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Ein fliehendes Pferd

Ein fliehendes Pferd

Titel: Ein fliehendes Pferd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Walser , Helmuth Kiesel
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Masseur Apoll läßt grüßen, sagte Helmut. Aber er stimme seiner Frau zu, die Wirkungen einer solchen Segelpartie seien für einen Nichtsegler ganz unvorstellbare. Auch er fühle sich durchgearbeitet. Er wisse nur noch nicht, von wem oder was. Apoll sei bei ihm sicher nicht tätig geworden. Aber ein Gott könne es schon gewesen sein. Er möchte sich auf jeden Fall ganz ganz herzlich bei Hel und Klaus Buch dafür bedanken, daß die zwei ihn und Sabine so geduldig auf ihrem Boot ertragen hätten, und er wünsche beiden noch recht angenehme Urlaubstage. Das ließ Klaus Buch nicht gelten. Abschied! Was? Wie bitte? Ach so, ein echter Ha-Ha-Einfall. Soll es das sein? Er ist ein Sadist, das wissen wir ja, sagte Hel. Manchmal versucht er’s zu übertreiben, sagte Sabine.
    Ich sehe, wir sind einig, sagte Klaus. Kinder, Kinder, das war grad ein Schreck. Wir wünschen euch beiden noch recht angenehme … ich werde gleich handgreiflich. Er boxte halb spielerisch, halb ernst auf Helmut ein.
    Also, sagte er, da Helmut mit Recht das Gefühl hat, ich wolle, wenn ich ihm beim Essen zuschaue, ununterbrochen sagen Iß nicht soviel, treffen wir uns erst nach dem Abendessen … Mensch, Moment, wie heißt jetzt der mit den Semmeln, rief Helene. Swedenborg, sagte Sabine. Jetzt schreib ich mir’n selber auf, sagte Hel; der hat nämlich ein Gedächtnis wie ein Loch. Wie’n Sieb, bitte, größere Brocken behalt ich, sagte Klaus. Keine Sorge, dann behältst du Swedenborg, sagte Helmut. Also um halb neun, sagte Hel. Helmut zog Sabine fort. Wir holen euch ab, rief Klaus Buch. Es klang wie eine Drohung. Jaa-a, rief Sabine. Es klang wie eine Zärtlichkeit.
    Helmut und Sabine trotteten zu ihrer Wohnung. Sobald sie von diesen Buchs weg sind, wird’s Werktag, wird’s finster, ist der Ofen aus. Quatsch. Behaupte lieber das Gegenteil. Helmut fluchte. Verfluchte Sabine. Warum hatte sie ihm nicht geholfen, den Angriff dieses Eß- und Seesportlers abzuwehren? Sabine gab sich überrascht. Hatte Helmut nicht gerade noch den Nachmittag in den höchsten Tönen gelobt. Das hätte er doch nicht getan, wenn ihm die Buchs unangenehm wären, oder? Doch, sagte er. Stimmt, sagte sie, du bist imstand dazu.

    5.

    Helmut tyrannisierte Sabine so, daß sie rechtzeitig hinauskamen. Fünf vor halb neun standen sie vor der niederen Gartentür. Neben den Mülleimern. Dann war Montagabend. In den elf Jahren war es ihm noch nicht ein einziges Mal gelungen, die Mülleimer hinauszuschleppen. Immer wenn er hinkam, hatte Frau Zürn sie schon hinausgeschleppt. Er hätte gern einmal die Zürnschen Mülleimer und ihren hinausgeschleppt. Hilfsbereit zu erscheinen, würde ihm Spaß machen.
    Du mit deiner Hetzerei, sagte Sabine. Jetzt stehen wir da wie bestellt und nicht abgeholt. Er konnte ihr nicht sagen, daß er Klaus Buch und Helene unter keinen Umständen die Zürnsche Ferienwohnung betreten lassen wollte. Wenn die diese Wohnung beträten, würde er hier keine Ferien mehr verbringen. Warum, wußte er nicht. Deshalb konnte er auch mit Sabine nicht darüber sprechen. Um sich für sein anscheinend sinnloses Hetzen zu entschuldigen, schürfte er schnell mit dem Daumen durch ihre Nackenmulde. Ihr Kopf sank auf ihre entgegenkommenden Schultern, die Augenbrauen hoben sich, ihr Körper wurde ein wohliges S.
    Buchs fuhren her, sprangen heraus, grüßten, als habe man sich seit Jahren nicht mehr gesehen.
In der Wohnung bellte und heulte Otto. Der Arme, sagte Helene.
Stimmt, sagte Helmut.
    Klaus, wenn du auf deine Hände ein bißchen besser aufpaßt, könnten wir ihn mitnehmen, sagte Helene.
Bitte, ich kann mir ja auch Handschuhe anziehen, sagte Klaus.
Deinetwegen muß der arme Hund den ganzen Abend …
Bitte, unterbrach er sie, bitte, holt ihn heraus.
Nein, rief Sabine.
Das ist ein Wort, rief Helmut und rannte und holte den vor Freude Hochsprünge machenden Otto.
Otto, rief Sabine, pfui, Otto, pfui!
Helmut gratulierte Klaus zu dieser Selbstüberwindung.
Es gelang Helmut, den Promenadenbummel schon bald in eine Weinstube zu lenken. Er gestand, daß er nie etwas anderes vorgehabt hatte. Der Gedanke, einen Abend ohne Wein verbringen zu müssen, lähme ihn.
Also wir reichen dir nicht, sagte Helene.
Helmut zögerte, schaute Hel zu lange an und sagte mit ruhigem Kopf schütteln: Nein.
Zum Wohl, sagte Sabine versöhnlich.
    Halms tranken Wein, Buchs tranken Wasser. Helmut begriff nicht, wie die Buchs bei dem dann folgenden Gespräch über Wein und Wasser so lebhaft werden konnten. Er trank

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