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Ein Freund aus alten Tagen

Ein Freund aus alten Tagen

Titel: Ein Freund aus alten Tagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magnus Montelius
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Deshalb trägt er Zeitungen aus und wartet auf den richtigen Moment. Nach ein paar Monaten erkennt er, dass es vielleicht jemanden gibt, der ihm helfen kann: sein Freund Behxet in Albanien. Er hatte etwas gesagt, was Wijkman seinerzeit als melodramatisch abgetan hatte. Vielleicht hoffte Erik Lindman jetzt, dass Behxet ihm den letzten fehlenden Hinweis liefern würde?«
    »Oder Erik Lindman wollte ein kommunistisches Land sehen, das nicht unter der Kontrolle der Sowjetunion stand, um zu seinem Glauben zurückzufinden.«
    »Vielleicht beides. Jedenfalls verreist er, wie wir wissen. Und aus irgendeinem Grund erzählt er keinem, wohin oder aus welchem Grund.«
    Natalie schob den Aschenbecher von sich und schien ihre Gedanken zu ordnen, ehe sie weitersprach.
    »Aber Tristan ahnte, wohin und warum Lindman verschwunden war. Vielleicht hatten seine russischen Freunde die Sache untersucht, oder Tristan begriff es auch so. Die Nachricht, dass Erik Lindman für einige Wochen verreisen würde, erreichte ihn – oder sie. Tristan tat daraufhin jedoch so, als wüsste er von nichts, und sorgte stattdessen dafür, dass die Sache an die große Glocke gehängt wurde. Gleichzeitig spielte jemand der Presse Informationen über Erik Lindmans politische Aktivitäten zu, in denen seine Kontakte zur Sowjetunion betont wurden. Daraufhin posaunten die Zeitungen das Gerücht aus, Erik Lindman sei ein sowjetischer Spion.«
    »Woraufhin die Albaner Unrat witterten.«
    »Genau, das war genial. So genial, dass es wahrscheinlich nicht Tristans Idee war, sondern die seiner sowjetischen Führungsoffiziere. Aber Tristan spielte treu seine Rolle und tat das Seinige dazu, seinen Freund zu einem Leben in albanischen Gefängnissen zu verdammen. Das Geniale daran war, dass sie nicht nur eine lästige Person loswurden, die auf der Suche nach der Wahrheit war, sondern dem Staatsschutz gleichzeitig den Spion im Staatsdienst lieferten, von dem der Überläufer in Holland berichtet hatte. Auf die Art konnte Tristan seine Karriere ungestört fortsetzen.«
    Meijtens sah es jetzt ebenso deutlich vor sich wie Natalie und konnte den Rest mühelos ergänzen: »Kein Mensch rechnete jedoch damit, dass Erik Lindman Hoxhas Gefängnisse überleben und eine Phase politischen Tauwetters seine Flucht ermöglichen würde. Er kehrt zurück, aber unter seiner albanischen Identität. Er sucht die Konfrontation mit Tristan und will Klarheit in seine Verdächtigungen bringen, die in all den Jahren der Folter an ihm genagt haben. Vielleicht ist sich Erik Lindman seiner Sache schon sicher, aber es gibt etwas, was er noch wissen muss, und er muss Tristan in die Augen sehen, wenn er ihm die entscheidende Frage stellt. Danach kann er sich unter seinem richtigen Namen bei der Polizei melden. Also fährt er nach Stockholm und bittet seinen alten Kameraden oder seine Verlobte, sich mit ihm auf der Aussichtsterrasse zu treffen. Ein abgeschiedener Ort, an dem man sich ganz hervorragend unterhalten kann.«
    Sie schwiegen eine Weile, bis Natalie schließlich nickte. »Ja, so ungefähr muss es sich abgespielt haben.«
    »Und dann bleibt nur noch eine Frage.«
    »Genau.«

Dritter Teil
Tristan

28 Ein weiteres Mal blätterte sie mit schmerzenden Händen in der Zeitung, aber vergeblich. In den letzten Tagen hatte sie das Blatt bereits mehrmals gelesen, ohne zu finden, wonach sie gesucht hatte. Ein Teil von ihr hatte gehofft, dass sich die beiden Journalisten bei ihr melden würden, die in der letzten Ausgabe über diesen armen Mann geschrieben hatten. Dann hätte sie endlich die Chance bekommen, die Sache zu erklären. Warum schrieben sie einen Artikel, der seine Unschuld andeutete, um anschließend ohne jede Erklärung zu verstummen?
    Sie ging zum Fenster und zog fröstelnd ihre Kaschmirstrickjacke enger um sich. Im Hauseingang gegenüber hatte ein Mann Schutz vor dem Regen gesucht. Er kam ihr bekannt vor, und sie fragte sich, ob sie ihre Wohnung wieder überwachten.
    »Unsinn, jetzt drehst du langsam durch«, murmelte sie vor sich hin. Es war bestimmt zehn Jahre her, dass sie zuletzt einen von ihnen gesehen hatte.
    In diesem Moment klingelte es an der Tür, und sie schaute erstaunt auf die Uhr. Die Einzige, die sie unangekündigt besuchte, war das Nachbarmädchen, das um diese Uhrzeit aber eigentlich in der Schule sein musste. Mit vorsichtigen Schritten ging sie zum Spiegel im Flur und richtete ihre Frisur. Als sie zur Tür kam, warf sie einen Blick durch den Spion. Es war nicht dieser

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