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Ein Freund aus alten Tagen

Ein Freund aus alten Tagen

Titel: Ein Freund aus alten Tagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magnus Montelius
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Pause und klopfte mit routinierter Geste eine neue Zigarette aus der Schachtel, die Meijtens ihm reichte. »Sehen Sie, Mr Meijtens, als Albanien gegen Ende des Zweiten Weltkriegs befreit wurde, waren wir das unterentwickeltste Land Europas. Eine überwältigende Mehrheit der Bevölkerung war Analphabeten.«
    Es habe immer noch ein himmelschreiender Mangel an gut ausgebildeten Experten geherrscht, erzählte er, und die internationale Isolation habe die Lage nicht besser gemacht. Mit seiner Ausbildung, seinem regen Intellekt und seinem Wissen aus einer Welt, von der Albanien abgeschnitten war, erwies sich Bektashi als extrem nützlich. Die Tatsache, dass er die Sprache gelernt und sich an das Land angepasst hatte, wenn auch unter Zwang, stand in einem scharfen Kontrast zu den früheren sowjetischen Beratern, die getrennt von den Albanern ein privilegiertes Leben geführt und als arrogant gegolten hatten.
    »Dann lebte Bektashi von da an also als ein privilegierter Berater?«, erkundigte sich Meijtens erstaunt.
    Pecanin schüttelte energisch den Kopf. »Berater ja, privilegiert nein. Sein Käfig mag vergoldet gewesen sein, aber es blieb ein Käfig. Seine Freiheit war stark beschnitten, und es war ihm selbstverständlich nicht erlaubt, mit der Umwelt zu kommunizieren. Gleichzeitig genoss er gewisse Vergünstigungen, was den Bezug von Konsumgütern betraf. Sie sollen ihm sogar erlaubt haben, eine Albanerin zu heiraten, ein Mädchen aus Korça, das in der Partei war. Ich nehme an, dass sie dem Sigurimi angehörte, aber so leistete ihm zumindest jemand Gesellschaft. Es war auch einmal die Rede von einem Kind, aber ich weiß nicht, ob das stimmt. Bektashi war natürlich bewusst, dass jeder noch so kleine Fehltritt, zum Beispiel der Versuch, Kontakt zu seinem Heimatland aufzunehmen, oder ein Gespräch mit einer falschen Person, verhängnisvoll für ihn gewesen wäre und zu seiner Verhaftung geführt hätte. Oder zu einem noch schlimmeren Schicksal. Ich gehe davon aus, dass der Sigurimi ihn rund um die Uhr bewachte. Der Druck, unter dem er stand, muss furchtbar gewesen sein. Hinzu kam, dass er wusste, sie würden ihn nur so lange am Leben lassen, wie er als Berater nützlich für sie war.«
    Meijtens lehnte sich zurück und strich sich nachdenklich durchs Haar. Er zweifelte nicht eine Sekunde am Wahrheitsgehalt von Dr. Pecanins Geschichte, erkannte jedoch, dass Bertil Andersson eine Bestätigung durch eine weitere Quelle verlangen würde, ehe sie die Story über Erik Lindman als inhaftierten Berater des albanischen Premierministers veröffentlichen konnten.
    »Wie kommt es, dass Ihnen so viele Details über Aron Bektashi bekannt sind, wenn seine Existenz geheim war?«
    Pecanin lächelte. »Oh, wenn Menschen sich treffen, wird geredet. Selbst im Zentralkomitee der albanischen Kommunistischen Partei. Außerdem bin ich Aron Bektashi ja, wie gesagt, einmal begegnet.«
    Sie hatten beide einer großen Delegation bei einem Staatsbesuch in Peking im April 1974 angehört. Es waren insgesamt etwa fünfzig Teilnehmer gewesen, sowohl Forscher als auch verschiedene Experten, Vertreter des Militärs und Politiker. Und natürlich eine größere Anzahl von Sigurimioffizieren. Bektashi gehörte zu einer Gruppe, die mit den Chinesen über ein Handelsabkommen verhandeln sollte, und wurde die meiste Zeit isoliert. Seine bloße Anwesenheit in der Delegation verdeutlichte jedoch, wie wichtig er geworden war.
    »Wir hatten bei zwei etwas informelleren Treffen innerhalb der Delegation die Möglichkeit, uns ein wenig zu unterhalten, und ich fand ihn sowohl äußerst liebenswürdig als auch brillant.«
    Doch plötzlich hatte helle Aufregung geherrscht. Bektashi war verschwunden. Der Sigurimi suchte jedes Hotel in der näheren Umgebung nach ihm ab. Nach ein paar Stunden fanden sie ihn im Park, wo er an einem der kleinen Stände Tee trank. Er meinte, er habe sich ein wenig die Beine vertreten müssen und seinen Sigurimioffizier, der sich hingelegt hatte, nicht stören wollen. Der unglückliche Junge durfte danach vermutlich in den Bergen auf Patrouille gehen. Die restliche Zeit in Peking verbrachte Bektashi jedenfalls unter strenger Überwachung in seinem Zimmer.
    »Wenn ich heute auf diesen Zwischenfall zurückblicke, glaube ich, dass man befürchtete, er könne sich mit seinem Heimatland in Verbindung gesetzt haben. Er tauchte ein paar Monate später wieder auf, um vor dem Zentralkomitee einen Vortrag zu halten. Offenbar wollte man sich vergewissern,

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