatpfleger, die vielleicht etwas über die Schächte wissen. Und zweitens: Wovon lebt ihr hier eigentlich?«
Der Knecht lachte und stand auf. »Vom Arbeiten; ich geh wieder rüber.«
Wayne und Yü erhoben sich ebenfalls. Sie holte einen Zettel aus dem Schrank mit den gräßlichen Bechern und Tassen, und Yü sagte:
»Ich hörte, da drüben gibt es alte Autos zu bewundern. Darf ich mitkommen?«
»Klar doch.«
Als die beiden verschwunden waren, schien Wayne einen Moment zu zögern; dann setzte sie sich auf Matzbachs Knie, legte die Arme um seinen Hals und küßte ihn. Es war eine längere Unternehmung.
»Huch«, sagte er, als sie vorläufig fertig waren.
»Wie meinen?«
»Abermals huch.« Er lächelte. »Bei der sowohl intensiven als auch extensiven Vorgehensweise, Madame, wird mir glatt das Höslein eng.«
»Hab ich gemerkt. Sollen wir dagegen sofort etwas unternehmen oder sind die Fragen sehr wichtig?«
»Du weißt, ich bin ein alter Mann.«
»Ah ja. Und?«
»Greise neigen zur Vergeßlichkeit. Vielleicht kann ich mich hinterher nicht mehr an die Fragen erinnern.«
Sie lachte. »Das ist natürlich problematisch.«
»Nicht wahr? Aber ob es so ist, kriegt man erst raus, wenn man es rausgekriegt hat, gewissermaßen. Das Risiko muß man einfach eingehen.«
Yü und Knecht Ruprecht hatten sich noch nicht blicken lassen. Wayne setzte den nächsten Kaffee an und schmierte ein paar Brote, während Matzbach den Zettel mit den Adressen überflog.
»Alle in der Nähe, was?« sagte er. »Und die andere Frage?«
»Ich hüte Pferde, auf denen manchmal ein paar Leute reiten. Hab ich dir doch gesagt.«
»Du hast aber auch gesagt, daß man davon nicht leben kann.«
»Das stimmt.« Sie kam zum Tisch und stellte die Platte mit Broten ab. »Als Herr Bergedorf sich von mir scheiden ließ, um sich mit ein paar jungen Blondinen abzumühen, hat er auf Anwälten bestanden. Ich hätte billiger eingewilligt, weil ich ihn auch loswerden wollte, aber die Anwälte sahen das anders.«
»Der Hof und Knete?«
Sie nickte. »Reichlich.« Dann lachte sie. »Sonst hätte ich deinen Topf nicht geschenkt genommen.«
»Warum?«
»Ich kenne den Töpfer, Knut; ich weiß, was er für Preise hat. Und ich würde nie ein Geschenk annehmen, das ich nicht notfalls erwidern kann, wenn mir danach ist.«
»Dann haben wir ein Problems, sagte Baltasar.
»Inwiefern?«
Er kicherte. »In meiner Bonner Bude ist kein Platz für solche Mammutamphoren.«
»Wir werden uns was einfallen lassen müssen.«
»Wird uns schon gelingen. Darf ich mich noch
en passant
erkundigen, was Knecht Ruprecht genau treibt?«
Sie setzte sich auf die Tischkante und berührte Baltasars Nase mit der Fingerspitze. »Neugieriges kleines Kerlchen, du. Aber da gibt’s kein Geheimnis. Wir sind ja alle erwachsen. Den hab ich im Dorf kennengelernt, bei einer dieser blödsinnigen Vernissagen. Er war gerade angekommen, kannte da einen Maler. Er hat immer alte Autos aufmöbeln wollen. Auch Kutschen und so was; steht alles draußen und im Stall rum. Hat studiert, und dann hat er im Lotto gewonnen.«
»Unangenehm.«
»Ja, nicht wahr? Oder nicht Lotto, sondern diese Sofortrente, wie heißt das. Glücksspirale? Egal. Jedenfalls: Er hat einen unerfreulichen Vater – einer von denen, die Knete satt haben, aber immer mehr wollen. Der hat verlangt, daß er nicht nur alle bisher angefallenen Ausbildungskosten zurückzahlt, jetzt, wo er es sich leisten kann, sondern ihm sozusagen bis ans Lebensende die Hälfte der Monatsrente abtritt. Da ist er dann abgehauen, um dem ewigen Ärger zu entgehen; hier bastelt er an Kutschen und Karren herum und ist fröhlich. Zwei alte Jaguars – Jaguare? – hat er schon aufgemotzt und verkauft.« Sie schwieg einen Moment; dann sagte sie: »Und falls dich das interessiert, wir haben ein- oder zweimal miteinander geschlafen, aber der Altersunterschied und die Vorlieben waren irgendwie dagegen. Außerdem hat er dann Gudrun abgeschleppt. Oder sie ihn.«
Matzbach ergriff ihre rechte Hand und zog sie an die Lippen. »Danke, Huldvolle«, sagte er. »Bin ich jetzt dran mit Beichten?«
»Mit Lückenfüllen.«
»Wie meinst du das?«
Sie zog die Unterlippe zwischen die Zähne und lächelte schräg. »Yü hat so kunstvoll um bestimmte Löcher herumgeredet,
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