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Ein Freund aus alten Tagen

Ein Freund aus alten Tagen

Titel: Ein Freund aus alten Tagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magnus Montelius
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und ab und hin und her, und das jahrelang. Aber das war auch gar nicht so übel. Oh nein, meine Liebe.« Sie fischte die Zitronenscheibe aus dem Glas, biss hinein und blinzelte.
    Rebecka Wester hatte Carl Wijkman in seinem zweiten Leben in Uppsala kennengelernt. Die Studentenverbindungen, der Trefinerorden und die Feste der ehemaligen Internatsschüler. Sie gab offen zu, dass sie sich eher wegen des Studentenlebens als wegen ihres widerwillig aufgenommenen Studiums in der altehrwürdigen Universitätsstadt aufgehalten hatte.
    »Eine Freundin von mir war mit jemandem aus seiner Combo zusammen. Wir haben uns auf einer Party kennengelernt. Er war, gelinde gesagt, anders. Hatte alles, was die anderen hatten, feierte wüste Partys und beherrschte den selbstsicheren Jargon. Aber es gab eben auch noch seine andere Seite.«
    Nachdem er einen politischen Streit vom Zaun gebrochen hatte, verließ er die Party, und sie war ihm spontan hinterhergerannt. Stundenlang waren sie durch Uppsala geschlendert. Er hatte über Algerien gesprochen, und sie hatte ihm fasziniert zugehört. Er hatte gesagt, das ganze Volk habe ein Anrecht auf Kunst, und sie war beeindruckt gewesen. Er hatte über die Revolution in Kuba gepredigt, und sie hatten sich in einem Treppenhaus geliebt.
    »Ich mache Sie doch nicht verlegen?«
    Natalie schüttelte den Kopf.
    »Wissen Sie, seine Überzeugungen habe ich ja nie geteilt. Weder damals noch heute. Aber ich habe ihn dafür geliebt.« Sie bestellte sich noch einen Drink. »Also wurde ich seine Muse, seine Verbindung zu seiner Herkunft. Manchmal glaube ich, dass er mich als eine Art Anker an seiner Seite brauchte, aber ich weiß es nicht. Jedenfalls hatten wir viel Spaß.«
    »Aber Sie selbst sind niemals Mitglied von Veritas geworden?«
    »Oh nein, wo denken Sie hin!« Sie ließ ein perlendes Lachen hören. »Das klang natürlich alles ganz toll. Aber wenn sie darüber sprachen, das Bürgertum zu stürzen, hatte ich immer das Gefühl, dass sie über meinen lieben Vater und meine schüchterne Mutter sprachen, und das passte irgendwie nicht zusammen. Ich glaube auch nicht, dass Calle mich überzeugen wollte. Er wollte mich haben, denn ich war für ihn das völlig andere. Und solange wir in Uppsala studierten, war das alles ganz wunderbar und auch ein bisschen unwirklich. Ehrlich gesagt, habe ich gar nicht so viel darüber nachgedacht, welche Bedeutung seine Ansichten eigentlich hatten.«
    Vielleicht hatte sie schon lange nicht mehr über diese Phase ihres Lebens gesprochen, oder es lag an den zwei Gin Tonic, die sie in schneller Folge geleert hatte. Jedenfalls schienen bei Rebecka Wester alle Dämme zu brechen, und die Erinnerungen an Uppsala sprudelten nur so aus ihr heraus. Sie hatte ein idyllisches und traditionelles Studentenleben geführt – mit Carl Wijkman als ständig gegenwärtigem Bonbon und einem vagen Versprechen von einer größeren Welt jenseits der Stadtgrenzen. Vielleicht war er für sie das gewesen, was sie in ihren Augen für ihn gewesen war: das völlig andere.
    »Anfangs waren die Unterschiede zwischen uns kein Problem, aber in unserem letzten Semester in Uppsala änderte sich das. Die ganze Clique fuhr zusammen irgendwohin, es war alles furchtbar geheim und pst, pst, und ich durfte nichts erfahren. Ist doch klar, dass man da ein bisschen sauer wird. Ich sagte ihm, wenn das so ist, kann ich ja auch mal versuchen, etwas Neues und Spannendes zu tun, was ich noch nie gemacht habe.«
    Sie sah Natalie trotzig an, als wäre sie Carl Wijkman oder zumindest seine Stellvertreterin. »Daraufhin meinte er, wenn ich mal etwas Neues ausprobieren wolle, solange er fort sei, könne ich ja die Gelegenheit nutzen, um eine Prüfung zu bestehen.«
    Ein zärtliches Lächeln legte sich auf ihr Gesicht. »Dieser kleine, freche Mistkerl.«
    »Sie meinten, damals hätte sich etwas verändert?«
    Rebecka Wester nickte und zündete sich eine Zigarette an. »Danach war irgendwie alles ernster. Ich weiß nicht, was es war. Auch ihre Haltung mir gegenüber veränderte sich, sie wollten mich ganz offensichtlich auf Distanz halten. Das Unschuldige und Idealistische war auf einmal verschwunden.«
    »Wann hat diese Reise stattgefunden, von der Sie eben gesprochen haben?«
    Rebecka sah sie verständnislos an.
    »Die Reise, die alles verändert hat, wann war das?«
    »Ach so, die. Wie gesagt, im letzten Semester.«
    »Könnte das im März 1963 gewesen sein?«
    Rebecka Wester dachte gründlich nach. Natalie ging auf, dass

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