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Ein Freund aus alten Tagen

Ein Freund aus alten Tagen

Titel: Ein Freund aus alten Tagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magnus Montelius
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zu den Unruhen, und das Provinzparlament wurde aufgelöst. Im Moment ist es völlig ausgeschlossen, dorthin zu fahren. Seither habe ich bei meiner Nichte gewohnt, kann aber leider nicht mehr lange in Belgrad bleiben, weil mein Visum abläuft. Man wird mich bald aus dem Land werfen.«
    Meijtens wollte etwas sagen, aber der freundliche Mann legte seine Hand auf Meijtens’ und schüttelte den Kopf.
    »Ich habe ein paar Kontakte in England, Verwandte, die schon lange dort wohnen. Sie werden sehen, ich komme schon zurecht. Lassen Sie uns lieber darüber sprechen, was Sie hergeführt hat.«
    Sie bestellten jeder noch eine Tasse Kaffee, und Pecanin lehnte Meijtens’ Angebot, ihm etwas zu essen zu bestellen, dankend ab.
    »Ich hoffe, dass Sie die weite Reise nach Belgrad nicht umsonst gemacht haben, Mr Meijtens. Ich habe wirklich nicht viele Informationen über den Mann, den wir Aron Bektashi nannten, aber ich werde Ihnen selbstverständlich alles erzählen, was ich weiß.«
    Meijtens sollte schon bald feststellen, dass Dr. Pecanin wie viele Menschen, die über einmalige Informationen verfügen, den Wert seines Wissens unterschätzte.
    »Als sich die Gerüchte über den Mann verbreiteten, der sich Aron Bektashi nannte, hatte er sich schon seit Jahren heimlich in Albanien aufgehalten. Manche sagten, er sei als Student gekommen, andere meinten, durch einen Austausch der Partei. Man wusste jedenfalls, dass er aus einem westlichen Land stammte, aber niemand schien zu wissen, aus welchem. Als Herkunftsland wurde immer wieder die BRD genannt, aber ebenso oft England oder Skandinavien. Später sollte mir dann die, wie ich glaube, korrekte Version zu Ohren kommen.«
    Pecanin war der perfekte Informant, dachte Meijtens. Er war weder zu gefühlsbetont noch zu fantasievoll und schien eine Abneigung dagegen zu haben, persönliche Ansichten einfließen zu lassen. Sein Englisch wurde immer besser, und seine gelangweilte Nichte warf nur noch vereinzelte Worte ein, wenn sie gefragt wurde.
    Aron Bektashi habe einen albanischen Freund gehabt, fuhr Pecanin fort, ein in der Sowjetunion ausgebildetes Parteimitglied. Sie waren beide jung gewesen, als Bektashi kam. Das war Mitte der Sechzigerjahre gewesen, und Bektashi traf unter seinem richtigen Namen ein, dem Namen, der von da an jedoch zu einem wohlgehüteten Geheimnis wurde. Er sei auf inoffiziellen Wegen gekommen, hieß es, wahrscheinlich über Griechenland. Sie hatten seine Einreise geheim gehalten, um die Behörden in seinem Heimatland nicht zu beunruhigen. Sein Freund hatte natürlich die notwendigen Formalitäten erledigt, die seine Einreise ermöglichten, aber einige hohe Parteifunktionäre, die man eigentlich hätte informieren müssen, waren im Vorfeld nicht um Rat gefragt worden.
    »Es waren zwei junge Idealisten, die viel zu wenig von den Verhältnissen in der Führungsriege der Partei verstanden. Das sollte sich als ein verhängnisvoller Fehler erweisen.«
    Zwei Wochen nach der Ankunft des jungen Mannes erreichten beunruhigende Informationen aus seinem Heimatland die albanischen Behörden. Es ging darin nicht nur darum, dass seine Abwesenheit für einigen Wirbel gesorgt hatte, was schon schlimm genug gewesen wäre.
    »Wissen Sie«, erklärte Pecanin, »Albanien war zu jener Zeit sehr darauf bedacht, relativ gute, wenn auch distanzierte Beziehungen zum Westen zu unterhalten. Nach dem Bruch mit der Sowjetunion benötigten wir dringend neue Handelspartner. Das Letzte, was unser Land gebrauchen konnte, war ein Skandal um junge Kommunisten, die heimlich aus dem Westen eingereist waren.«
    Meijtens nahm das Gespräch auf Kassette auf, machte sich aus alter Gewohnheit aber auch Notizen, und Pecanin wartete freundlich, bis er sich alles notiert hatte, ehe er weitersprach.
    »Aber etwas anderes war viel schlimmer. Die Zeitungen im Heimatland des jungen Mannes hatten geschrieben, er sei ein Spion. Ein Spion für die Sowjetunion! Sie müssen verstehen, Mr Meijtens, dass diese Nachricht in der Parteizentrale in Tirana wie eine Bombe einschlug. Es dauerte natürlich nicht lange, bis der Sigurimi die beiden verhaftete.«
    Meijtens blickte von seinen Notizen auf. »Der Sigurimi? Was ist das?«
    »Die albanische Geheimpolizei.«
    Meijtens bot dem älteren Mann eine Zigarette an, er hatte am Flughafen sicherheitshalber eine Schachtel gekauft. Pecanin zündete sie sich mit langsamen Bewegungen an, als wollte er so seine Wertschätzung signalisieren, und setzte seine Erzählung anschließend in der

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