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Ein Freund aus alten Tagen

Ein Freund aus alten Tagen

Titel: Ein Freund aus alten Tagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magnus Montelius
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denn je«, erklärte sie seufzend. »Der Schatten«, fuhr sie fort. »Er nannte seine Verfolger Schatten.«
    Sie nickte nachdenklich.
    Die Sozialarbeiterin hatte Meijtens die Nummer eines alten Freundes gegeben, der sich nach Sven Emanuels Tod bei ihr gemeldet hatte. Da es sich um einen Kulturjournalisten handelte, der immer noch halbwegs prominent war, hatte sie sich den Namen gemerkt.
    Meijtens hatte ihn schließlich telefonisch erreicht. Nach anfänglichem Misstrauen konnte er das Bild von Sven Emanuel durch einige Hintergrundinformationen vervollständigen.
    Sven Emanuel blickte in der Tat auf eine Vergangenheit in der linken Szene der Sechzigerjahre zurück, wenn auch zu einem etwas späteren Zeitpunkt. Als Erik Lindman nach Albanien verschwand, ging Sven Emanuel noch in die Schule. Mehrere Jahre später wurde er im Zusammenhang mit einer Demonstration verhaftet. Wahrscheinlich war er durch diesen Vorfall in die Kartei der Polizei gelangt, und darauf hatte Tilas angespielt. Jedes Mal, wenn ich auf einen ermordeten Bolschewisten stoße .
    Seinem alten Freund zufolge hatte seine Verhaftung dazu beigetragen, Sven Emanuels paranoide Wahnvorstellungen auszulösen, und er schwafelte oft vom Staatsschutz als einem seiner zahlreichen eingebildeten Feinde. Nicht unbedingt der beste Zeuge, dachte Meijtens und beschloss, seine Überlegungen zu Sven Emanuel vorerst zu den Akten zu legen.
    Am Sonntag traf er sich dann endlich mit Hanna – bei Djurgårdsbrunn, umgeben von zahlreichen Familien mit Kindern und verliebten Paaren. Sie waren nur wenige Schritte am Kanal entlanggegangen, als sie die Bombe platzen ließ. Sie hatte einen anderen Mann kennengelernt, zwischen Meijtens und ihr war definitiv Schluss. Offenbar hatte es sie gequält, die Sache für sich zu behalten, denn sie entledigte sich der Neuigkeit, als wäre diese eine Tüte mit alten Krabbenschalen, die sie möglichst schnell loswerden musste. Anfangs hatte sie geglaubt, es sei ein Experiment, eine Affäre, ein Test. Dann war jedoch rasch mehr daraus geworden.
    »Wegen des ganzen Ärgers und Streits, den wir hatten, ging es schnell. Verstehst du?«
    Meijtens verstand. Zwar widerwillig, aber er verstand.
    Er war schlau genug, ihr nicht zu viele Fragen zu stellen. Seite an Seite gingen sie die kleinen Kieswege entlang. Die Bäume schillerten bunt, und die Sonne schien. Typisch, dachte er.
    Sie wollte von ihm wissen, wie es auf der Arbeit laufe, und er antwortete, alles sei prima. Er fragte sich, warum er ihr nicht die Wahrheit sagte.
    »Ich fand, dass du in der letzten Ausgabe weniger geschrieben hast als sonst.«
    »Ach, du weißt doch, wie das ist, manchmal arbeitet man eben mehr hinter den Kulissen.«
    Sie drückte seine Hand, fest und zugleich zärtlich.
    »Ich wusste, dass du es irgendwann schaffen würdest.«
    Damit war die Sache entschieden, er würde nichts sagen. Sie gingen ins Café Blå Porten und bestellten an der Theke zwei Gläser Wein.
    »Arbeitest du immer noch mit dieser Fernsehschönheit zusammen?«, fragte sie ihn, als sie sich gesetzt hatten.
    »Sicher, ziemlich oft sogar.«
    Er senkte den Blick, und sie lehnte sich vor, um ihm in die Augen sehen zu können. Sie lachten.
    »Wie ist es eigentlich mit eurer großen Story über diesen Mann weitergegangen, der hinter dem Eisernen Vorhang verschwunden war? Kommt da noch ein Artikel?«
    »An der Sache haben wir ziemlich viel gearbeitet. Mal sehen.«
    Auf einmal wollte er Hanna alles erzählen. Genau wie früher, als sie die Stimme der Vernunft in seinem Leben gewesen war. Als er auf und ab getigert war und ihr von verschiedenen Ideen erzählt hatte, während sie in ihrer grauen Jogginghose auf der Couch lag und ihn mal ermuntert, mal kluge Einwände erhoben hatte. Als sie mit einem Eislöffel oder einer Teetasse auf ihn gezeigt und ihm Mängel und Möglichkeiten aufgezeigt hatte. Und als er, wie immer, solange er zurückdenken konnte, ihren Rat befolgt hatte. Aber für all das war es nun zu spät.
    Sie verabschiedeten sich mit einer sehr langen Umarmung, und er schaute ihr hinterher, als sie zur Bushaltestelle ging. Als sie außer Sichtweite war, drehte er sich um und ging zur Fähre zurück in die Stadt. Zu Blätterstapeln, Jasmintee und unbezahlten Rechnungen.
    Er stand ganz vorn an Deck und spürte die kühle Luft, die ihm ins Gesicht schlug. Einen Moment fragte er sich, ob er Natalie anrufen sollte, beschloss aber zu warten. In den letzten Tagen war sie am Telefon ein wenig kurz angebunden gewesen.

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