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Ein Freund aus alten Tagen

Ein Freund aus alten Tagen

Titel: Ein Freund aus alten Tagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magnus Montelius
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gleichen präzisen Weise fort.
    »Der junge Mann aus dem Westen konnte keine akzeptable Erklärung für die Zeitungsartikel vorbringen. Sein Freund soll noch schlechter behandelt worden sein. Die Tatsache, dass er einen Ausländer ins Land geholt hatte, der in seinem Heimatland unter dem Verdacht stand, ein Spion zu sein, war natürlich ein ungeheuerliches Vergehen.«
    »Wie hieß dieser albanische Freund von Bektashi?«
    Pecanin durchforstete sein Gedächtnis und rauchte dabei langsam seine Zigarette. »Wissen Sie, ich habe das alles ja erst viel später in Form von Gerüchten gehört. Ich bin mir deshalb nicht sicher. Halitaj, glaube ich. An den Vornamen erinnere ich mich im Moment nicht.«
    »Behxhet? Hieß er vielleicht Behxhet Halitaj?«
    Der alte Mann nickte ruhig. »Stimmt, das könnte sein Name gewesen sein. Behxhet Halitaj. Sie haben ihn natürlich später erschossen«, sagte er und zog besonders lange an seiner Zigarette.
    »Bektashi aber nicht?«
    Pecanin schüttelte den Kopf. »Nein, Bektashi nicht. Er war zu wertvoll. Vielleicht verfügte er über weitergehende Informationen, vielleicht wollte man ihn für einen zukünftigen Tauschhandel benutzen. Jedenfalls war er nun ein geheimer Gefangener des Sigurimi, abgeschnitten von der Außenwelt und rund um die Uhr in der Gewalt dieser Leute. Vermutlich hat er nicht selten gedacht, dass seinen Freund trotz allem ein besseres Schicksal ereilt hat.«
    Er drückte mit nachdenklicher Miene seine Zigarette aus. Meijtens bemerkte, dass die Nichte der Geschichte des alten Mannes mittlerweile mit der gleichen Faszination lauschte wie er selbst.
    »Aber eigentlich ist das der Punkt, an dem die Geschichte von Aron Bektashi allmählich zu etwas ganz Besonderem wird«, erklärte Pecanin.
    Zwischen den Vernehmungen hatte Bektashi den Verstand behalten, indem er systematisch die albanische Sprache studierte. Er lernte sie von einem Insassen, mit dem er sich die Zelle teilte, einem kleinen Dieb aus Shkodra, der wegen Schmuggels zu lebenslanger Haft verurteilt worden war.
    »Als ich Bektashi viele Jahre später begegnete, wies sein Albanisch, das im Großen und Ganzen perfekt war, immer noch Merkmale eines etwas grobschlächtigen, nordalbanischen Dialekts auf. Er muss unglaublich sprachbegabt gewesen sein.«
    Meijtens nickte.
    Einige Zeit darauf hatte sich eine hochstehende Persönlichkeit innerhalb des Sigurimi, ein enger Vertrauter von Premierminister Mehmet Shehu, für den jungen Ausländer interessiert. Später hieß es, er sei dazu übergangen, die Vernehmungen persönlich durchzuführen. Dabei sei es immer öfter um sehr unterschiedliche Fragestellungen gegangen. Irgendetwas in diesen Verhören hatte das Vertrauen und den Respekt des Sigurimi für seinen Gefangenen geweckt.
    »Er wurde schließlich freigelassen, ich glaube, Ende der Sechzigerjahre. Es war natürlich keine Freiheit, wie Sie sie verstehen, nicht einmal Freiheit nach unseren Maßstäben, sondern eher eine Form von …«
    Pecanin schien zu überlegen und beriet sich mit seiner Nichte.
    »Hausarrest«, sagte er dann lächelnd. »Inzwischen hatte er den Namen Aron Bektashi bekommen. Die Partei war vermutlich der Ansicht, dass es so sicherer war und es leichter sein würde, seine Anwesenheit im Land geheim zu halten, wenn er eine albanische Identität besaß.«
    »Warum haben sie ihn freigelassen? Gelang es ihm, sie davon zu überzeugen, dass er kein sowjetischer Spion war?«
    »Davon ist auszugehen. Das war eine grundlegende Voraussetzung, dürfte aber kaum ausgereicht haben. Die albanischen Gefängnisse sind voller Menschen, deren Unschuld dem Sigurimi sehr wohl bewusst ist, die aber trotzdem festgehalten werden, weil dies aus anderen Gründen geboten scheint. Oder wegen unserer ziemlich langsamen Bürokratie.«
    Er sah auf die Straße hinaus und fuhr im gleichen neutralen Ton fort, als spräche er zu den Vorbeieilenden dort draußen über ganz alltägliche Dinge.
    »Er muss in ihren Augen einfach wertvoll gewesen sein. Unter den hohen Funktionären der Partei ging das Gerücht, dass er als eine Art Sonderberater für den Zirkel um Premierminister Shehu arbeitete. Man erzählte sich, dass der Parteivorsitzende Hoxha persönlich eine sehr hohe Meinung von den analytischen Fähigkeiten des jungen Mannes gehabt habe und sein Rat unter anderem bei besonders heiklen Verhandlungen über Handelsabkommen gesucht worden sei. Aber das alles sind, wie Sie sicher verstehen werden, nur Gerüchte.«
    Pecanin machte eine

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