Ein feuriger Verehrer
Clarissas geschundenes Gesicht näher an sie heran. »Entsorgt?«
»Ja.« Clarissa atmete tief durch und verschränkte ihre Hände. »Nachdem es – nachdem es passiert war … habe ich Zeke mit der Bitte, mir ein Glas Wasser zu besorgen, aus dem Raum geschickt.«
Sie schaute zu dem nach wie vor vollen Glas, das auf einem mit Intarsien verzierten kleinen Tischchen stand, dessen Lack sichtbar unter dem über den Rand geschwappten Wasser gelitten zu haben schien. »Als er weg war, habe ich die – die Leiche von einem der Droiden raustragen und wegfahren lassen. Ich habe den Droiden programmiert. Ich – ich weiß, wie so was geht. Ich habe ihn angewiesen, die Leiche in den Fluss zu werfen. Von der Brücke in den East River.«
»Sie war aufgeregt«, mischte sich abermals Zeke in das Gespräch. »Sie hat nicht nachgedacht. Es ging alles so schnell und ich -«
»Zeke, setzen Sie sich hin. Da drüben.« Eve wies auf die Couch.
»Sie hat nichts getan. Ich war es. Ich habe ihn gestoßen. Ich wollte nicht … er hat ihr wehgetan.«
»Setzen Sie sich, Zeke. Roarke, würdest du Mrs Branson bitte in ein anderes Zimmer bringen? Ich denke, es ist das Beste, wenn sie sich ein paar Minuten hinlegt.«
»Selbstverständlich. Kommen Sie, Clarissa.«
»Es war nicht seine Schuld.« Erneut fing sie an zu weinen. »Es war meine Schuld. Er wollte mir nur helfen.«
»Schon gut«, murmelte Roarke. »Eve wird sich darum kümmern. Kommen Sie jetzt mit.« Als er Clarissa aus dem Zimmer führte, sandte er seiner Frau einen langen, stummen Blick zu.
»Bisher wird noch nichts von unseren Gesprächen aufgenommen, Zeke. Nein«, fuhr sie kopfschüttelnd fort. »Sagen Sie nichts, bevor Sie mich nicht angehört haben. Ich muss alles wissen, jede Kleinigkeit, jeden einzelnen Schritt. Ich will nicht, dass Sie irgendetwas verschweigen.«
»Ich habe ihn getötet, Dallas.«
»Ich habe gesagt, dass Sie die Klappe halten sollen.« Verdammt, warum hörten die Leute niemals richtig zu? »Ich werde Sie über Ihre Rechte aufklären, und dann werden wir reden. Sie können einen Anwalt zu dem Gespräch hinzuziehen, aber als Freundin Ihrer Schwester gebe ich Ihnen den Rat, das noch nicht zu tun. Erzählen Sie mir einfach, was passiert ist. Danach fahren wir auf die Wache und führen ein offizielles Verhör mit Ihnen durch. Dann erst sollten Sie sich einen Anwalt nehmen. Ich schalte gleich den Rekorder an, und wenn ich das mache, gucken Sie mir direkt in die Augen. Verstanden? Wenden Sie den Blick nicht von mir ab, und sprechen Sie möglichst ohne zu stocken. Ich gehe davon aus, dass es eine Notwehrhandlung oder gar ein Unfall war. Aber dadurch, dass Clarissa die Leiche hat entsorgen lassen, hat sie Sie beide in Gefahr gebracht.«
»Sie hat nur -«
»Verdammt, halten Sie den Mund.« Sie raufte sich frustriert die Haare. »Trotzdem gibt es bestimmt einen Ausweg. Dafür wird der Anwalt da sein und die psychologische Begutachtung, die ich in Auftrag geben werde. Jetzt aber werden Sie mir erst mal alles ganz genau erzählen und, wie gesagt, lassen Sie dabei ja nichts aus. Bilden Sie sich nicht ein, dass Sie Clarissa helfen, wenn Sie irgendwas verschweigen. Dadurch würde alles nur noch schlimmer.«
»Ich werde Ihnen sagen, was passiert ist. Ganz genau. Aber müssen Sie sie wirklich mit auf die Wache nehmen? Sie hat Angst vor der Polizei. Sie ist so zerbrechlich. Er hat ihr wehgetan. Wenn Sie vielleicht nur mich verhaften könnten?«
Sie setzte sich auf den Rand des Kaffeetischs und fixierte ihn reglos. Himmel, dachte sie. Gütiger Himmel, er war wirklich noch ein Kind. »Vertrauen Sie Ihrer Schwester, Zeke?«
»Ja.«
»Und Ihre Schwerster vertraut mir.« Eve hörte Stimmen in der Eingangshalle und stand wieder auf. »Das wird sie sicher sein. Meinen Sie, dass Sie sich ihretwegen noch etwas zusammenreißen können?«
Er nickte und stand auf, als Peabody hereingeschossen kam. »Zeke. Mein Gott, Zeke, ist alles in Ordnung?« Fast wäre sie ihm um den Hals gefallen, dann aber blieb sie direkt vor ihm stehen und strich mit ihren Händen über sein Gesicht, seine Schultern, seine Brust. »Bist du verletzt?«
»Nein. Dee. » Er legte seinen Kopf an ihre Stirn. »Es tut mir Leid. Es tut mir so furchtbar Leid.«
»Schon gut, alles in Ordnung. Wir werden uns um alles kümmern. Wir werden die Sache klären. Wir müssen einen Anwalt verständigen.«
»Nein. Noch nicht.«
Mit tränenfeuchten, vor Entsetzen weit aufgerissenen Augen wirbelte Peabody zu Eve herum.
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