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Ein fremder Feind: Thriller (German Edition)

Ein fremder Feind: Thriller (German Edition)

Titel: Ein fremder Feind: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Isringhaus
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seinen ernüchternden Versuchen, den Krieg zu verhindern, zunächst sträubte. Dennoch überbrachte er Görings Angebote. Aber das ohnehin geringe Vertrauen der britischen Regierung in den wankelmütigen Reichsfeldmarschall war zu stark belastet, eine Annäherung der beiden Parteien kaum möglich. Deshalb suchte Göring parallel auch Kontakt zu den Amerikanern. Im Stillen phantasierte er von einer Friedenskonferenz im neutralen Washington – das würde seinen von den Engländern missachteten Bemühungen den nötigen Nachdruck verleihen. Dafür stellte er verklausuliert gar dieAbsetzung Hitlers in Aussicht; dieses sehr vage Versprechen brachte ihm den Besuch eines amerikanischen Unterhändlers ein. Doch auch hier verliefen die Bemühungen im Sand. Der Reichsfeldmarschall begriff nicht, woran es lag, fürchtete aber zu Recht, es habe mit der verlorenen Glaubwürdigkeit der deutschen Führungsspitze zu tun.
    Göring gab nicht auf, aktivierte Dahlerus erneut, köderte ihn mit der Schreckensvision, dass Millionen von Menschen im Krieg ihr Leben lassen müssten, und schickte ihn mit dem Vorschlag einer Friedenskonferenz nach England. Dort sollten alle strittigen Themen diskutiert werden. Derweil versenkten deutsche U-Boote britische Kriegs- und Handelsschiffe. Göring hoffte auf ein Einlenken der Briten aus vielerlei Gründen. Zum einen verschaffte es der deutschen Kriegsindustrie die notwendige Zeit, um die Materiallager aufzufüllen, zum anderen böte sich vielleicht tatsächlich die Chance, dass der Reichsfeldmarschall mit Hilfe und Druck von außen Hitler auf eine weniger einflussreiche Position abschöbe, ein Präsidentenamt zum Beispiel. Wobei er dieser Variante eine eher geringe Wahrscheinlichkeit beimaß. Statt einer Konferenz zuzustimmen, erklärte Premier Chamberlain allerdings Mitte Oktober öffentlich, auf die Hinhaltemanöver der deutschen Regierung nicht mehr hereinfallen zu wollen. Gleichwohl sich Görings Taktik damit als wenig erfolgreich erwies, insistierte er weiter und überzeugte Dahlerus davon, den Briten weiter zuzusetzen. Solange der Schwede bereit war, deutsche Vorschläge zu überbringen, so lange würde er weitere unterbreiten, schwor sich der Reichsfeldmarschall. Er selbst konnte dabei nur gewinnen. Hitler ließ ihn gewähren. So trieb Göring seinen Mittelsmann weiter über den Kanal, in der Hoffnung, den »Fall Gelb« zu verzögern. Nur hielt sich das Interesse der Briten an seinen Vorschlägen bislang sehr in Grenzen.
    Noch etwas anderes bereitete ihm Sorge. Hitler hatte im kleinen Kreis klar zu verstehen gegeben, dass das Bündnis mit Stalin befristet sei. Für den Zeitraum, in dem die Russen den Deutschen wichtige Rohstoffe und militärische Unterstützung lieferten, bestand der Pakt. Danach aber würde sich das Deutsche Reich gnadenlos nach Osten ausdehnen. Denn dort würde das Volk den Raum finden, den es so dringend benötigte. Göring fürchtete, dass sich die Luftwaffe bei einem baldigen Einsatz im Westen zu sehr verausgabte, was einen Angriff im Osten so gut wie unmöglich machte. »Fall Gelb« beinhaltete zu große Risiken. Es war wie verhext. Eigentlich hätte er sich über den Absturz des Kuriers freuen müssen, weil es den Angriffszeitpunkt in Frage stellte. Leider aber untergrub es auch seine Position als Chef der Luftwaffe. Was sollte er nur tun? Göring brauchte einen schnellen Erfolg. Etwas, das seine Unentbehrlichkeit für den Führer belegte. Irgendetwas. Durch seine Flieger versenkte Kriegsschiffe, eine britische Zusage für eine Friedenskonferenz – oder den entführten Sohn Hitlers auf dem Silbertablett. Das wäre mal eine echte Überraschung. Aber nein, dieser angeblich tote Krauss befreite den einzigen Menschen, der Genaueres über das Balg wusste. Künstlerpech.
    Energisches Klopfen riss Göring aus seinen Gedanken. Er murmelte einige unverständliche Worte, und die Tür wurde geöffnet. Hansen trat ins Zimmer. Der Reichsfeldmarschall betrachtete ihn mit Unwillen. Noch so ein Scharlatan, dachte er. Hansen und dieser Heermann können sich die Hand reichen. Wieso gebe ich mich nur mit diesen Versagern ab?
    »Wir müssen reden«, sagte Hansen, als würde er Ausflüchte nicht gelten lassen. Was dieser Kerl sich rausnahm. Nach diesem Debakel.
    »Das ist ja wohl alles mächtig in die Hose gegangen«, entgegnete Göring barsch.
    Hansen runzelte fragend die Stirn.
    »Herr Reichsfeldmarschall?«
    War dieser Halbwilde so dämlich, oder tat er nur so?
    »Na, was dieser

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