Ein fremder Feind: Thriller (German Edition)
Wagen, rollte los. Krauss spurtete die letzten Meter zu seinem Fahrzeug, Hansen trat aufs Gas, hielt auf ihn zu, der Motor jaulte. Krauss wirbelte herum, schoss. Hansen duckte sich, Glas splitterte. Als sein Wagen Krauss’ Auto rammte, wurde Hansen durchgeschüttelt. Metall knirschte, der rechte Außenspiegel knickte ab. Hansen lenkte nach links, drückte weiter aufs Gaspedal. Der Wagen ruckelte, löste sich, fuhr weiter. Im Rückspiegel sah Hansen, dass Krauss auf ihn zielte. Die Heckscheibe barst. Gottverdammmich! Dieser Kerl war unzerstörbar. Hansens Herzschlag setzte kurz aus, er atmete stoßweise, hatte sich kaumunter Kontrolle. Mit allem hatte er gerechnet, aber nicht damit. Dass Krauss lebte. Hansen hatte seine Leiche im Schnee liegen sehen. Jetzt feuerte Krauss auf seine Männer, mitten in Buenos Aires. Er hatte hier auf ihn gewartet, zuckte es Hansen durch den Kopf. Krauss wusste ebenfalls, wo der Junge sich aufhielt. Und er ahnte, dass Hansen ihn entführen würde. Verflucht, wie lange war Krauss schon hier? Wie nah waren sie sich gewesen? Wie knapp war Hansen dem Tod entronnen?
Völlig außer sich steuerte er den Wagen durch den dichten Verkehr, kaum in der Lage, sich auf die Straße zu konzentrieren. Er musste das Fahrzeug loswerden, so viel war klar. Die Schießerei würde die Polizei alarmieren, wahrscheinlich war sie bereits unterwegs. Bei den vielen Augenzeugen hatte sicher einer das Nummernschild parat, zumindest aber Fabrikat und Farbe. Hansen wählte eine unbelebtere Seitenstraße. Natürlich war der Wagen gestohlen, aber trotzdem brachte es den Plan durcheinander. Zumindest würde sich auch Krauss um einen neuen fahrbaren Untersatz bemühen müssen. Ein schwacher Trost.
Hansen parkte, stieg aus, ging weiter, ohne sich umzudrehen. Er brauchte dringend Ersatz. So war das alles nicht gedacht, auf der Zielgeraden eingeholt zu werden. Von einem Gespenst. Hansen überlegte fieberhaft. Wie sollte er sich verhalten? Bis jetzt war er im Vorteil. Krauss hatte den Jungen beobachtet. Er ahnte, dass Hansen ihn entführen würde, wusste aber nichts über dessen Plan. Es konnte noch funktionieren. Wenn Falk nicht die Nerven verlor. Und sich an die Absprachen hielt. Hansen bog zu Fuß in die Hauptstraße ein, winkte sich ein Taxi heran.
»Zum Hafen«, sagte er. Seine Stimme klang wie die eines Fremden. Eines Mannes, der Angst hatte. Mein Gott, dachte Hansen, was geschieht hier? Dass Krauss lebte, konnte nicht mit rechten Dingen zugehen. Im selben Moment verfluchte ersich für diesen Anfall von Aberglauben. Er hatte nur einmal auf Krauss geschossen und ihn offensichtlich verfehlt. Es war allein sein Fehler. Seine Überheblichkeit. Beim nächsten Mal würde er auf Nummer sicher gehen. Wenn es ein nächstes Mal gab.
Am Hafen stieg er aus, machte sich zu Fuß auf den Weg zu dem verlassenen Lagergebäude. Falk hatte es für den zweiten Akt der Entführung vorgeschlagen. Dort würde er den Jungen festhalten, bis Hansen als sein Befreier aufkreuzte. Jetzt musste er die Aktion vorziehen. Hoffentlich geriet ihm sein ausgewanderter Landsmann nicht in die Quere. Hansen kannte ihn zu wenig, um einschätzen zu können, wie Falk auf Extremsituationen reagierte. Dass dieser zwei Männer unerwartet verloren hatte, würde dessen Laune nicht verbessern. Aber Hansen nahm sich vor, so ruhig wie möglich zu bleiben. Zweimal irrte er sich in der Adresse, drohte sich im Straßengewirr rund um den Hafen zu verlaufen. Dann entdeckte er das verlassene Kontor. Im Hafen gab es mindestens ein Dutzend dieser verwahrlosten Gebäude. Durch eine ramponierte Stahltür gelangte er in einen Gang, der in die Halle führte. Hansen entdeckte sofort den Lieferwagen. Falk ging davor auf und ab, zog hektisch an einer Zigarette und schimpfte vor sich hin. Als er Hansen sah, stürmte Falk auf ihn los.
»Was war das gerade für eine verfluchte Schweinerei?«, schrie er aufgebracht. »Ich dachte, es gibt keinerlei Risiko. Nun sind zwei Männer tot. Zwei gute Männer. Wer ist dieser Kerl? Warum haben Sie mir nicht gesagt, dass der Junge bewacht wird?«
Hansen hob beschwichtigend die Hände.
»Es tut mir leid«, sagte er. »Ich habe es genauso wenig gewusst wie Sie und bin genauso schockiert. Den Schützen hielt ich für tot. Ich habe ihn selbst vor vielen Wochen getötet. Zumindest dachte ich das bis vorhin.«
Falk schien überhaupt nicht zuzuhören.
»Das ist Wahnsinn. Das waren beide Freunde von mir, Ramon und Antonio. Verdammte Scheiße. Ramon
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