Ein feuriger Gentleman: Roman (German Edition)
Falten. »Dein Kleid ist zerrissen.«
Er nahm die eingerissene Seide an ihrem Ausschnitt und strich den zarten Stoff zurück über ihre Brust zu der Schulternaht, an der er ausgerissen war.
Da hörten sie Gekicher.
Sie drehten sich beide um. Jack hielt sie immer noch schützend in seinen Armen.
Einige Gäste standen dicht gedrängt ein Stück entfernt an der Lücke in der Hecke. Zwei der Männer hielten Laternen in die Höhe.
»Ah«, sagte der eine. »Wir, äh, dachten, wir hätten einen Schrei gehört, und sind gekommen… nach dem Rechten zu sehen.«
Es war nicht sonderlich überraschend, dass diese Äußerung mit einem neuerlichen Gekicher quittiert wurde. Ein paar der älteren Gäste flüsterten etwas hinter vorgehaltener Hand.
Clarice schloss die Augen und unterdrückte ein Stöhnen. Es war nicht schwer, sich vorzustellen, was sie glaubten, gesehen zu haben.
Jack war leicht zerzaust und wirkte, als sei er bereit, sie gegen alles zu verteidigen. Ihre Röcke waren zerknittert, ihr Domino verrutscht und ihr Oberteil eingerissen – und sie hatte ja in der Tat geschrien. Es gab keinen Zweifel daran, dass sie genau in dem Moment hinzugekommen waren, als sie sich so leidenschaftlich und selbstvergessen geküsst hatten.
Jack blickte sie an und wusste nicht, was er sagen sollte. Und sie ebenfalls nicht.
Ehe sie einen Versuch unternehmen konnten, alles zu erklären, drängte sich Alton durch die Menge und kam geradewegs auf sie zu. »Was, zum Teufel, geht hier vor?«
»Zwei Männer haben Clarice angegriffen und versucht, sie zu entführen«, sagte Jack mit gesenkter Stimme.
»Was?« Alton starrte sie an. Zu Jacks Erleichterung schien er ihre Blässe zu bemerken. »Meine Güte! Geht es dir gut?«
»Ja, Jack hat mich rechtzeitig gefunden. Aber …«
»In welche Richtung sind sie davongelaufen?« Alton suchte die Dunkelheit ab.
Jack zeigte in die entsprechende Richtung.
»Aber sie werden längst fort sein. Ich konnte Clarice nicht allein lassen, um ihnen nachzurennen.«
»Natürlich nicht!«
»Alton …«
»Meine Güte! Was ist los?« Lady Camleigh eilte herbei, warf den Umstehenden einen strengen Blick zu, woraufhin diese langsam zurückwichen. Sie schaute zu Jack und Clarice. Ihre Augen öffneten sich weit. »Was …?«
Alton erklärte es ihr, bevor Jack dazu ansetzen konnte.
Binnen einer Minute hatten sich Lady Cowper, Lady Davenport und schließlich Lady Holland eingefunden, zusammen mit Sarah, Roger und Nigel und deren Verlobten.
Jack, der Clarice immer noch in den Armen hielt, konnte die Anstrengung spüren, die es sie kostete, aufrecht stehen zu bleiben, den Kopf hoch zu halten, die Schultern gereckt. Alle riefen durcheinander, fragten, wie das nur hatte passieren können, ob alles wieder in Ordnung war …
»Ruhe, bitte!« Clarice schrie nicht, aber ihr Tonfall durchdrang das Stimmengewirr sehr wirkungsvoll.
Alle schwiegen und sahen sie an.
Sie stand neben Jack und stützte die Hände in die Hüften. Dann hob sie das Kinn und erklärte ruhig:
»Es gibt da etwas, das ihr alle wissen müsst.«
Jack konnte spüren, dass sie von dem Schreck und der Aufregung immer noch zitterte, aber in ihrer Haltung, ihrer kühlen Beherrschung und in ihrem steten Blick war nichts davon zu erkennen.
»Bevor ihr kamt, hatte sich eine Gruppe Gäste zusammengefunden – reichlich spät, nachdem ich um Hilfe geschrien hatte. Nachdem Jack mich gerettet hatte und die Männer, die mich angegriffen hatten, verschwunden waren, haben wir uns geküsst. Dann hat er mir geholfen, mein Kleid in Ordnung zu bringen.« Mit einer Hand deutete sie auf ihre Schulter, wo das Oberteil aufklaffte. »Das hat bedauerlicherweise die interessierte Menge gesehen.« Sie machte eine Pause und blickte sich
um in der Runde ihrer Unterstützer. »Ich denke, es ist nicht schwer, sich vorzustellen, was sie dachten.«
»Verdammt!« Es war Nigel, der ihre Gedanken laut aussprach.
Langsam und würdevoll neigte Clarice den Kopf. »Genau. Allerdings … ich fürchte, ich bin jetzt wirklich nicht mehr der Aufgabe gewachsen, mich in der nächsten Stunde unter die Gäste zu mischen, als sei nichts geschehen, damit keine Gerüchte aufkommen.«
Mit besorgter Miene trat Alton zu ihr.
»Aber du bist nicht in Ordnung!«
Clarice hob abwehrend eine Hand.
»Ich fühle mich nur ein bisschen zittrig, das ist alles. Jack bringt mich ins Benedict’s zurück. Morgen früh werde ich restlos wiederhergestellt und ganz die Alte sein. Sie atmete
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