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Ein Freund aus alten Tagen

Ein Freund aus alten Tagen

Titel: Ein Freund aus alten Tagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magnus Montelius
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fast nie, meine Stücke zu üben.«
    Natalie lächelte, und Meijtens kam es so vor, als hätte diese Geschichte immer schon bis ins kleinste Detail fertig formuliert in seinem Inneren gelegen, in Erwartung der richtigen Gelegenheit und des richtigen Zuhörers.
    Seine Mutter hatte sich gefragt, warum er so viel übte, wusste aber nichts von seiner Angewohnheit, sich zur Strafe den Klavierdeckel auf die Finger zu pressen, wenn er sich verspielt hatte. Sobald er die Tür zu Madame Esterházys Klassenzimmer öffnete, betrat er eine geheime Welt, über die er nie mit jemandem sprach. Wenn er ihren prüfenden Blick auf sich spürte, streckte er sich jedes Mal unwillkürlich und versuchte, die Flecken vom Fußballspiel in der Mittagspause von der Hose zu bürsten.
    »Plötzlich war ich ziemlich gut in etwas, während ich in allem anderen nicht besonders gut war. Also machte ich weiter.«
    Der gleichen Logik folgend, war er mit einundzwanzig so weit gewesen, sich um die Aufnahme an der Musikhochschule zu bewerben. Für die Abschlussprüfung hatte er ein Stück von Liszt ausgewählt.
    »Eine seiner frühen Klavierkompositionen, ein technisch anspruchsvolles Stück, das …«
    Natalie wedelte ungeduldig mit der Hand, um ihm zu signalisieren, dass er die musikalischen Ausführungen überspringen solle.
    »Ich wartete darauf, an die Reihe zu kommen, und hätte mich wirklich nicht besser vorbereiten können. In den Monaten davor hatte ich wie ein Besessener geübt. Und dann hörte ich es.«
    »Was hast du gehört?« Natalie fehlte wie üblich die Geduld für Pausen.
    Vor ihm war ein rundlicher Junge mit einem schweißverklebten Hemd an der Reihe gewesen, und Meijtens hörte ihn vor dem Auswahlkomitee spielen. Schlagartig wurde ihm klar, was Madame Esterházy mit ihrer Ermahnung gemeint hatte. Du musst das Stück interpretieren, Tobias, es empfinden – es nicht nur spielen. Er wusste mit absoluter Sicherheit, dass er niemals so spielen können würde wie dieser verschwitzte Dicke.
    Meijtens trank langsam einen Schluck.
    »Dann wurde ich hineingerufen, und es lief eigentlich auch gar nicht schlecht. Ich spielte, so gut ich konnte, und machte keine Fehler. Aber nach einer Weile war der abgrundtiefe Unterschied zwischen mir und diesem Fettwanst einfach zu offensichtlich. Deshalb hörte ich auf zu spielen.«
    Sie sah ihn mit unverstellter Verblüffung an. »Wie meinst du das?«
    »Nachdem ich ungefähr drei Viertel des Stücks absolviert hatte, begriff ich, dass es keinen Sinn hatte. Ich hörte auf zu spielen. Atmete tief durch und schloss langsam den Klavierdeckel. Man hörte keinen Laut, was mir aus irgendeinem Grund wichtig war.«
    »Den Klavierdeckel?«
    »Anschließend nickte ich dem Auswahlkomitee zu und ging.« Er unterdrückte einen Curryrülpser. »Seither habe ich nur noch Evergreens gespielt.«
    Natalie starrte ihn an. »Du hast einfach aufgehört?«
    »Warum nicht? Ich wusste, dass ich das Produkt von Disziplin, einer guten Lehrerin und etwas zu viel Freizeit war. Ich hatte dort nichts zu suchen.«
    »Und Madame Esterházy?«
    Meijtens verzog das Gesicht zu einer gequälten Grimasse. »Ich hatte ihr versprochen, sie anzurufen, sobald ich wissen würde, ob man mich angenommen hatte. Aber da ich mir nie die Mühe machte, das herauszufinden, war ich der Meinung, rein technisch nicht mehr an dieses Versprechen gebunden zu sein.«
    »Und dir ist niemals klar geworden, wie idiotisch diese Argumentation war?«
    »Sicher, aber da waren schon ein paar Monate vergangen, und es wäre mir absurd vorgekommen, sie anzurufen. Sie muss das begriffen haben. Wir haben uns nie mehr gesprochen, und vor ein paar Jahren habe ich ihre Todesanzeige gelesen.«
    Natalie warf ihm einen langen Blick zu und schüttelte den Kopf. Anschließend bestellte sie noch zwei Bier.
    »Was war das für ein Gefühl, als du da weggegangen bist? Hast du dich nicht selbst verflucht?«
    »Ganz und gar nicht, ich war einfach nur erleichtert. Erleichtert darüber, dass es endlich vorbei war. Dass ich tun und lassen konnte, was ich wollte, und keine Erwartungen mehr erfüllen musste. Ich nahm mir eine mehrjährige Auszeit, in der ich für nichts verantwortlich war, und fühlte mich großartig dabei.«
    Es war das erste Mal, dass er jemandem die ganze Wahrheit erzählte. Selbst Hanna hatte nur eine geschönte Version gehört, vermutlich, weil er befürchtete, dass sie ihm die wahre Geschichte bei ihren regelmäßigen Streitigkeiten vorgehalten hätte.
    Als sie

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