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Ein Freund aus alten Tagen

Ein Freund aus alten Tagen

Titel: Ein Freund aus alten Tagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magnus Montelius
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erkundigte sich, ob alles zur Zufriedenheit gewesen sei. Jakub versicherte, das sei der Fall gewesen, und bestand darauf, für jeden einen Cognac zu bestellen. Offenbar hatte er noch mehr auf dem Herzen.
    »Es will mir scheinen, als fänden sich die Antworten auf viele der Fragen, die wir hier diskutieren, in der Zeit vor Lindmans Verschwinden. Was hat er in seinen letzten Monaten in Schweden zu seinen Freunden gesagt? Und zwar zu Freunden, mit denen er vielleicht offenherziger über Politik sprach als mit seinem alten Schulkameraden aus Sandviken.«
    Der Kellner kam mit den Cognacschwenkern und, gegen jede gute Restaurantsitte verstoßend, auch mit der Rechnung.
    »Es könnte sein, dass sie keine große Lust haben, mit uns zu sprechen«, sagte Meijtens und dachte daran, was Åke Sundström erzählt hatte.
    »Ich glaube, ich kann euch da einen Rat geben, wenn auch etwas widerwillig«, erklärte Jakub mit einer gequälten Grimasse. »Wie du weißt, Tobias, bin ich in meinen ersten Jahren in Schweden einigen meiner fehlgeleiteten Überzeugungen treu geblieben. Tatsächlich habe ich mich sogar kurze Zeit im Umfeld der Studentenvereinigung Veritas bewegt. Ich kann mich zwar nicht erinnern, jemals Erik Lindman begegnet zu sein, aber ich glaube, ich kann euch ein paar Hintergrundinformationen geben. Und einen Namen.«
    Er drehte seinen Cognacschwenker.
    »Zu jener Zeit war Veritas noch ein gemeinsames Forum für alle möglichen linksorientierten Studenten: radikale Sozialdemokraten, Kommunisten, sogar der eine oder andere Liberale war dabei. Nun gut. In der Praxis wurde die Vereinigung von der kommunistischen Partei kontrolliert und funktionierte als eine perfekte Basis für Rekrutierungen, denn man fand bei Veritas nicht nur interessante Kandidaten für die eigenen Reihen, sondern auch sympathisierende linke Studenten, die außerhalb der Partei nützlich sein konnten. Will sagen, den einen oder anderen nützlichen Idioten wie mich. Ende der Fünfziger- und Anfang der Sechzigerjahre hatte die kommunistische Partei, die damals noch mehr oder weniger moskauhörig war, Veritas insgeheim fest im Griff. Und der Mann, der dafür sorgte, dass dies so blieb, hieß Johan Rooth.«
    Jakub sprach, als gäbe er Dinge wieder, die er zwar gelesen hatte, zu denen er jedoch keine persönliche Meinung besaß. »Dozent in Soziologie, später Parlamentsabgeordneter und fleißiger Autor. Johan Rooth gelang das Kunststück, gleichzeitig zweien der schlimmsten und scheinbar gegensätzlichsten Laster unserer Zeit zu frönen: dem akademischen Snobismus und der proletarischen Romantik. Übrigens soll er noch ein paar anderen gefrönt haben. Veritas war ihm eine Herzensangelegenheit, und obwohl er eigentlich einer älteren Generation angehörte, behielt er seinen Einfluss auf die jungen Leute bei Veritas. Er war ihr Hohepriester, Beschützer und Freund, und in seiner selbst auferlegten Rolle warb er geeignete Talente für die Partei und weiß der Himmel für wen noch an.«
    Jakub machte eine Pause und trank die letzten Tropfen seines Cognacs. »Johan Rooth ist der Erste, mit dem ihr sprechen müsst. Ich wüsste trotz allem keinen besseren Ausgangspunkt.«
    Er saß jetzt in sich zusammengesunken da und wandte sich direkt an Meijtens, als wären seine Worte zu schmerzhaft, um sie an Natalie zu richten.
    »Du weißt, dass ich nie verbittert bin, das liegt mir nicht. Die Erinnerungen an meine erste Zeit in Schweden sind nicht nur angenehm. In diesen Kreisen behandelte man mich nicht gut, aber das war meine eigene Schuld. Ich war naiv. Gegen die jungen Studenten, die sich von einer Ideologie mitreißen ließen, die meinem Land und mir selbst so viel Leid zugefügt hat, hege ich nicht den geringsten Groll. Wie könnte ich? Ich habe mich damals doch zum gleichen Tanz auffordern lassen, wenn auch unter etwas anderen Umständen. Obwohl ihre Gründe in meinen Augen naiv gewesen sind, kann ich für sie weder Verachtung hegen noch Wut auf sie empfinden. Bei Johan Rooth liegen die Dinge jedoch anders.«
    Das Restaurant war vollkommen verwaist, und die Mitarbeiter hatten demonstrativ begonnen, das Licht zu löschen. Jakub sah Meijtens in die Augen und sagte schließlich leise: »Denn Johan Rooth ist ein extrem unangenehmer Mensch.«

19 Sven-Göran Fahlén winkte Inspektor Tilas mit weit ausholenden Armbewegungen zu sich herein, ohne den Telefonhörer dabei loszulassen. Tilas blieb stehen und schaute den Korridor hinab, trat dann jedoch ein. Fahlén telefonierte

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