Ein Feuerwerk für Matzbach: Baltasar Matzbachs achter Fall (German Edition)
paar Tage da gelegen, bis man ihn eher zufällig fand.«
Sie setzte sich ruckartig auf; der Ring kullerte von ihrem Bauch aufs Laken. »Du meinst – er ist in
den
Schacht gefallen? Aber warum hat er dann nie …«
»Ich weiß es nicht. Vielleicht wußte er nichts von dem Schatz, oder hielt alles für so ›angeblich‹, daß er nie eins und eins zusammengezählt hat. Außerdem wollte er nie wieder nach Klitterbach – wenn das, was man mir gesagt hat, stimmt.«
Sie stützte sich auf die Ellenbogen und sah ihn fragend an. »Man? Wieso man? Ich denke, es war Benno.«
»Ein Mann hat Kontakt mit mir aufgenommen, mir den Ring gegeben und eine Geschichte von
amour fou
und so weiter erzählt. Er nannte sich Benno Vogelsang.«
»Und? War es nicht Benno?«
»Yü kennt Vogelsang; zufällig habe ich ein paar Äußerlichkeiten meines Besuchers erwähnt, und da sagte Yü, das sei nicht Vogelsang.«
»Wer denn? Wer sollte die Geschichte kennen und an den Ring gekommen sein?«
»Helmers. Ich habe ihn auf den Fotos im Schaukasten an der Kirche erkannt.«
»Ah.« Sie schwieg einen Moment; dann ließ sie sich wieder aufs Kissen sinken. »Paßt«, sagte sie. »Aber wo steckt Benno?«
»Der hat seinen Laden in Köln für den Sommer dichtgemacht und ist in Ferien gefahren. Euer Pfarrer, sein Halbbruder, fährt zur Kur. Irgend einer der beiden kennt einen alten Bekannten beziehungsweise Kunden, dem ich mal geholfen habe, als sein Onkel ermordet worden war. Der alte Bekannte hat mich erwähnt; so weit dies.
Der Rest ist mehr oder minder zusammengereimt. Vielleicht hat Helmers doch geplaudert, so daß Vogelsang wußte, wo du steckst; vielleicht hat Vogelsang ihm einfach so den Ring gegeben – ›ich will ihn loswerden, und falls du mal Marion siehst … ‹. Vielleicht gibt es aber noch eine andere Erklärung, auf die ich gerade nicht komme.«
»Aber wieso jetzt? Wieso die Heimlichkeit, wieso Helmers Behauptung, er wäre der andere?«
»Tja«, sagte Baltasar. »Abermals tja. Jetzt wird es glitschig, und das kriegen wir wahrscheinlich nie raus, weil wir es nicht rauskriegen dürfen. Ich sage das jetzt mal so ins Unreine. Es gibt da eine extrem katholische Hebamme. Die läßt sich dafür, daß sie von einem totgeborenen Kind nichts sagt, zehntausend Euro geben und geht in Rente. Dreiundsechzig war sie sowieso, glaube ich. Weil sie aber extrem katholisch ist, plagt die Lüge ihr Gewissen, und weil sie, wie Gudrun sagt, jede Woche beichten geht, beichtet sie auch das. Dadurch weiß der Pfarrer, was wirklich hinter der angeblichen Entführung steckt, kann aber nichts tun – Beichtgeheimnis. Er erinnert sich, daß jemand ihm mal von einem gewissen Matzbach erzählt hat, der allerlei Blödsinn betreibt. Dem erzählt er, unter falschem Namen, die Geschichte mit der Liebschaft und dem Ring und der abgängigen Marion Wiegeler und erwähnt, ganz nebenbei, daß in Klitterbach ein Säugling entführt wurde und daß hier vielleicht irgendwo ein Münzschatz aus der Franzosenzeit herumliegt. Und hofft, daß besagter Matzbach, wenn er an einer Seite zu porkeln beginnt, an der anderen etwas anderes findet. Nämlich das, was Helmers wegen des Beichtgeheimnisses nicht erzählen darf. Dann geht er zur Kur, die er vielleicht sogar braucht, die ihm aber dazu verhilft, nicht anzuwesen, während Matzbach wühlt, denn der könnte ihn ja erkennen. Beichtgeheimnis gewahrt, trotzdem Finsterlinge überführt und Halbbruders Ring ausgehändigt.«
Er hob die Hand, als Wayne etwas sagen wollte. »Moment. Andere Variante. Ohne unter das Beichtgeheimnis fallende Einzelheiten zu nennen, redet er mit Vogelsang darüber – von wegen, was soll ich mit meinem Gewissen, meinem Wissen und dem Beichtgeheimnis machen? Vogelsang schlägt ihm dies und jenes vor, und der Kontakt zu mir wird aufgenommen, wenn Yü nicht da ist, der Vogelsang kennt, und Vogelsang nicht da ist, so daß ich ihn nicht kennenlerne. Wie klingt das?«
»Treffer.« Sie nahm den Ring in die Hand. »Soll ich den jetzt behalten? Und was machen wir mit all dem anderen Zeug?«
»Das klären wir nach dem Frühstück. Es gibt aber noch eine andere offene Frage.«
»Nämlich?«
»Ob du mir wegen der Enthüllungen und vorhergehenden Halblügen deine Zuneigung entziehst.«
Sie lachte. »Ach nein, wozu? Immerhin hat dich das alles hergebracht. Und … weißt du, einen halbwegs brauchbaren jungen Mann krieg ich jederzeit, aber so was wie dich, einen beschepperten Alten …«
22. Kapitel
Erst schwach
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