Ein Feuerwerk für Matzbach: Baltasar Matzbachs achter Fall (German Edition)
gestern, daß ich gern wüßte, was sich in denen so tummelt.«
»Ah, die Schwatzhaftigkeit der Freunde. Na gut.«
Tugend- und lügenhaft begann er, eine knappe Skizze seines »unwichtigen Daseins« zu liefern. Benno Vogelsang, der nicht Benno Vogelsang war, ließ er aus; er erwähnte Herrn Tugendhaft (Wayne pfiff durch die Zähne) und den von diesem beauftragten, verschwundenen Detektiv Goldstein mit seiner Meldung aus Klitterbach. Dann nannte er Montanus und die Geschichte von den verlorenen Schätzen – »ach, diese alte Nummer?« Sie lachte. »Da haben schon so viele nach gesucht.« – und die Säuglingsentführung samt Fleißners 100.000 Euro Belohnung.
Während er redete, hatte sie Kaffee eingegossen und zwei Brote gegessen. Als er zum Schluß kam, sagte sie:
»Sherlock Matzbach also, oder lieber Baltasar Poirot? Ist ja lustig. Und jetzt suchst du einen verschwundenen Detektiv, einen verschwundenen Säugling und die verschwundene Franzosenbeute von anno was? Siebzehnsiebenundneunzig?«
»So etwa.« Er hob seinen Becher, ein grünes Froschmonster, und berührte damit ihren – rot, ein amorphes Ferkel. »Ich bin aber mit dem, was ich hier unverhofft gefunden habe, vorerst sehr zufrieden.«
Sie lachte. »Prost. Gleichfalls. Aber das ist rein sexuell. Ich weiß nicht, was daraus wird.«
»Klar; Sentimentalitäten sind mir sowieso zuwider, und außerdem soll man jungen Frauen keine alten Männer zumuten. Außer manchmal zwischendurch.«
Der dritte Name auf dem Adressenzettel, ein pensionierter Eisenbahner in einem Kaff bei Wipperfürth, erwies sich als Treffer. Der Mann war bereit, Matzbach noch am gleichen Nachmittag zu empfangen. Baltasar fuhr hin; bis er zum Hof zurückkam, war die Sonne untergegangen.
Wayne war bei einer Nachbarin, um irgendwas zu besprechen, was mit Heu und Weiden zu tun hatte. Matzbach und Yü machten einen Abendspaziergang Richtung Grubenbahn; unterwegs berichtete Baltasar.
»Der Alte ist Klasse. Unendlich öde, aber Klasse.«
»Wie geht das zusammen?«
»Er weiß alles über die Grubenbahn und die Schächte und die Dinge, die damit zusammenhängen. Anekdoten, Unfälle, Umbaumaßnahmen, Fördermengen im achtzehnten Jahrhundert, was du willst. Und abgesehen davon weiß er, daß er Eisenbahner war, sonst nichts.«
Yü blinzelte in den Mond. »Der wahre Experte weiß Viel über Wenig und am Ende Alles über Nichts, wie?«
»So sagt man, und ich fürchte, es ist so.«
»Und was ist dabei rausgekommen?«
»Durch taktvolle Fragen – du weißt ja, wie elegant ich so etwas machen kann …«
»Mit der Anmut des Breitmaulnashorns, das einen Kolibri zur Herausgabe des von ihm entwendeten Fahrrads überreden möchte«, sagte Yü.
»Anmut? Na gut, dann eben Anmut. Ich habe mich beiläufig erkundigt, ob denn viele Unfälle passiert seien, so daß es wahrlich unabdingbar gewesen sei, die Schächte zu sperren. Und da hat er alte Alben herausgekramt – Zeitungsausschnitte, Fotos, Todesanzeigen, alles, was du nicht haben willst. Unter anderem einen Ausschnitt aus dem Jahre ich glaube sechsundsechzig, einen jungen Mann namens Benno Vau betreffend, der in einen bestimmten Schacht gestürzt war und erst nach mehreren Tagen schwerverletzt geborgen wurde.«
Yü summte leise. »Ich überlege gerade«, sagte er dann, »was das Breitmaulnashorn eigentlich mit dem Kolibrifahrrad anfangen will. Abgesehen davon – welcher Schacht ist es?«
Als sie zum Hof zurückkehrten, hatte Wayne eben eine Flasche Barolo entkorkt; Knecht Ruprecht und Gudrun saßen am Tisch und vertilgten die letzten Bratkartoffeln.
»Ah, das freundliche Fräulein Gudrun«, sagte Matzbach. »Am freien Montag so spät unterwegs?«
»Ah, der großzügige Herr Matzbach.« Die Kellnerin lächelte ihn an. »Sind Sie denn zufrieden gewesen mit dem Service in der
Tränke
?«
»Wenn ich jetzt nein sage, rücken Sie dann das Trinkgeld wieder raus?«
»Das ist längst im Sparstrumpf.«
Ruprecht beugte sich vor, dann zur Seite, um unter dem Tisch die Beine seiner Freundin auf Strümpfe oder anderes zu untersuchen.
Wayne sah Baltasar an, dann den Knecht, dann wieder Baltasar. »Solltest du nicht … ?«
Matzbach runzelte die Stirn und schaute zu Yü; der hob die Schultern und deutete dann ein Nicken an.
»Da ich so etwas wie ein Hobbydetektiv bin«, sagte Baltasar, »habe ich manchmal auch unangenehme Kunden.«
Knecht Recht blickte ein wenig irritiert drein.
Yü hob den rechten Zeigefinger. »Konfuzius hat gesagt – ach nein,
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