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Ein fremder Feind: Thriller (German Edition)

Ein fremder Feind: Thriller (German Edition)

Titel: Ein fremder Feind: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Isringhaus
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Ästen aus, sprang über Wurzeln und schneeverkrustete Baumstämme. Er überließ sich seinen Instinkten. Es kümmerte ihn nicht, ob ihm die anderen folgen konnten. Wenn sie nicht in der Lage waren, sich anzupassen, hatten sie hier draußen nichts verloren. In dieser Umgebung fühlte er sich zu Hause, das hier waren sein eigentlicher Lebensraum und sein Daseinszustand. Die Natur. Die Jagd. Er würde diese verfluchte Beute zur Strecke bringen. Hansen hörte nicht weit entfernt mehrfach das trockene Knattern von Maschinengewehrsalven und lief schneller. Er würde sie beide töten. Sie mussten sterben. Das waren sie ihm schuldig, denn sie hatten seine Karriere ruiniert. Ganz in der Nähe schrie jemand. Hansen hielt inne und bewegte sich auf die Stelle zu. Er war sicher, dass der Schrei aus einer weiblichen Kehle gedrungen war.
    Oda hatte gar nicht schreien wollen. Sie war über eine verschneite Baumwurzel gestolpert und hingefallen, hatte dabei die Maschinenpistole verloren. Als sie sich umdrehte, sah sie wenige Meter von ihr entfernt einen SS-Mann, der mit seinem Gewehr auf sie zielte. Da war ihr der Schrei entfahren. Im selben Moment warf der Mann seine Arme nach hinten und sackte zusammen. Oda brauchte eine Zehntelsekunde, um zubegreifen, dass er von einer Kugel getroffen worden war. Richard. Er war irgendwo hier draußen mit seinem Karabiner. Sie hatten ihn nicht erwischt. Trotz ihrer verfahrenen Lage durchströmte Oda ein Glücksgefühl. Solange er lebte, solange sie beide dem Gegner die Stirn boten, gab es Hoffnung. Jetzt war sie sicher, dass Richard es darauf angelegt hatte, sie zu warnen. Als das Gewehrfeuer über die Lichtung hallte, war sie aus dem Bett gesprungen und hatte sich in Windeseile angezogen. Da das Haus nicht getroffen wurde, mussten die Schüsse Richard gelten. Angst hatte ihr in die Eingeweide geschnitten. Verdammt, stand es so schlimm um sie? Ja, dachte sie, ja. Sie liebte diesen Mann. Und jetzt feuerte eine unbekannte Anzahl von Feinden auf ihn. Mit Hansen an der Spitze. Dieser Verrückte würde niemals aufgeben. Sie hatte in seinen Augen nackte Mordlust gesehen. Hansen war komplett irre. Ein Psychopath. Richard hatte recht gehabt. Sie mussten ihn stoppen. Oda schnappte sich aus der Tasche mit den Waffen eine Maschinenpistole, steckte zwei Magazine ein und zwei Handgranaten. Sie würde diesem Aasgeier einheizen, dass der sich wünschte, diesen Wald niemals betreten zu haben.
    Nicht, dass sie es nicht hatte kommen sehen. Jeder Tag in der Hütte erhöhte die Wahrscheinlichkeit, dass sie aufgespürt wurden. Wahrscheinlich hatte sie ein dummer Zufall verraten. Das Auto. Oder ein Jäger hatte sie beobachtet und verdächtige Personen im Wald gemeldet. Eigentlich war es nebensächlich. Sie hatte es gewusst und nichts unternommen. Weil sie die Zeit mit Richard genoss. Vielleicht war es die schönste Woche ihres Lebens. Zumindest die schönste, an die sie sich erinnerte. Am Anfang hatte sie versucht, Richard davon zu überzeugen, mit ihr wegzugehen. Alles hinter sich zu lassen. Doch es war nicht seine Art, sich davonzustehlen. Er fühlte sich verpflichtet, nicht anderen, sondern sich selbst,war verstrickt in ein unentwirrbares moralisches Dilemma. Dann hatte sie es aufgegeben, es hingenommen. Richard war durch Worte, durch Argumente nicht zu erreichen. Also wechselte sie die Strategie und demonstrierte ihm, wie ihr Leben aussehen könnte. Überzeugung durch Anschauung, lautete ihre Devise. Aber auch das fruchtete nicht. Zwar schien Richard die Zeit mit ihr zu gefallen, ihre Spaziergänge, ihre Gespräche und natürlich ihre Zärtlichkeiten, aber es war ihm anzusehen, dass er sich nie vollständig hingab, dass da stets etwas anderes mitschwang, etwas Tiefsitzendes, Unauflösbares. Auch wenn er das Gegenteil behauptete, war sie bald sicher, dass es für sie als Paar keine Zukunft gab. Sie hatten sich die falsche Zeit ausgesucht.
    Schwer bewaffnet war sie aus dem Haus geschlichen und hatte sich hinter Buschwerk versteckt. Das Gewehrfeuer war verstummt. Dann sah sie zwei Trupps aus dem Wald auf die Lichtung laufen, direkt auf ihre Hütte zu. Sie teilten sich auf, kamen von vorn und hinten. Oda rannte im Schutz des Hauses an die seitliche Wand, wartete ein paar Sekunden, entsicherte eine Handgranate, zählte, trat um die Ecke, warf die Granate zwischen die heranpirschenden Männer und lief wieder hinters Haus in die Büsche, in Deckung. Die Explosion erschütterte das Gebäude und ließ die Panoramascheibe

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